Interview mit Dr. Alexander von Frankenberg, High-Tech Gründerfonds

VC Magazin: Wie hat sich der Standort Deutschland in den letzten zehn Jahren, in denen der HTGF aktiv ist, gewandelt?
v. Frankenberg: Die deutsche Venture Capital-Szene hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Sie ist heute über alle Phasen hinweg deutlich vitaler. In der Seed-phase beispielsweise ist eine Vielzahl neuer Business Angels in den Markt gekommen, dazu gibt es eine Reihe von Venture Capital-Fonds, die hier investieren. Im Bereich der ersten und zweiten Finanzierungsrunden sind insbesondere die ausländischen Wagniskapitalgesellschaften zu nennen, die verstärkt nach Deutschland kommen. Darüber hinaus wagen sich mehr und mehr Business Angels auch in diese Phase vor. Dazu sehen wir eine zunehmende Aktivität von Konzernen, die sich an Start-ups beteiligen – sei es über einen Corporate Venture Capital-Arm oder direkt aus der Bilanz. Ein wichtiger Treiber dieser vitalen Wagniskapitallandschaft sind die Erfolge bei den Exits, die man in den letzten Jahren sehen konnte. Der wichtigste ist sicherlich der Börsengang von Zalando.

VC Magazin: Welche Veränderung sehen Sie aufseiten der Gründer?
v. Frankenberg: Auch bei den Gründern lässt sich eine zunehmende Professionalisierung beobachten. Die Businesspläne sind heute deutlich besser ausgearbeitet als noch vor zehn Jahren. Außerdem ist die Zahl der Gründer deutlich gestiegen. Als Indikator dafür sehen wir unseren Dealflow, der sich seit 2006 ca. verfünffacht hat. Dazu kommt, dass sich erfreulicherweise auch die Zahl der Serial Entrepreneure deutlich erhöht hat.

VC Magazin: Daniel Gutenberg monierte auf der GrowthCon 2015, dass sich in Deutschland viele Gründer nach einem Exit aus der Rolle des Entrepreneurs zurückziehen und sich auf die des Business Angels konzentrieren würden. Dadurch ginge viel Wissen um den erfolgreichen Aufbau von Unternehmen verloren. Sehen Sie diese Gefahr auch?
v. Frankenberg: Man könnte dieser Aussage entgegenhalten, dass wenn ein Gründer sich als Business Angel engagiert, er sein Know-how nicht nur in ein Unternehmen einbringt, sondern in zehn und dadurch das Wissen um den erfolgreichen Aufbau eines Start-ups sogar multipliziert. Sicherlich ist die Aussage korrekt, dass eine Reihe von Entrepreneuren Business Angels werden, aber es gibt auch viele, die nach einem Exit noch mehrere Male gründen.

VC Magazin: Laut dem KfW Gründungsmonitor war die Zahl der Vollzeitgründungen zuletzt rückläufig, die Teilzeitgründungen dagegen sind gestiegen. Welche Ursachen sehen Sie für diese Entwicklung? 
v. Frankenberg: Die Zahlen muss man detailliert betrachten, da sie alle Gründungen in Deutschland berücksichtigen. Im Tech-Bereich ist diese Entwicklung unserer Auffassung nach nicht zu sehen. Auch hier kann ich nur wieder auf unseren Dealflow verweisen: 2006 lag er bei 80 pro Quartal, heute haben wir ca. 400 pro Quartal. Diese Entwicklung kann nur daran liegen, dass er deutlich mehr Start-ups gibt. Daher sind auch die Aussagen in der Presse, es gäbe weniger Gründungen, für den Tech-Bereich nicht zutreffend.