Mangel an Venture Capital bedroht den deutschen Life Sciences-Standort

Panthermedia/Chris White

Neue Fonds benötigen daher heute deutlich mehr Zeit, ihre Fundraising-Aktivitäten erfolgreich abzuschließen, und erreichen für Life Sciences-Investitionen meist eine unterkritische Größenordnung. Die ursprünglich sehr solide aufgestellte Venture Capital-Landschaft in Deutschland hat sich mittlerweile stark ausgedünnt. Finanzierungsrunden von Unternehmen scheitern immer häufiger daran, dass die wenigen investitionswilligen Fonds kaum noch Konsortialpartner für eine Beteiligung finden. Das größte Risiko, mit dem ein junges innovatives Unternehmen der Life Sciences-Branche heute umzugehen hat, ist daher nicht mehr das branchenimmanente Technologie- bzw. Marktrisiko, sondern tatsächlich das Finanzierungsrisiko. Eingedenk der recht hohen Qualität der Branche ist diese Entwicklung besonders unverständlich: Denn gerade im zurückliegenden Jahrzehnt haben sich Gründer und Managementteams der Life Sciences-Branche deutlich professionalisiert.

Die Folgen dieses zunehmenden Mangels an Venture Capital sind heute schon sichtbar. Insbesondere im biopharmazeutischen Bereich werden Life Sciences-Unternehmen immer seltener finanziert. Wenn überhaupt, werden Biopharmaentwicklungen oft nur noch in sogenannten virtuellen Gesellschaften finanziert, in denen mit sehr geringen internen Ressourcen und vielen externen Dienstleistern nur noch ein einziges Asset klinisch entwickelt wird. Derartige Aktivitäten sind zwar sehr ressourcensparend, aber das Risiko eines Gesamtausfalls ist hier auch sehr hoch – dann nämlich, wenn die klinische Entwicklung nicht wie gewünscht erfolgt.

Setzt sich dieser Trend fort, wird das Thema Biopharma mittelfristig in Deutschland wohl kaum noch vertreten sein. Die wenigen aktiven Fonds der Life Sciences-Branche wenden sich trotz der hohen Projektqualität der deutschen Life Sciences-Szene zunehmend Geschäftsmodellen mit vermeintlich geringerem Investitionsbedarf zu. Dabei läuft die Branche Gefahr, ihre Diversität zu verlieren. Große kommerzielle Erfolge wie der letztjährige Verkauf der in Martinsried ansässigen CorImmun an J&J oder der Lizenzdeal der in Wuppertal ansässigen Aicuris mit Merck & Co. werden dann kaum noch zu vermelden sein.