Der Wandel des chinesischen IPO-Regimes

PantherMedia / yuanyuan xie

Als eine der Hauptursachen für die vierzehnmonatige Schließung des IPO-Marktes wurde das Scheitern des geplanten Börsengangs von Guangdong Xindadi Biotechnology gesehen. Das Unternehmen hatte bereits die komplette Prüfung durch die CSRC überstanden und stand kurz vor dem IPO, als plötzlich Gerüchte über gefälschte Bilanzen auftauchten. Innerhalb weniger der Tage blies die CSRC den geplanten Börsengang wieder ab, straffte zunächst die Prüfungen und schloss schließlich die Möglichkeit eines Börsengangs Anfang 2013 komplett. Über achthundert Unternehmen standen 2013 auf der Warteliste der CSRC, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, via IPO neues Kapital zu generieren. Das Scheitern von Xindadi ist aber auch ein Beleg für das Scheitern des IPO-Bewilligungsprozesses durch die CSRC gewesen.

Korruptionsanfälliges System

Der lange Weg zum Börsengang wurde komplett von ihr kontrolliert – alle entscheidenden Fragen lagen in den Händen der staatlichen Regulierungskommission: Sie legte ebenso den Ausgabepreis wie das Zeitfenster für den Börsengang fest. Zwar galten strenge Regeln und Prüfungsvorschriften und auch haften die Anwälte und Buchprüfer der CSRC persönlich, falls ihnen betrügerische Bilanzen nicht auffallen, dennoch lies dieses System natürlich großen Raum für Korruption – insbesondere in einem Land wie China, in dem die persönlichen Beziehungen ein viel bedeutendere Rolle als im Westen spielen (Stichwort: Guangxi). Oft genug geraten die institutionellen und rechtlichen Verpflichtungen und Aufgaben in Vergessenheit, wenn die Protagonisten eine langjährige und intensive Bekanntschaft pflegen.

Neue Ära, neue Regeln

In der Folge des Skandals um Xindadi wurde die Führung der CSRC ausgetauscht. Als die Kommission im Januar 2014 die Pforten für Börsengänge wieder öffnete, ging damit auch eine deutliche Änderung des Regulierungsprozesses einher: Mehr Markt war das Motto. Die Preisfindung wurde mehr den Marktmechanismen überlassen und die Unternehmen sowie die größten Anteilseigner zu mehr Transparenz verpflichtet. Regelmäßige Berichte über mögliche Anlagerisiken sind nun obligatorisch, und sollte sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder der maximale Ausgabepreis deutlich von denen der im Zweitmarkt gelisteten Peergroup unterscheiden, sind weitere öffentliche Erklärungen notwendig. Ebenso wird das Management künftig darauf verpflichtet sein, eigene Anteile nach einer Halteperiode von zwei Jahren nicht unterhalb des Ausgabepreises zu veräußern. Und nicht zuletzt bedarf es für einen Börsengang außerhalb Chinas keiner Erlaubnis durch die CSRC mehr. Die neuen Regeln wurden insgesamt als Schritt in die richtige Richtung aufgefasst. „Bisher entschied primär der Staat, welche Unternehmen Erfolg hatten und welche nicht. Allzu oft hat dies mit der realen wirtschaftlichen Situation der Unternehmen wenig zu tun. Diese Entscheidung künftig dem Markt überlassen zu wollen, ist sehr vernünftig“, so Biao Chen, Chairman von Jinjiang Venture Capital.

Sektlaune brach zu früh aus

Im Zuge der Neuregulierung  feierten im Januar und Februar 2014 insgesamt 48 Unternehmen ihren IPO in China – deutlich mehr als in den USA oder Hongkong. Die Börsengänge hatten insgesamt ein Volumen von 5 Mrd. USD. Es herrschte Feierlaune und zahlreiche Analysten prognostizierten bereits das erfolgreichste Jahr für Chinas Venture Capital-Szene: Mehr als 40 Mrd. USD sollten in diesem Jahr eingesammelt werden, so lauteten die Vorhersagen. Entsprechend lang waren die Gesichter, als im März und April keine neuen Börsengänge nachfolgten. Die CSRC hatte die Ampeln wieder auf rot gestellt. Dieser Schritt zeigt, dass die CSRC ihre neuen Regeln selbst als einen Lernprozess begreift. Es galt, einige Schlupflöcher in den Bestimmungen zu stopfen und auch überhaupt erst einmal zu evaluieren, wie die neuen Regeln wirkten. Zudem erschien die Marktsituation den Regulierern wohl für weitere Börsengänge ungünstig.