Besser offen als still

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Arten der Beteiligung

Letztlich kommen nur zwei Beteiligungsformen in Betracht: Die offene Eigenkapitalbeteiligung als Mitgesellschafter oder die des mezzaninen Kapitalgebers, wofür Nachrangdarlehen, Genussrechte oder typisch stille Beteiligungen klassische Beispiele sind. Die dritte, hier nicht weiter untersuchte Variante ist die Kombination von offener und mezzaniner Beteiligung. Den rein mezzaninen Lösungsweg hatte bereits einmal das im Mai 1999 u.a. vom Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) gemeinsam mit der tbg Technologie Beteiligungsgesellschaft mbH herausgegebene Mustervertragswerk beschritten, das die Beteiligung des Business Angel im Wege eines (verbrieften) Genussrechts empfahl. Dieses Genussscheinmodell entpuppte sich, da zu komplex, in der Praxis als untauglich, und gerade auch als Hemmnis in weiteren Finanzierungsrunden. Es ist kaum anzunehmen, dass es dem neuerdings für Business Angels propagierten Modell der stillen Beteiligung anders ergehen wird. Denn es gehört schon einiger vertraglicher Gestaltungsaufwand dazu, die Rechtsstellung eines Mezzanine-Gebers, der nicht Gesellschafter ist, vertraglich so zuzuschneidern, dass er sich wie ein Gesellschafter stellt. Der Maßanzug ist das falsche Bekleidungsmittel, wenn das Ziel die Einfachheit ist.

Nachteile des stillen Beteiligungsmodells

Als Gründe für das stille Beteiligungsmodell werden angeführt, dass es im Verhältnis zu Gründern unangemessen erscheine, dass ein mit wenigen Prozentpunkten beteiligter Business Angel über weitgehende Zustimmungs- und damit Vetorechte verfüge; ferner wird auf den strukturellen Vorrang mezzaninen Kapitals, das handelsbilanziell stets als Verbindlichkeit auszuweisen ist, vor Eigenkapital verwiesen. Beide Argumente erscheinen nicht überzeugend:

•           Es entspricht dem unternehmerischen Naturell des Business Angels, dass er „mit ins Boot steigt“: Er will im Zweifel in wesentlichen Fragen Mitspracherechte haben, ist andererseits aber auch bereit, sein Geld als Haftkapital zur Verfügung zu stellen und Mitverantwortung zu tragen. Er ist nicht derjenige, der von außen zuschaut. Daher geht es bei der Ausgestaltung seiner Beteiligung im Grunde auch um sein Selbstverständnis.

•           Wer Mitverantwortung trägt, will auch in wesentliche Entscheidungen eingebunden werden und mitbestimmen. Dies bedeutet nicht, dass sich Business Angels in alle Facetten des täglichen Geschäfts einmischen. Bei grundsätzlichen Weichenstellungen ist dies aber anders. Hier sind auch die Gründer gut beraten, wenn sie sich auf die Erfahrung und den professionellen Rat eines Business Angels verlassen. Mitspracherechte dürfen von Gründern und dem Management nicht als Hemmnis missverstanden werden, sondern als Schutz vor übereilten Entscheidungen. Die Diskussion über kritische Fragen ist immer heilsam.

•           Der strukturelle Vorrang mezzaninen Kapitals ist nur ein scheinbarer Vorteil. Denn mezzanines Kapital ist immer mit einem Nachrang im Verhältnis zu Gläubigern der Gesellschaft (daher „mezzanine“) verbunden. Um eine Passivierung in der Überschuldungsbilanz auszuschließen, muss überdies ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart werden, der den mezzaninen Kapitalgeber mit seiner Forderung auf Rückzahlung seines Kapitals auf die Ebene der Gesellschafter stellt. Dementsprechend wird der Business Angel meist ohnehin auf die Vereinbarung eines Vorrangs im Verhältnis zu den Gründungsgesellschaftern angewiesen sein.

Hinzu kommen aber auch noch folgende weitere entscheidende Gesichtspunkte:

•           Nur der Gesellschafter hat direkte Mitspracherechte und kann durch ein Zustimmungsrecht bei bestimmten Gesellschafterbeschlüssen das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses verhindern. Ein ohne Zustimmung eines mezzaninen Kapitalgebers gefasster Beschluss ist hingegen wirksam und stellt, als Vertragsverletzung, möglicherweise einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Die Drohung mit der Kündigung ist aber ein schwaches Mittel, da, im Hinblick auf den Nachrang, in der Regel kein durchsetzbarer Rückzahlungsanspruch besteht.

•           Mezzanines Kapital ist stets – entsprechend dem übernommenen Risiko – hoch verzinst. Den Zinsaufwand kann das junge Unternehmen nicht verkraften, weshalb meist eine Stundung vorgesehen wird, doch ändert dies nichts am Anfall der Zinsen und der diesbezüglichen Schuld. Andererseits nimmt aber nur der offen beteiligte Gesellschafter an der Wertsteigerung des Unternehmens teil, sofern nicht die stille Beteiligung atypisch so ausgestaltet wird, dass dem mezzaninen Kapitalgeber auch das Recht zur Teilhabe an einer Wertsteigerung eingeräumt wird.

•           Die atypische Ausgestaltung der stillen Beteiligung führt aber dazu, dass steuerlich hieraus resultierende Einkünfte gewerblich qualifiziert und entsprechend besteuert werden. Für vermögensverwaltende Investmentformen kann dies Gift sein, da sie hiermit insgesamt gewerblich infiziert werden. Die steuerlichen Privilegien, die (derzeit) aufgrund des § 8b Abs. 2 KStG für Business Angel-Beteiligungsvehikel in Form einer Kapitalgesellschaft (Veräußerungserlöse aus dem Verkauf einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind zu 95% steuerfrei) oder auch bei privat gehaltenen Beteiligungen aufgrund des Teileinkünfteverfahrens bestehen, gelten hier nicht.

•          Gerade auch aus Sicht des Unternehmens ist es geboten, dass es angemessen mit Eigenkapital finanziert ist. Im Fall einer offenen Beteiligung des Business Angels kann diese durch die Mittel des ERP-Startfonds, der stets pari passu investiert, zu einer Spiegelung, d.h. Verdoppelung des Eigenkapitalbeitrags des Business Angels führen.

•           Mezzanine Beteiligungsformen in Frühphasen sind, ausgenommen die „klassischen“ mezzaninen Finanzierungsinstrumente „öffentlicher“ Frühphaseninvestoren, für Folgefinanzierungsrunden störend. Denn hier treten stets Eigenkapitalgeber auf, die ihnen strukturell vorgehende Finanzierungsformen von Business Angels grundsätzlich nicht zu tolerieren bereit sind. Spätestens dann wird daher in der Praxis diese Finanzierungsform für Business Angels ihr Ende finden.

Ausgestaltung der offenen Beteiligung

Die offene Beteiligung in der Frühphase erfolgt schlicht durch einen Kapitalerhöhungsbeschluss. Selbst wenn hier der Business Angel der Gesellschaft ein über die Nominaleinlage hinausgehendes Investment als Agio zusagt, ist es bei der GmbH möglich, dieses Eigenkapitalinvestment an das Erreichen bestimmter Meilensteine zu koppeln; denn das Vor- und Volleinzahlungsgebot der AG gilt hier nicht. Bestimmte Zustimmungsrechte, aber auch eine Liquidationspräferenz können und sollten, da sie hiermit für alle (auch künftigen) Gesellschafter bindend festgeschrieben werden, in der Satzung verankert werden. Gleiches gilt, um einen einseitigen Ausstieg aus der Gesellschaft zu verhindern, für die Vinkulierung von Geschäftsanteilen dadurch, dass ihre Übertragung an die Zustimmung der übrigen Gesellschafter gebunden wird, § 15Abs. 5 GmbHG. In dieser Frühphase genügt dies. Verfeinerungen durch Vorerwerbs-, Mitveräußerungsrechte oder auch -pflichten, deren Beachtung vertraglich meist zu einer Zustimmungspflicht führt, sind hier nicht geboten. Das Gründerteam und der Business Angel sollten fest zusammengeschweißt sein; niemand sollte ohne die Zustimmung des jeweils anderen aussteigen können.

Standardvertrag zugänglich

Letztlich kann man daher in dieser Frühphase sogar auf einen Beteiligungsvertrag ganz verzichten. Es würde allein die entsprechende Ausgestaltung der Satzung an einigen wenigen Punkten genügen. Dennoch kann, wer will, auf das im Anhang zur 4. Auflage meines VC-Handbuchs eingestellte Standardbeteiligungsvertragswerk für Business Angels zurückgreifen, das dort für jedermann zugänglich ist und eine Spiegelung durch den ERP-Startfonds abbildet.