(Nicht nur) bei HitFox auf dem Gaspedal

Susanne Gläser traf Jan Beckers im HitFox-Büro in Berlin.

Um ihn herum wuselt es nur so, aber Jan Beckers ist entspannt. Er empfängt seine Gäste im dicken Strickpulli in den Räumen seines neuesten Projekts: des Inkubators HitFox Game Ventures www.hitfox-ventures.com. Das Büro ist ein Paradebeispiel für die Berliner Internetwirtschaft: In den hohen Altbauräumen, von denen aus früher Groupon sein Geschäft ausgerollt hat, laufen junge Leute um Kisten herum, die sich wild überall stapeln, sitzen barfuß vor Laptops und diskutieren auf Englisch, wer heute mit Kaffeeholen dran ist. Jetzt am Vormittag ist der Kickertisch noch verwaist, aber das dürfte sich bald ändern. Im Aufenthaltsraum ist noch reichlich Platz, man plane, zusätzlich zum Tischfußball noch eine Tischtennisplatte aufzustellen, erfahren die Gäste. Sie werden vorbeigeführt an Reihen von Mitarbeitern vor Bildschirmen, 70 Leute arbeiten mittlerweile unter dem Dach der HitFox-Gruppe und entwickeln Gimmicks für Gamer wie den „Game Finder“, einer App, mit der Nutzer schneller und leichter interessante Spiele für ihr Smartphone finden können. Oder das Affiliate-Netzwerk AppLift, das Gamesanbietern performance-basierte Affiliate-Werbeplätze vermittelt. Hinter diesen Ideen steht Beckers. Und der hat ein Händchen für gute Ideen.

Auf dem Gaspedal

Beckers ist, was man neudeutsch einen Serial Entrepreneur nennt: ein Vollblutunternehmer, der von einer Idee zur nächsten jagt, der nicht aufgibt, bis sich der Erfolg einstellt, nur, um danach das nächste Projekt zu starten, die nächste Firma aufzubauen. „Ich habe meine unternehmerischen Ziele immer erreicht, alle gegründeten Unternehmen auf Erfolgskurs gebracht, und es ging immer schneller, als ich zunächst gedacht hätte“, resümiert Beckers. Tatsächlich steht er seit jeher auf dem Gaspedal: Ein Faible für wirtschaftliche Zusammenhänge habe er irgendwie schon als Kind gehabt, erinnert sich Beckers. Mit 14 Jahren kaufte er seine ersten Aktien, auch wenn seine Eltern nicht unbedingt begeistert waren, seine Ersparnisse, die eigentlich für den Führerschein gedacht waren, freizugeben. Mit 20 zog Beckers dann sein erstes Unternehmen auf: Noch als Student gründete er in seiner Heimatstadt Münster einen Partyveranstalter. Über 500 Partys organisierte er damals sozusagen als Nebenjob während seines Studiums – und das entsprechende Internetportal zog er gleich mit auf. Von da ab ging alles sehr schnell: Einen Teil der deutschen Internetszene kannte er bereits, also zog Beckers nach Berlin und lernte den anderen Teil kennen. Als erster Chefredakteur des Berliner Start-up-Blogs Gruenderszene.de war er bald Sprachrohr der Internet-Community in der Hauptstadt.

SponsorPay, Madvertise, Absolventa

Im Mittelpunkt stand jedoch immer seine Leidenschaft fürs Unternehmertum. Mit Weggefährten wie Lukasz Gadowski oder Kolja Hebenstreit zog Beckers sein Ding durch. Die Liste der von Beckers erfolgreich aufgezogenen Unternehmen liest sich wie ein Abriss der deutschen Internethistorie: Er war Mitgründer von SponsorPay.com, Madvertise.com und Absolventa.de – immer in Zusammenarbeit mit dem Inkubator Team Europe. Als Business Angel investierte er u.a. in GoClio.com, Delivery Hero , Gruenspar.de und Brands4Friends.de. „Man sollte sich Ziele stecken, die der eigenen Qualifikation und Erfahrung angemessen sind, nach denen man sich aber trotzdem ordentlich strecken muss“, lautet Beckers‘ Erfolgsformel. Nachdem er sich aus der Geschäftsführung bei Sponsorpay zurückgezogen hatte, gönnte er sich zehn Monate Auszeit. Aber er wusste die ganze Zeit über, was als nächstes kommen sollte: „Ein gutes Netzwerk im Games-Markt hatte ich dank SponsorPay bereits aufgebaut, der nächste logische Schritt war eine Game Distribution Company.“

Company Builder HitFox

Mit eigenem Kapital und Unterstützung durch Team Europe gründete er im Mai 2011 also den Inkubator HitFox Game Ventures, einen „Company Builder“, wie Beckers selbst sich ausdrückt. Zusätzliche finanzielle Mittel stellten Venture Capital-Investoren zur Verfügung, die sich wiederum wie das Who-is-who der Berliner Netzszene lesen: Digital Pioneers, Hasso Plattner Ventures, Holtzbrinck Ventures, Kite Ventures und Tengelmann Ventures. Die Entwicklung verlief in gewohnt rasantem Tempo: Im August 2011 ging mit dem Distributor HitFox Game Deals GmbH das erste hauseigene Gewächs an den Start, im Februar 2012 kaufte Beckers Team das Marketingnetzwerk HitFox ad2games GmbH. Ein Jahr nach Gründung beschäftigte die HitFox-Gruppe bereits 50 Mitarbeiter, seit dem Launch von HitFox AppLift GmbH und HitFox App Discovery GmbH (Game Finder) im August dieses Jahres sind es 70.

Talent statt Erfahrung

Zur Geschäftsführung des Inkubators zählen neben Beckers die Mitgründer Dr. Hanno Fichtner, ein ehemaliger McKinsey-Berater, und Tim Koschella, der u.a. bei lecturio.de und mysportsgroup.com Erfahrung als Internetunternehmer gesammelt hat. Das übrige Team ist bunt und international: Über die Hälfte der Mitarbeiter sind nicht aus Deutschland, sagt Beckers, „wir recruiten in ganz Europa, in den USA und sogar in Indien.“ Wichtiger als die Erfahrung der meist noch sehr jungen Mitarbeiter ist ihm ihr Talent. „Ich habe es ja selbst erlebt: Wer früh mit Top-Leuten zusammenarbeitet, wächst jeden Tag und entwickelt sich sehr schnell“, ist der Serial Entrepreneur überzeugt. Außerdem setze er auf die Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen, über 60% des Teams halten auch Firmenanteile, erklärt Beckers: „Wir suchen Mitunternehmer, die später weitere Unternehmen aufbauen wollen.“

Der Traum vom Social Entrepreneur

Das will auch Beckers selbst nach wie vor: „Es macht mir einfach Spaß, Visionen umzusetzen und Dinge aufzubauen.“ Dabei denkt er heute über den Tellerrand der Internetwirtschaft hinaus. „Jedes weitere erfolgreiche Internetunternehmen erweitert meinen zukünftigen Handlungsspielraum. In einigen Jahren will ich die hierbei gemachten Erfahrungen nutzen, um als Unternehmer soziale Probleme von globaler Relevanz zu lösen.“ Doch zunächst komme HitFox an erster Stelle. Auf dem Rückweg durchs Büro, durch das Wirrwarr an Kisten und Computern, verrät er es dann doch noch: Einmal sei eine seiner Ideen nicht aufgegangen: Mit Studienfreunden wollte er damals in Münster auch eine Kneipe aufziehen. „Geld haben wir zwar nicht verbrannt, aber es lief nicht besonders gut, und wir mussten einsehen, dass es die Mühe am Ende nicht wert war.“ Das war aber auch das einzige Mal, dass Beckers aufgegeben hat.