Interview mit Dr. Michael Drill, Matthias Kues, und Dr. Florian Meise

Redaktionsleiterin Susanne Gläser und Markus Rieger, Vorstand der GoingPublic Media AG (re.), diskutierten mit Matthias Kues, Dr. Florian Meise und Dr. Michael Drill (v.l.n.r.) über Trends in der Private Equity-Industrie.

VC Magazin: Herr Meise, Adcuram hat im Herbst einen Fonds mit einem Volumen von 150 Mio. EUR geschlossen. Die Hälfte der LPs sind Family Offices. Diese Investoren engagieren sich heute immer stärker in der Assetklasse Private Equity. Welche Vorteile sehen Sie für beide Seiten?
16-18 Dr. Florian Meise  ADCURAM 05Meise: Neben uns selbst sind sechs Limited Partner in den Fonds investiert, davon sind drei Family Offices. Wir haben großen Wert darauf gelegt, solche Investoren mit langfristigem Horizont zu gewinnen. Family Offices ticken zwar nicht wesentlich anders als andere institutionelle Investoren, was die Renditeerwartung betrifft. Aber sie können länger investiert bleiben, wenn es nötig ist. Je nachdem wie unternehmerisch sie geprägt sind, folgen sie auch einem anderen Investitionsprozess als andere Investoren, die sehr stark institutionalisiert sind und häufig stärker nach formalen Modellen vorgehen.
Kues: Das Kapital von Family Offices stammt ja oft aus unternehmerischer Tätigkeit. Dementsprechend schätzen viele an Private Equity-Fondsinvestments, dass dahinter konkrete mittelständische Unternehmen stehen. Es geht ihnen meist um etwas mehr als „nur“ Rendite. Aber auch und gerade aus Renditeaspekten heraus ist die Anlageklasse interessant: Was Private Equity abliefert, liegt weit über den Erträgen, die man derzeit in anderen Assetklassen erwirtschaften kann.
Drill: Family Offices interessieren sich übrigens auch immer stärker für direkte Investments in Unternehmen. Dieser Trend wird sich künftig noch verstärken, viele Family Offices haben sich seit einigen Jahren ja erst formiert. Wir bekommen immer mehr Anfragen von ihnen, oftmals geben sie im Laufe eines M&A-Prozesses aber auf. Die Gründe sind unterschiedlich, häufig trauen sie es sich allerdings nicht zu, das Managementteam des Targets selbst zu managen, oder sie sind nicht bereit, die derzeit oft hohen Preise zu zahlen. Außerdem sind Family Offices eher öffentlichkeitsscheu und wollen meist nicht im Zentrum des Geschehens stehen. Aus diesen Gründen sind Fondsinvestments für sie oft die bessere Möglichkeit, um unternehmerisch zu investieren und gleichzeitig ein Netzwerk in diesem Bereich aufzubauen.

VC Magazin: Im aktuellen Marktumfeld sind die besten Targets hart umkämpft. Wie attraktiv sind Finanzinvestoren als Käufer deutscher Familienunternehmen?
Kues: Die Heuschrecken-Debatte hängt uns leider immer noch nach. Häufig herrschen noch die alten Vorurteile vor, beim Verkauf an Finanzinvestoren würde die Braut aufgehübscht und danach filetiert. Das ist ja schon im praktischen Leben unsinnig – warum sollten Investoren so verfahren? Die Branche muss sich besser erklären. Wenn wir nur heimlich um die Ecken huschen, um ja kein schlechtes Image zu erzeugen, ist das kontraproduktiv. Wir müssen im Gegenteil proaktiv kommunizieren.
Meise: Solche Vorbehalte sind nach wie vor da. Die Herausforderung für uns besteht darin, wie wir an den mittelständischen Unternehmer herantreten. Meiner Erfahrung nach registrieren Verkäufer sehr genau, ob jemand vor ihnen steht, der vor allem Zahlenakrobatik machen möchte und sich nicht weiter für das Geschäft interessiert, oder ob ein potenzieller Käufer eine unternehmerische Herangehensweise hat, in die Tiefe geht und versucht, das Geschäft ernsthaft weiterzuentwickeln. Ich glaube, gerade Familienunternehmer differenzieren hier sehr stark. Das gemeinsame Gespräch bietet die Möglichkeit, Vorbehalte auszuräumen und auf Augenhöhe zu kommen.
Drill: Wichtig ist für Verkäufer von mittelständischen Unternehmen sehr häufig der Bestandschutz. Wir haben schon einige Fälle gesehen, in denen Finanzinvestoren als Verkäufer vorgezogen wurden, weil sie alle Bereiche des Unternehmens fortführen wollten. Strategische Käufer benötigen ja oft zum Beispiel keine Buchhaltung oder keinen Vertrieb, weil sie selbst die Strukturen bereits mitbringen. Interessant gerade für Familienunternehmer ist zudem die Aussicht, dass sie einen Übergang schrittweise gestalten und noch eine Weile operativ engagiert bleiben können.