Exit-Panel auf der GrowthCon 2015

Moderator Christian Ramme begrüßte Karl Balz, Holger Hinz, Stefan Höfer und Andreas Thümmler (v.l.n.r.) zum Exit-Panel auf der GrowthCon in Frankfurt, die in diesem Jahr erstmals vom VentureCapital Magazin mitveranstaltet wurde.

Ramme: In Europa ist der Exit stets etwas komplizierter als in den USA. Am Ende des Tages gibt es zwei Optionen: Ein Trade Sale oder ein IPO. Welche Vor- und Nachteile haben die jeweiligen Wege?
Thümmler: In Zeiten von viel Liquidität und Fokus auf Equity wird der IPO auch in Deutschland zunehmend interessanter, da die Unternehmensbewertungen höher und attraktiver sind. Dadurch kann man an den Public Markets auch Kapital für Akquisitionen einsammeln. Aus meiner Perspektive brodelt es derzeit unter dem Kochtopfdeckel.
Höfer: Im Moment haben wir eine Vielzahl an Unternehmen, die einen Börsengang erwägen. Wenn es eine interessante Börsensituation sowie ausreichend IPOs gibt und der Blick der Investoren wieder auf die Börse gerichtet ist, dann hat der IPO eine Reihe an Vorteilen, die es beim Trade Sale – insbesondere im Hinblick auf die Zukunft des Unternehmens – so nicht gibt.
Hinz: Viele unterschätzen derzeit noch das Sentiment an der Börse. Ich glaube, die Investoren würden sich gerade vor dem Hintergrund der Entwicklung der Märkte mehrAktivität wünschen, da Liquidität massiv vorhanden ist. Gerade die Bewertungen sind stark ausgereizt, was bleibt ist die Technologie. Ich sehe allerdings als großen Hemmschuh, dass das Wissen der letzten zehn Jahre, besonders nachdem der Neue Markt geschlossen wurde, und der Erfahrungsschatz der Gründer, die erfolgreich an die Börse gingen und verkauft haben, kaum mehr vorhanden ist. Daher liegt der Fokus wohl mehr auf Trade Sale als auf IPO.

Ramme: Ist ein IPO in den USA unter Umständen attraktiver, da Investoren dort zu anderen Bewertungen bereit sind, als es teils in Deutschland der Fall ist?
Balz: Das hängt vom Unternehmen und der Branche ab. Will man in den amerikanischen Markt, kann sich ein Listing an einer dortigen Börse anbieten. Damit kann man sich den dortigen Investoren präsentieren und den Markt bereits penetrieren. Wenn andererseits 95% der Umsätze in Deutschland erzielt werden und es so bleiben soll, dann bieten sich die USA weniger an. Gerade im Biotech-Bereich erhalten Unternehmen in den USA allerdings eine deutlich höhere Bewertung als in Deutschland und Europa.
Hinz: Bei den Bewertungsunterschieden zwischen den USA und Deutschland muss man sehen, dass Mehrheitstransaktionen die relative Fluktuation der Wechselquote einladen. Das muss man geglättet sehen. Bewertungen von Unternehmen wie Xing und LinkedIn oder voxeljet und SRM lagen auf Augenhöhe. Dass man in Deutschlandkein Tech platzieren kann, halte ich für nicht korrekt.
Höfer: Voxeljet ist in den USA mit einer Bewertung von 13 USD pro Aktie an die Börse gegangen und liegt mittlerweile bei 7,50 USD pro Aktie. Ob es dem Unternehmen guttut, weiß man vorher nicht. SRM hatte zwar keinen fulminanten Start, ist aber stabil. Investoren legen einen gewissen Wert darauf, eine Volatilität zu vermeiden, wie sie zum Teil bei Überbewertungen zustande kommt.
Balz: Ich glaube allerdings, dass wir an den tiefen amerikanischen Märkten gerade bei kleineren Unternehmen und deren Listings weniger Volatilität sehen als an den deutschen Börsen. Unserer Erfahrung nach bringt die Tiefe der amerikanischen Märkte gerade auch bei Following Offerings oder eigenen Aktien als Akquisitionswährung einen gewissen Vorteil.

Ramme: Aus der Perspektive der Unternehmer: Welche Überlegungen gibt es, gerade junge Unternehmen früher an die Börse heranzuführen?
Höfer: Wir haben uns dieser Frage auch angenommen und uns nach mehreren Analysen entschieden, die Plattform Deutsche Börse Venture Network zu erschaffen. Auf dieser Pre-IPO-Plattform können Venture Capital- und Private Equity-Investoren, Family Offices, High Networths, Privatinvestoren, Small Cap-Fonds etc. Unternehmen aus den Bereichen Late Stage oder Growth bzw. auf der Suche nach Bridge Financing treffen. Mit der Plattform gelingt es uns, eine Verbindung zu schaffen. Wir haben viele Investoren, darunter auch internationale, die sich für die Plattform eingetragen haben. Bei den Unternehmen haben wir keinerlei Selektion, somit ist die Plattform sowohl für Tech-Unternehmen als auch Mittelständer etc. offen. Ich denke, damit schließen wir eine Lücke und rücken deutsche Unternehmen mehr in den Fokus der Investoren. Inwieweit dies einen Einfluss auf die Bewertungen hat, kann man derzeit aber noch nicht sagen.

Ramme: Ist das eine Lösung, die Sinn macht?
Thümmler: Es ist gut, dass diese Infrastruktur geschaffen wird. In dem Moment, in dem der Schalter in der richtigen Richtung liegt, wird die Infrastruktur mit Leben gefüllt. Dann wird es meiner Meinung nach Dutzende oder Hunderte von Unternehmen geben, die das wahrnehmen. Drei, vier oder fünf reichen nicht aus – der Schalter muss nach oben, dann kommen die ersten paar Dutzend. Wenn diese gut laufen, führt das zum Herdentrieb. Dann ist es gut, dass wir die Deutsche Börse hier haben. Sowohl der M&A-Markt als auch Exits werden beflügelt, da man Bewertungen mit ähnlichen Unternehmen, die an der Börse sind, vergleichen kann. Wenn kein Black Swan oder anderer exogener Schock kommt, sind wir auf einem guten Weg für ein hochinteressantes Umfeld für Public Equity in den nächsten zwei bis drei Jahren.
Hinz: Gerade in der Tech-Szene wird viel Bewegung sein. Sicherlich ist das Heranführen an den Kapitalmarkt mit solch einem Hilfsmittel, wie es schon am Nasdaq sehr gut funktioniert hat, sinnvoll. In gewissem Sinne ist es eine Copycat. Da wir hier in Deutschland die Fonds in diesen Größen nicht haben, müssen allerdings internationale Investoren die Brücke zum Kapitalmarkt schließen.