Interview mit Dr. Robert Harrison, Managing Partner, 24IP Law Group

VC Magazin: Neben dem Schutz innovativer Produkte und Verfahren vor unerwünschten Nachahmungen helfen Patente, eine Geschäftstrategie langfristig abzusichern. Warum sollten sich auch Start-ups mit diesem Thema auseinandersetzen?
Harrison: Ja, Patentrechte spielen eine sehr wichtige Rolle bei der langfristigen Absicherung einer Geschäftsstrategie. Das Patent sichert dem Inhaber quasi ein Monopol auf seine Innovation. Es gibt aber keine Garantie für den Erfolg eines Start-ups – das Produkt oder die Dienstleistung müssen auch verkauft oder vermarktet werden! Darüber hinaus sind Patente bei der Suche nach Investoren von Bedeutung. Jeder Investor will das Risiko einer Investition vermindern. Ein Portfolio von Schutzrechten um ein patentiertes Produkt verhindert nicht nur dessen Kopie, sondern auch die Entwicklung ähnlicher Produkte. Und sollte ein Start-up nicht erfolgreich sein, können die Schutzrechte verkauft werden. Wir haben in den letzten Monaten mehrere Projekte betreut, bei denen die Schutzrechte den wertvollsten Teil bei der Auflösung des Unternehmens bildeten. Last, but not least deuten Patentrechte auf die Innovationskraft des Unternehmens hin. Ein Hightech-Unternehmen ohne einen Patentbestand ist nur schwer vorstellbar. Beim Exit fragen potenzielle Erwerber häufig nach den Schutzrechten.

VC Magazin: Welche Stolpersteine tauchen immer wieder auf?
Harrison: Mir fallen drei wesentliche Stolpersteine ein: Zuerst ist da die Problematik der Veröffentlichung von Angaben über die Innovation (oder der Verkauf eines Produkts) vor der Patentanmeldung. Patente werden nur für neue Erfindungen erteilt, und in Europa gelten hier strenge Vorschriften. Nach dem Bekanntwerden einer Idee gibt es kein Patent mehr. In den USA ist man großzügiger, dort hat ein Erfinder noch ein Jahr für die Patentanmeldung Zeit. In Deutschland kennen wir das Gebrauchsmuster mit einer sechsmonatigen „Schonfrist“. Dieses hat eine Lebensdauer von zehn Jahren und ist ungeprüft. Nichtsdestotrotz gibt es vollwertige Schutzrechte. Der zweite Stolperstein ist die Auswahl der Länder für die Patentierung. Wenn ein Start-up nur in Deutschland aktiv ist, dann ist ein deutsches Patent ausreichend. Wer aber Expansionspläne hat, sollte in jedem Fall ein europäisches Patent in Betracht ziehen. Und für die Exit-Strategie spielen zudem US-Schutzrechte häufig eine große Rolle. Doch der Erwerb von Schutzrechten in anderen Ländern muss genau überlegt sein, denn die Übersetzung der Patentschriften kann ganz schön teuer sein.

VC Magazin: Und der dritte Stolperstein?
Harrison: Das ist das blinde Vertrauen in ein einzelnes Schutzrecht. Erfahrungsgemäß bauen erfolgreiche Unternehmen ein Portfolio von Patent-, Marken- und Designrechten auf. So ist die Substanz des Unternehmens nicht gefährdet, falls eines der Schutzrechte nicht erteilt oder angegriffen wird.