Family Offices – die (fast) neue Investorenklasse im Private Equity-Markt

Family Offices treten in Konkurrenz zu Fondsgesellschaften

Für die etablierten Beteiligungsgesellschaften ist der neue Wettbewerb durchaus ernst zu nehmen, denn die Familieninvestoren bringen gewichtige Startvorteile mit. Sie agieren aufgrund ihres eigenen unternehmerischen Hintergrunds sehr glaubwürdig. Sie diskutieren mit Firmengründern und -lenkern auf Augenhöhe und kennen Lust und Last, ein Unternehmen zu führen. Dabei wird es von den kapitalsuchenden Unternehmen durchaus geschätzt, wenn ein unternehmerischer Kapitalgeber aus einer völlig anderen Branche kommt. Strukturelle Fragestellungen sind in vielen Industrien oftmals sehr ähnlich, ein Unternehmer aus einer anderen Branche kann vielfach kreative, bisher nicht gesehene Lösungswege einbringen. Während klassische Beteiligungsgesellschaften gerade bei Akquisitionsgesprächen mit den begehrten Familienunternehmen oft Rendite und Finanzkennzahlen stark in den Vordergrund stellen und ihre teilweise angelsächsisch geprägte Unternehmenskultur nicht mit dem „Target“ in Einklang bringen, verstehen es die Family Offices naturgemäß besser, die Besonderheiten von Familienunternehmen zu berücksichtigen. Family Offices haben meist auch kein Problem, ihre Investitionen langfristiger als die institutionellen Wettbewerber zu begleiten. Während der BVK in einer Umfrage durchschnittliche Haltedauern der Private Equity-Investitionen von knapp über vier Jahren ermittelt hat, können Familien zumeist ohne Druck bei den Laufzeiten agieren. Der von Unternehmern oft als Unwort angesehene „Exit“ ist für sie kein Thema. Sie suchen stattdessen langfristige Beteiligungsmöglichkeiten und haben dabei oftmals ihre eigene unternehmerische Historie vor Augen. Dies ist vielfach gepaart mit dem Wunsch, lediglich Minderheitsbeteiligungen zu tätigen. Hier treffen die Familieninvestoren auf eine immer noch vorhandene Marktlücke und einen echten Bedarf im Mittelstand. Und klassische Beteiligungsfirmen tun sich beim Thema Minderheiten – trotz langsam steigender Offenheit hierfür – immer noch schwer.

Hadern mit den Gepflogenheiten

Aber greifen diese Wettbewerbsvorteile immer? Oftmals agieren Family Offices unkonventionell, wenn sich eine Transaktion in der Anbahnungsphase befindet. Generell stehen sie den typischen Auktionen ablehnend gegenüber. Sie sind nicht gewillt, sich den M&A-Spielregeln mit schneller Abfolge von Info Memorandum – Due Diligence – Vertragsverhandlungen – Signing zu unterwerfen. Und wenn sie dann doch einmal an strukturierten Verkaufsverfahren teilnehmen, sind sie von M&A-Beratern nicht unbedingt gerne gesehen. Zwar sprechen auch viele etablierte Private Equity-Gesellschaften davon, dass sie Auktionen nur in Ausnahmen mitmachen. Am Ende treten sie aber doch (fast) alle bei den Auktionen an, da hier letztlich eine Vielzahl von attraktiven Unternehmenstransaktionen stattfindet. Entscheidungsfreude und -geschwindigkeit sind zudem Faktoren, bei denen es im Familienlager noch Optimierungspotenzial gibt. So schnell und effizient in der eigenen Firma entschieden wird, so langsam passiert dies überraschenderweise oftmals beim Investieren in fremden Unternehmensgefilden. Kapitalsuchende Unternehmen fürchten zudem teilweise die Gefahr, dass Familien während einer Kapitalpartnerschaft oft „mit dem Bauch“ entscheiden, was nicht unbedingt förderlich für die Entwicklung der Firmen ist. Aufgrund der oftmals noch kurzen Erfahrung beim Investieren in unbekannte Firmen ist eine solide Corporate Governance sehr wichtig. Gerade in Minderheitssituationen kann sich schnell Frustration einstellen, wenn man in einem wachstums- und ausschüttungsschwachen Investment gefangen ist, ohne Chance auf einen Exit – da ist das vermeidliche Unwort dann doch wieder…

Fazit

Letztlich bereichern die vielen Family Offices den Markt sehr und bringen die etablierten Private Equity Player öfter in Verlegenheit. Es steht außer Zweifel, dass sie weiter an sich arbeiten werden und ihre Startvorteile noch besser als bisher schon ausspielen werden, und bei der weiteren Professionalisierung können externe Spezialisten helfen. Der traditionellen Private Equity-Branche scheint auf jeden Fall ein echter dauerhafter Wettbewerber zu erwachsen.

E2 Jens Moritz

Jens Moritz ist Partner bei Rautenberg & Company. Rautenberg & Company berät Finanzinvestoren und ihre Portfoliounternehmen in allen Phasen einer Transaktion und ist mit Büros in Düsseldorf, Frankfurt und London vertreten.