„Wir müssen kein Fundraising betreiben und können uns voll auf das Portfolio konzentrieren“

VC-Magazin: Wie beurteilen Sie den Kursverlauf Ihrer Aktie in den letzten zwölf Monaten?

Goedhart: Damit sind wir natürlich nicht zufrieden. Nach dem Misserfolg bei Antec war es gerechtfertigt, dass unser Kurs zurückgekommen ist. Er ist allerdings übertrieben stark gefallen und hat sich nicht erholt, obwohl wir, nachdem Antec abgeschlossen war, uns seit 2007 mit unseren anderen Beteiligungen erfolgreich bewegen und ein sehr gutes Halbjahresergebnis abgeliefert haben.

Haesen: Wir haben 2001 zwei börsennotierte Beteiligungsgesellschaften verschmolzen und daraus ist die Ventegis AG entstanden. 95% der Anteile gehören der Berliner Effektengesellschaft AG. Die letzten 5% Freefloat werden von rund ca. 2.500 Aktionären gehalten. Aufgrund des geringen Freefloats fehlt uns Liquidität in der Aktie. Unser Kursverlauf interessiert uns von daher eher zweitrangig, weil er insofern nicht allzu aussagekräftig ist.

Beyer: Der Kurs liegt konstant um die fünf Euro. Wie gesagt, erlaubt der geringe Freefloat keine Beurteilung des Aktienkurses. Wenn überhaupt, so müsste man den Net Asset Value beurteilen.

 

VC-Magazin: Welcher Preis wäre Ihrer Meinung nach gerechtfertigt?

Haesen: Wie schon angedeutet, möchte ich mich dazu nicht äußern.

Goedhart: Ich scheue mich eigentlich auch, so etwas zu sagen. Vielleicht so viel: Unser Eigenkapital macht aktuell 2,30 Euro pro Aktie aus, der Kurs liegt bei 1,90 Euro. Unabhängige Research-Häuser bewerten uns mit ca. 2,50 bis 2,60 Euro.

 

VC-Magazin: Was sind die grundsätzlichen Vor- und Nachteile einer börsennotierten Beteiligungsgesellschaft?

Beyer: Ein Vorteil ist sicherlich, dass wir als Evergreen-Fonds agieren und nicht an Fondslaufzeiten gebunden sind. Von daher können die Investitionen konstant und kontinuierlich über mehrere Jahre hinweg durchgeführt werden. Wir müssen kein Fundraising betreiben und können uns voll auf das Portfolio konzentrieren. Nachteilig ist sicherlich, dass man hinsichtlich der Bewertung der eigenen Leistung von der allgemeinen Börsenstimmung abhängig ist.

Haesen: Börsennotierte Gesellschaften tendieren dazu, sehr quartalsgetrieben zu agieren. Im Vordergrund stehen kurzfristige Ertragsziele und damit auch immer einhergehende Überlegung zur Kursentwicklung. Das VC-Geschäft ist ein mittel- bis langfristiges Geschäft und passt deshalb wegen der wenig planbaren Erlösgröße eigentlich nicht an die Börse. Sofern sich Anleger von dieser quartalsgetriebenen Betrachtungsweise jedoch lösen und bewusst längerfristig investieren, ist die VC-Aktie sicherlich eine attraktive Anlagemöglichkeit.

Goedhart: Diese Diskussion wird immer wieder geführt: Gehört Private Equity an die Börse oder nicht? Ich halte das für rein akademisch. Es gibt börsennotierte Private Equity-Gesellschaften und solche, die als Fonds arbeiten. Beides ist im Markt etabliert und weder das eine noch das andere ist ein Sonderfall oder eine Besonderheit. Ein Vorteil der börsennotierten Gesellschaften aus Sicht der privaten Anleger ist sicherlich, dass mit kleinen Beträgen in eine Assetklasse investiert werden kann, die sonst in ers­ter Linie Großanlegern vorbehalten ist. Aus unserer Sicht hat die Börse den Vorteil, dass wir eine höhere Sichtbarkeit haben und dass wir glaubwürdiger für unsere Beteiligungen sind, weil wir wissen, was Börsennotierung heißt. Wir können unseren Portfoliounternehmen, die in der ­Regel auch selbst einen Börsengang planen, sehr sinnvollen Input geben. Nachteile sehe ich eigentlich nicht. Unser Aufwand an Administration hält sich in Grenzen. Wir sind im Rahmen unserer Satzung hinsichtlich Beteiligungsart, Branche und Haltedauer völlig frei. Das regeln Vorstand und Aufsichtsrat.

 

VC-Magazin: Worin unterscheidet sich die Vergütungsstruktur des Managements einer börsennotierten Beteiligungsgesellschaft vom bekannten Carried Interest-Modell?

Goedhart: 20% Gewinnbeteiligung für Manager von Private Equity-Fonds – das ist ein tolles Modell. Auch steuerlich ist der Carry ja immer noch vorteilhaft. Warum eigentlich? Einige Manager sind damit zu Multimilliardären geworden. Solche Möglichkeiten haben wir nicht. Wir haben normale Fixgehälter und Boni, doch damit kommen wir nicht mal in die Nähe von Investmentmanagern, die aus einem Fonds investieren. Dafür haben wir als börsennotierte Gesellschaft die Möglichkeit, Aktienoptionen auszugeben, was aber auch ein persönliches finanzielles Engagement bedeutet.

Haesen: Bei Ventegis setzt sich das Einkommen der Manager aus mehreren Komponenten zusammen. Es gibt neben einem Fixum eine prozentuale Beteiligung am Jahres­überschuss, darüber hinaus ein Stock Options-Modell. Als weitere Komponente haben wir für die Betreuung von Spezialfonds, wie z. B. dem Fonds für die Sulfurcell-Finanzierung, eine Carried Interest-Lösung für das Management in der marktüblichen Größenordnung geschaffen. Wir sehen weitere Spezialthemen als interessante Felder für weitere Fonds.

 

VC-Magazin: Wie kann man den Erlössprung im volatilen und von unregelmäßigen Kapitalzuflüssen bestimmten Private Equity-Geschäft dämpfen? Gibt es Möglichkeiten zur Stabilisierung des Geschäftsverlaufs? Bmp berät z. B. einen Dachfonds.

Haesen: Wir von Ventegis kommen fast alle aus dem Corporate Finance-Investmentbanking und sind neben unserer Investmenttätigkeit auch beratend tätig. Wir sehen regelmäßig Fälle, die keine klassischen VC-Fälle sind, wo aber Kapitalbedarf besteht und wir das Finanzierungsins­trument Kapitalmarkt einsetzen können. Diese Beratungsdienstleistung ist die zweite Säule der Ventegis. Wir übernehmen für Small- und Mid Cap-Unternehmen – aus dem Ausland, aber auch aus Deutschland – transaktionsbegleitende Maßnahmen im Verbund mit den bei uns im Haus ansässigen Gesellschaften. Wir sind grundsätzlich sehr wertpapieraffin aufgestellt und kennen uns bei sämtlichen Transaktionsarten bestens aus. Mit den Beratungsdienst­leis­tungen haben wir im Jahr 2001 ganz zaghaft begonnen. Damals wollten wir ein Fünftel unserer Fixkosten decken. Mittlerweile können wir dadurch sogar unplanmäßige Abschreibungen im VC-Bereich ertragsseitig verkraften.

Beyer: Eine zweite Lösung sind Beratungserlöse in Form einer Management Fee. Wir haben, wie Herr Haesen eben schon angedeutet hat, gerade im Rahmen der Sulfurcell-Transaktion einen eigenen Fonds für vermögende Privatanleger aufgelegt und daneben für das Bankhaus Lampe einen parallelen Fonds geschaltet, den wir ebenfalls managen, wodurch wir eine kleine, aber planbare Management Fee erhalten.

Goedhart: Wir haben bei Equitrust – dem Unternehmen, für das ich zuvor tätig war – anfangs auch Direktbeteiligungen gemacht und dann in den Jahren 2002, 2003, 2004 das Dachfondsgeschäft zusammen mit Nordcapital aufgebaut. Unsere Idee war es damals ebenfalls, regelmäßige Erlöse zu generieren und eine Kostendeckung zu erreichen. Das ist ein guter Gedanke, aber das Dachfondsgeschäft ist ein völlig anderes Geschäft. Anleger möchten eigentlich möglichst scharfe Geschäftsmodelle und kein Sammelsurium. Ich glaube, dass die Anleger einfach wissen müssen, in was sie investieren. Ein Investment in eine börsennotierte Beteiligungsgesellschaft bedeutet grund­sätzlich, dass es keine Regelmäßigkeit in den Ergebnissen gibt, dass es immer Schwankungen geben wird und dass es keine Regelmäßigkeiten bei Dividendenzahlungen gibt. Das muss man den Anlegern sagen, und das tun wir auch. Eine Pseudodämpfung über das Dachfondsgeschäft ist aus meiner Sicht mehr Ablenkung als Vorteil für den Anleger. Eine Dämpfung findet erst mit zunehmender Größe statt, wie z. B. bei der Deutschen Beteiligungs AG, die allein aufgrund der Größe des Portfolios regelmäßig Verkaufswerte und somit Erlöse und Kontinuität generiert. Ich finde es von daher ehrlicher, den Anlegern klar zu sagen, wie das Geschäftsmodell läuft, anstatt zur minimalen Dämpfung andere Geschäfte aufzuziehen.

 

VC-Magazin: Ist Ihre Aktie für Privatanleger geeignet?

Goedhart: Natürlich ist sie risikoreicher als – ich hätte fast gesagt DaimlerChrysler oder Deutsche Bank, aber das gilt wohl heute nicht mehr. Ich will unsere Aktie hier jetzt nicht verkaufen, aber bei einem Eigenkapital pro Aktie von 2,30 Euro und einem Kurs von 1,90 Euro ist nach unten hin schon eine gewisse Absicherung gegeben. Auf Seiten der institutionellen Investoren sehe ich auf der einen Seite Small Cap-Fonds, auf der anderen Seite Fonds, die sich auf erneuerbare Energien spezialisiert haben, als potenzielle Aktionäre.

Haesen: In der Vergangenheit haben viele Privatanleger die Aktie gekauft. Vor allem in der spannenden Phase bis 2000 war es für diese Gruppe interessant, sich über diesen Umweg an interessanten, noch nicht börsennotierten Unternehmen zu beteiligen. Mit dem abflauenden IPO-Boom hat aber auch das Anlegergeld stark nachgelassen. Eigentlich ist eine VC-Aktie, wie bereits gesagt, kein Anlageinstrument für den kurzfristig, sondern für den langfristig orientierten Privatanleger.

 

VC-Magazin: Wie beurteilen Sie das aktuelle Marktumfeld und in diesem Zusammenhang die Geschäftsaussichten für Ihre Gesellschaft und Ihre Aktie?

Haesen: Das Marktumfeld ist gut, sehr gut war es vor eineinhalb Jahren. Die Subprime-Krise schlägt inzwischen auf viele Bereiche des Kapitalmarkts durch. Dennoch sehen wir nach wie vor viele relativ gute Investitionsmöglichkeiten. Vom Volumen her hat das seit dem zweiten Quartal noch einmal stark angezogen. Auch sehe ich momentan sehr gute bis exzellente Exitmöglichkeiten, die Börse einmal ausgeschlossen.

Goedhart: Unser Markt ist das Beteiligungsgeschäft, und dabei in erster Linie das Thema erneuerbare Energien. Das wirtschaftliche Umfeld allgemein ist derzeit nicht gut: hoher Ölpreis, steigende Zinsen, Subprime-Krise, negatives Kapitalmarktumfeld. Es wäre jetzt falsch zu sagen, dass wir davon komplett unabhängig sind, aber letztendlich ist das für uns nicht entscheidend. Für uns wichtiger ist: Was passiert im Bereich der erneuerbaren Energien? Und hier ist der Wachstumstrend ungebrochen, mit Ausnahme der leichten Verunsicherung im Solarbereich, die aufgrund der anstehenden Fördergesetzgebung in Spanien vorherrscht.

Beyer: Ich sehe sehr gute Geschäftsaussichten und einen starken Dealflow in den Bereichen Medizintechnik, Cleantech und digitale Medien. Wir sind zuversichtlich, daraus gute neue Beteiligungen generieren zu können. Wir blicken auf ein gutes Jahr zurück: Wir haben die CAS innovations AG an Siemens verkauft und zwei Finanzierungsrunden bei der Nanda Technologies sowie die große Finanzierungsrunde bei Sulfurcell Solartechnik gemacht. Das Portfolio hat sich sehr gut entwickelt und damit auch unsere Geschäftsaussichten.                                       
Das Interview führte Mathias Renz


Zu den Gesprächspartnern
Karsten Haesen als Vorstand und Dr. Stephan Beyer als Investment Director zeichnen für die Geschicke der börsennotierten Venture Capital-Gesellschaft Ventegis Capital AG in Berlin verantwortlich. Felix Goedhart ist Vorsitzender des Vorstands der in Hamburg ansässigen Capital Stage AG.