Acht Fragen an Sandra Leonie Ritter, Leondra Music

VC Magazin: Was verbirgt sich hinter der Businessplattform Leondra music (www.leondra-music.de), die Sie 2009 in dieser Form ins Leben gerufen haben?

Ritter: Die Leondra music Businessplattform ist das Herzstück unseres Cloud-based Booking and Rights Management Services.
Mit Leondra music können Musiker und Kreative ihr Geschäft und ihre Kundenbasis bzw. Fans einfach und effizient organisieren.
Unabhängig von der Weiterentwicklung der Vergütungsmodelle von digitalen Produkten, kann ein Musiker (wie auch ein Künstlermanager) alle wesentlichen geschäftlichen Schritte und somit auch die Umsatzströme besser managen – von der Auftrittsakquise über digitale Musikverkäufe bis hin zu Vermarktungsdeals mit Industriekunden im Bereich Consumer Products.

VC Magazin: Was hat dazu geführt, dass Sie von der Saxofonistin den Weg zur Unternehmerin gegangen sind?

Ritter: Ich lernte, dass Musiker während ihrer Ausbildung nicht auf die Realität des Berufsalltags vorbereitet werden. Also beschloss ich 2009 meine Lehrtätigkeit niederzulegen und den jungen Nachwuchstalenten eine echte Alternative zu bieten: reale Auftritte und die Möglichkeit, sich frühzeitig schrittweise eine digitale Reputation über Social Feedback-Funktionen und Referenzen von bisherigen Auftraggebern aufzubauen und die eigene Fan-Basis für den Karriereaufbau zu nutzen.

  Das Konzept und die Umsetzung der Businessplattform entstanden aus meinen persönlichen Erfahrungen und wurden im Dialog mit den ersten Pilotkunden weiterentwickelt. In meinem näheren Umfeld erfuhr ich, dass Musiker auch schon mal um ihre Gage geprellt wurden und oftmals Deals mit Werbekunden nicht zustande kommen, weil der Verlag bzw. das Label konträre Ansichten bzgl. Verwendung und Verwertung von Musikstücken haben. Der Leidtragende dabei ist der Künstler bzw. Kreative, um dessen Werk oder Person es eigentlich geht.

Diese Gründe bewogen mich, einen Cloud-basierten Service für Booking und  Rechte-Management ins Leben zu rufen und Konzepte für innovatives, auf Musik und Emotionen basierendes Marketing im B2B- und B2C-Segment zu entwickeln. Im Übrigen trete ich auch heute noch auf 😉

VC Magazin: Gibt es Unternehmer, die sie als Vorbilder oder Idole sehen?

Ritter: Großen Respekt habe ich vor Leuten, die Visionen haben und mit Mut und Ausdauer etablierte Industriebranchen mittels der sich ergebenden technologischen Fortschritte und daraus resultierenden sich verändernden Kundenbedürfnissen neu erfinden wollen.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen auf dem Weg zum Unternehmer würden Sie erneut treffen?

Ritter: Das frühzeitige Einbeziehen von Pilotkunden – auch wenn ich selbst aus der Branche komme – war wichtig und richtig. Nur so hat man einen Kompass für sich selbst, das Team, die Kunden und die Geschäftspartner. Damit wird man partnerfähig und kann sich schrittweise eine Positionierung im Markt erarbeiten und gemeinsam mit bereits etablierten Partnern skalieren.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Konnten Sie schon schmerzhafte Erfahrungen sammeln, aus denen Sie besonders viel gelernt haben?

Ritter: Man braucht ständiges und offenes Feedback im Team. Die persönliche Verarbeitung des Gelernten durch Anpassung der Verhaltensweisen und Entscheidungskriterien sind ebenso zwingend wie regelmäßige Soll-Ist-Vergleiche und Reflexionen, um bei der Suche nach dem erfolgreichen Geschäftsmodell und bei der Umsetzung desselben vor den Mitbewerbern ins Ziel zu laufen.

Als Musiker arbeitet man meist mit verschiedenen Formationen projektweise zusammen und kennt die Festanstellung nicht. Für mich als Unternehmerin war es eine schmerzliche Erfahrung, zum ersten Mal jemanden entlassen zu müssen, weil das Wachstum noch nicht stark genug einsetzte und ich die Burnrate zu früh hochgezogen hatte.

Man kann den bekannten Spruch, dass „man überschätzt, was man in fünf Jahren erreichen kann und unterschätzt, was in zehn Jahren erreichbar ist“, gar nicht oft genug wiederholen.

VC Magazin: Ursprünglich haben Sie in Cottbus gegründet, sind dann aber nach Mannheim gezogen. Wieso nicht das kreativ brodelnde und viel nähere Berlin, sondern das vergleichsweise beschauliche Rhein-Neckar-Dreieck?

Ritter: Mein Mitstreiter Peter Reuschel und ich lernten uns über seine damalige Tätigkeit als Gründer und Vorstandsvorsitzender der InterComponentWare AG (www.icw-global.com) kennen. Er wollte sein komplexes Produkt LifeSensor im B2C-Segment und seine anderen Produkte im B2B-Segment vermarkten und dies über Persönlichkeitsmarketing unterstützen. Sein Zielsegment war meine Fangemeinde. Das Konzept ging auf. Die Idee der Leondra war geboren – und Peter Reuschel wurde mein Business Angel. Da er aus Cottbus stammt und dort gut vernetzt ist, lag eine Gründung in Cottbus nahe. Seinen beruflichen Schwerpunkt hatte er jedoch im Rhein-Neckar-Dreieck, welches um 2004 auch gerade dabei war mit der Ansiedlung der Popakademie und weiterer Netzwerkstrukturen im Musikbereich ein adäquates Umfeld aufzubauen. Der Hype um die neue innovative Szene in Berlin – gerade in den letzten beiden Jahren – ist aber beeindruckend. Leondra wird perspektivisch dort zu finden sein, wo man Innovation lebt und atmet.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?

Ritter: 1) Gemini (www.geminiplatform.com), Issue & Bug Tracker inklusive Ticketing, Testing & QA, haben wir in unseren Entwicklungsprozess integriert. 2) Mit airberlin (www.airberlin.com) kann ich Flüge buchen, einchecken und Tickets auf dem iPhone abspeichern. 3) myTaxi ( www.mytaxi.net) macht das Ordern eines Taxis leicht. 4) Mit SoundHound (www.soundhound.com) kann man einen Song identifizieren durch singen, summen, ans Radio halten oder Titel bzw. Interpret eintippen und anschließend samt Lyrics downloaden und weiterempfehlen. 5) Mit Vooh! (www.stroeer.de) kann man 3D- bzw. Kultur-Plakate fotografieren und direkt dazugehörige Tickets kaufen.

VC Magazin: Wie sehen die Planungen für Leondra music und Ihre unternehmerische Zukunft aus?

Ritter: Für die nähere Zukunft planen wir die Überführung in eine Kapitalgesellschaft und eine Finanzierungsrunde, um die aktuellen Wachstumschancen nutzen zu können. Langfristig wollen wir ein international standardisiertes, zeitgemäßes Rechtemanagement etablieren, welches den Kreativen über professionelle Tools die Möglichkeit gibt, sich selbst und ihre Musik erfolgreich „direct to consumer“ zu vermarkten und individuell zu lizenzieren.  Meine Vision ist, die Businessplattform der Kreativen zu werden, sowohl national als auch international.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

Das Gespräch führte Torsten Paßmann.

Zur Gesprächspartnerin
Sandra Leonie Ritter hat in München Musik studiert und führte nebenbei eine eigene Saxophon-Schule. Nach ihrem Abschluss wurde sie selbständige Dozentin an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Ihre Erfahrungen im Musikbusiness führten 2009 dann zur Gründung von Leondra music (www.leondra-music.de)