Interview mit Stan Sugarman, Gruner+Jahr

VC Magazin: Medienhäuser stehen in den letzten Jahren vor der Herausforderung, die digitale Welt zu erschließen. Welche Rolle spielt für Gruner + Jahr dabei die Beteiligung an Start-ups?
Sugarman: Die Digitalisierung bei Gruner + Jahr ist auf einem sehr guten Weg. Sie beruht auf drei zentralen Säulen: Zum einem treiben wir den Aufbau von „Communities of Interest“, also Titel-, Website- und Produkte-Clustern in Interessensgebieten, in denen wir mehr über Themen, Leser und User wissen und über mehr Inhalte verfügen als andere, voran. Um diese Inhalte herum werden wir zukünftig vier Geschäftsmodelle betreiben: Werbevermarktung, Paid Content, Paid Services und Commerce. Die zweite Säule ist die weitere Digitalisierung unseres Kerngeschäfts, also insbesondere die Überführung unserer Inhalte in digitale Formate, wie u.a. Apps und Paid Content. Die dritte Säule ist der Ausbau der digitalen Vermarktung mit Performance und Mobile.
Insgesamt ist es unser Ziel, in Zukunft einen deutlich höheren Anteil unserer Umsätze mit digitalen Geschäftsmodellen zu erwirtschaften. Start-ups spielen dabei in dem Moment eine wichtige Rolle, wo sie mit ihren Geschäftsmodellen unsere inhaltlichen Kernkompetenzen ergänzen und für Gruner + Jahr dadurch ein Wettbewerbsvorteil entsteht. Im Gegenzug können die Jungunternehmen von dem Zusammenspiel mit unseren starken Medienmarken, unserem starken Netzwerk und dem professionellen Prozessmanagement im Hintergrund profitieren.

VC Magazin: Sie haben auf der Next-Conference vom Umbau des Verlags im Digitalbereich gesprochen. Was können große Unternehmen bei einer solchen Neuausrichtung von Start-ups lernen/sich abschauen?
Sugarman: Wir können eine Menge lernen. Start-ups passen aufgrund ihrer flachen Entscheidungshierarchien und übersichtlichen Strukturen ihre Geschäftsmodelle sehr schnell an neue technische Entwicklungen an. Wir können uns davon abschauen, wie man durch den Einsatz von State-of-the-Art-Technologien und entsprechender Vernetzung an Beschleunigung gewinnen kann. Dabei muss einem aber bewusst sein, dass man einen Verlag zwar in einem gewissen Rahmen verändern und schneller machen kann, aber er wird mit seinen naturgemäß komplexen Strukturen und Prozessen kein Start-up werden können – das ist auch gar nicht notwendig. Durch Partnering-Modelle zwischen großen Unternehmen und Start-ups kann man eine für beide Seiten profitable Symbiose schaffen – allerdings muss man den Start-ups dabei genug Luft zum Atmen lassen und darf sie in ihren Möglichkeiten nicht „erwürgen“.