Neun Fragen an Arash Houshmand von Contigua

Contigua
Vier Gründer, keine Krawatte: Felix Baaken, Markus Eichinger, Arash Houshmand und Harald Siebenweiber (v.l.n.r.) von Contigua.

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?

Houshmand: Mit der Contigua GmbH haben wir es uns zum Ziel gesetzt, die Errungenschaften der Digitalisierung und der mobilen Technik für den stationären Einzelhandel nutzbar zu machen. Unser erstes Produkt, das wir 2011 auf den Markt gebracht haben, ist die App 10stamps, die die klassische Papier-Stempelkarte auf das Smartphone bringt. Die Idee kam uns, weil uns regelmäßig das passiert ist, was viele unsere Nutzer täglich erleben: Wir haben unsere Bonusstempelkarten beim Café um die Ecke oft vergessen und wenn wir zu viele Bonuskarten hatten wurde der Geldbeutel unhandlich. Dieses Problem wollten wir mit 10stamps lösen. Und bisher hat es auch schon sehr gut funktioniert.

VC Magazin: Wie haben Sie erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?

Houshmand: Wir haben eine funktionierende Geschäftsidee und von Anfang an Umsatz gemacht, denn unsere Partner auf der Seite des Handels bezahlen eine monatliche Gebühr für die Nutzung des 10stamps-Systems. Aber das reicht nicht. Wir als Gesellschafter haben natürlich selbst investiert, dann bekamen wir etwa 100.000 EUR im Rahmen einer EXIST-Gründerfinanzierung, die wir für die Entwicklung einsetzten. Damit haben wir dann schnell namhafte Business-Angels überzeugt, die uns geholfen haben 10stamps in die Form zu bringen, die es heute hat.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?

Houshmand: Ich persönlich habe vieles aus meinem persönlichen Umfeld mitbekommen, was das Leben als Angestellter betrifft. Vor allem darüber, dass man für die Vorstellungen und Träume anderer arbeitet. Das wollte ich nicht. Ich wollte eigene Ideen realisieren und etwas durch die eigene Arbeit erreichen. Meinen drei Gründerkollegen ging es ähnlich. Mein Geschäftsführer-Kollege und Mitgründer Markus Eichinger war bereits Mitgründer des Ticketingdienstleisters amiando, der 2010 an Xing verkauft wurde. Von seinen Erfahrungen können wir natürlich bis heute profitieren.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?

Houshmand: Die meisten würde ich wahrscheinlich wieder so ähnlich treffen. Denn jede Entscheidung hat uns am Ende an den Punkt gebracht, an dem wir jetzt sind. In Summe waren die Entscheidungen also sicherlich gut. Dass wir die richtigen Leute für das Team ausgewählt haben, darauf bin ich besonders stolz. Und sicherlich würde ich auch immer wieder auf eine Idee setzen, bei der wir uns nicht ausschließlich auf fremdes Kapital verlassen müssen, sondern die auch gleich einen Umsatzansatz bietet.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?

Houshmand: Schmerzhaft ist es bisher zum Glück noch nicht geworden. Aber wir hätten wahrscheinlich von Anfang an mehr auf das Nutzer-Feedback achten sollen – sowohl auf Partner- wie auch auf Endkundenseite. Dass wir das nicht getan haben hat dazu geführt, dass wir einige Extrarunden drehen mussten, bis wir auf das genaue Modell für 10stamps gekommen sind.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen hierzulande der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?

Houshmand: Ich finde es sehr positiv, dass Unternehmertum in Deutschland heute viel mehr gefördert wird, als noch vor zehn Jahren. Speziell an unserem Standort München haben wir positive Erfahrungen gemacht und sind auch schnell mit anderen Gründern in Kontakt gekommen. Auch seitens des Gesetzgebers gibt es Vereinfachungen beim Einstig, etwa durch die Einführung der Gesellschaftsform UG. Ich hoffe, dass es in Zukunft noch besser wird, allerdings ist das auch eine Frage des gesellschaftlichen Anspruchs. Wenn wir als Land wollen, dass künftig mehr Innovationen – gerade auch im digitalen Bereich – aus Deutschland in der Welt erfolgreich werden, dann müssen wir ein Umfeld schaffen, in dem sich die Gründer wohlfühlen und in dem sie handeln können. Denn: gerade ein digitaler Gründer kann sich natürlich überall auf der Welt eine alternative Heimat suchen, wenn er hier nicht gewünscht ist. Ich hoffe aber, dass Deutschland die richtigen Weichen stellt, um einen Exodus der Gründer zu verhindern.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?

Houshmand: Mich beeindrucken vor allem Unternehmer, die ihren Prinzipien treu bleiben und trotzdem oder gerade deshalb erfolgreich sind. Beispielsweise Götz Werner, der Gründer der Drogeriemarktkette dm. Er ist Marktführer in seiner Branche und achtet Tag für Tag auf das Wohlbefinden seiner Mitarbeiter, obwohl es auch ganz andere Beispiele in dieser Branche gibt. Werner ist sich bewusst darüber, dass der Erfolg natürlich im Kollektiv erreicht wurde. Daran kann ich mich noch viel mehr orientieren – und einige Internet-Unternehmer sicherlich auch. Denn die Schnelllebigkeit unserer Branche lässt uns manchmal die Nachhaltigkeit aus den Augen verlieren.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?

Houshmand: 10stamps – ist doch klar! DB Navigator – schnell Verbindungen raussuchen, um meine häufigen Reisen zu planen. Asana – To Dos im Team schnell definieren und abarbeiten; und das auch von unterwegs. Das ist für uns in der mobilen Digitalbranche besonders wichtig. Highlight – gleichgesinnte, technologieaffine Menschen auf Basis ihres Aufenthaltsorts kennenlernen – leider aktuell nur in den USA wirklich verbreitet. Dropbox – einfach und schnell an meine Dateien kommen, egal wo ich gerade bin.

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?

Houshmand: Durch das enorme Wachstum der vergangenen Wochen haben wir gesehen, dass ein sehr großer Bedarf an unseren Lösungen besteht. Mittelfristig wird dieser auf jeden Fall wachsen. So lange wir lokale Einzelhändler mit Tools unterstützen können, werden wir weitermachen. Vielleicht entwickeln wir neben 10stamps noch weitere Produkte, die bei der Digitalisierung des Einzelhandels helfen. Das wird sich zeigen. Eine neue Generation von Konsumenten möchte neue Einkaufserlebnisse vor Ort – dabei wollen wir entscheidend mitwirken. In Zukunft sicher auch über den deutschsprachigen Raum hinaus!

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

Die Fragen stellte Torsten Paßmann.

Zum Gesprächspartner
Arash Houshmand hat gemeinsam mit Markus Eichinger, Harald Siebenweiber und Felix Baaken die Contigua GmbH gegründet. Das Start-up betreibt das mobile Kundenbindungssystem 10stamps, mit dem lokale Händler einfach und schnell Kunden involvieren und entwickeln können.