Interview mit Timm Schipporeit, Executive Director, Morgan Stanley

Timm Schipporeit (r.) im Gespräch mit Benjamin Heimlich vom VentureCapital Magazin.

Die deutsche E-Commerce-Landschaft wird jeden Tag bunter und neben dem Branchenprimus Zalando und etablierten Marktteilnehmern wie Mister Spex oder Dawanda entstehen fast wöchentlich neue Möglichkeiten zum Onlinekauf. Im Interview mit dem VentureCapital Magazin spricht Timm Schipporeit, Executive Director in Morgan Stanleys Technology Banking Team, über die Perspektiven von E-Commerce in Deutschland, die Unterschiede zu anderen Ländern und die Eigenheiten von Investments in diesem Bereich.

VC Magazin: E-Commerce hat in den letzten Jahren in Deutschland deutlich an Marktanteilen gewonnen. Welche Entwicklung erwarten Sie für die nächsten Jahre?

Schipporeit: Wenn man die einzelnen Geschäftsfelder in eine Penetration-Wachstum-Matrix einträgt, sieht man, welche Bereiche noch Entwicklungspotenzial haben. Der Markt für die sogenannten Digital Goods wie Musik, Online Videos und ähnliches ist schon sehr stark penetriert und das Wachstum ist nicht mehr sehr hoch. Auch der Elektroniksektor ist in punkto E-Commerce schon sehr reif. Danach kommen Schuhe und Bekleidung, gefolgt von Möbeln. Der Bereich, in dem die geringste Penetration vorliegt und der das höchste Wachstumspotenzial hat, ist der Lebensmittel-Markt. Nachdem die Digital Goods von internationalen Marken wie Apple oder Amazon dominiert werden, werden wir hier kaum Investitionen von Venture Capitalisten sehen. Auch im Schuh- und Bekleidungsbereich gibt es bereits sehr große Player, der Markt ist eigentlich konsolidiert – von Nischenspielern abgesehen. Ich gehe sehr stark davon aus, dass sich die Venture Capital-Gesellschaften in der nächsten Investitionswelle auf E-Commerce in den Bereichen Möbel und Lebensmittel fokussieren.

VC Magazin: Der Aufbau eines profitablen E-Commerce-Unternehmens ist in der Regel eine sehr kostenintensive und langwierige Angelegenheit. Ist eine Investition in diesem Gebiet für Venture Capitalisten überhaupt geeignet?

Schipporeit: Man kann das nicht pauschal über einen Kamm scheren: Für Investoren ist heutzutage der Pfad zur Profitabilität interessant. Dabei werden Kohorten, Länder, Nutzerverhalten und ähnliches analysiert. Wenn sich zeigt, dass das Unternehmen Profitabilität erreichen kann, ist es nicht mehr entscheidend, ob diese in einem oder in zwei Jahren realisiert wird. Bei den Venture Capital-Gesellschaften ist die Überzeugung da, dass sich Investments im E-Commerce nach wie vor erfolgreich gestalten lassen.