„Cleantech-Fonds für die EU und Russland“

VC Magazin: Mit ihrem Wachstumskapitalfonds Tatarstan Cleantech Fund wollen Sie in europäische Cleantech-Unternehmen investieren, deren Produkte für den russischen Markt relevant sind. Welche Technologien fallen in diese Kategorie?

Wermuth: Dazu gehören schon ganz einfache Technologien, die hierzulande bereits alltäglich sind, z.B. energieeffiziente Baumaterialien, Müllverarbeitungstechnologien oder einfach nur Deckel für offene Kühltruhen. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt verbraucht Russland laut der Internationalen Energieagentur elfmal so viel Energie wie Deutschland, sechsmal so viel wie Kanada. Wenn das Land flächendeckend die in Deutschland schon lange übliche Umwelttechnologie einsetzen würde, könnte die CO2-Emission jährlich um 1.000 Megatonnen reduziert werden. Mit dem zunehmenden Wachstum Russlands wird das Problem in Zukunft noch dringlicher.

VC Magazin: Welche Investmentkriterien legen Sie an?

Wermuth: Wir investieren in Umwelttechnologie-Firmen in der EU, vor allem in Deutschland und den Beneluxländern. Die Technologien der Portfoliounternehmen müssen einen Mehrwert für den russischen Markt bieten, das Management sollte ein Interesse an einer Expansion in diese Region haben. Was mögliche Zielbranchen betrifft, konzentrieren wir uns vor allem auf die Bereiche Energieeffizienz, Energieerzeugung und -speicherung, also Geothermie, „grüne“ Chemie, Landwirtschaft (Biomasse) sowie Wasseraufbereitung.

VC Magazin: Müssen die von Ihnen finanzierten Unternehmen nach Russland gehen?

Wermuth: Nein, nicht zwingend. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Firmen Umweltprodukte anbieten, für die es aus unserer Sicht in Schwellenländern ein gutes Marktpotenzial gibt. Die Investitionsstrategie des Fonds ist es sozusagen, Volkswagenaktien zu kaufen, schon bevor Volkswagen begann, den russischen, chinesischen oder brasilianischen Markt zu erobern.

VC Magazin: Als Cornerstone-Investor hat sich die Republik Tatarstan über ihren Staatsfond SINEK mit 100 Mio. EUR am Fonds beteiligt. Welche Vorteile verspricht sich Tatarstan von dem Investment?

Wermuth: Die entwicklungspolitischen Ziele Tatarstans sind nachhaltiges umweltfreundliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen für seine hoch qualifizierte Bevölkerung. Dabei spielen ausländische Investitionen eine Schlüsselrolle. Diese will Tatarstan aber nicht erzwingen, sondern durch günstige Rahmenbedingungen stimulieren. Deshalb bietet die Republik den Anlegern des Fonds auch durch eine doppelte Preferred Return-Regelung höchst attraktive Konditionen: Sie erhalten eine Vorzugsrendite undeine Verlustgarantie: Bei schlecht laufenden Projekten in Tatarstan bekommen die Fondsinvestoren selbst bei einem Verlust auf Projektebene von bis zu 50% noch 100% ihres Geldes zurück – SINEK würde in diesem Fall dagegen leer ausgehen. Bei gut laufenden Projekten bekommen Fondsinvestoren das Doppelte ihrer Beteiligung zurück bevor Tatarstan auch nur einen Cent in Anspruch nimmt.

VC Magazin: Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Susanne Gläser.

Zum Gesprächspartner
Jochen Wermuth ist CIO und Managing Partner der Wermuth Asset Management GmbH (www.wermutham.com). Die Gesellschaft mit Hauptsitz in Wiesbaden und einer Niederlassung hat sich Investment Adviser auf Osteuropa spezialisiert.