Mit Venture Capital zur Konzerntochter

intelliAd
Die intelliAd-Software ermittelt situationsgenau das optimale Gebot, mit dem Werbetreibende die bestmögliche Positionierung bei minimalen Kosten erreichen können.

Flug unter dem Radar

Wolfhart Fröhlich gibt sich bescheiden. „Wir sind lange Zeit bewusst unter dem Aufmerksamkeitsradar geflogen“, sagt er. Und: „Wir haben im Grunde nie gezielt nach einem Käufer gesucht.“ Mit beidem ist es indes spätestens seit Anfang Juli vorbei: Zu diesem Zeitpunkt übernahm die Deutsche Post den 2007 von Tobias Kiessling und Mischa Rürup gegründeten Online-Marketing-Spezialisten intelliAd Media GmbH, dem Fröhlich seit 2009 als CEO vorsteht.

Gezieltes Bid Management und genaues Multichannel Tracking

IntelliAd hat sich auf das sogenannte Bid Management spezialisiert: Die Werbeschaltung in Suchmaschinen, erklärt Fröhlich, erfolgt über Auktionen, bei denen sowohl das Gebot pro Keyword als auch eine Vielzahl weiterer Faktoren über die Platzierung in den Suchergebnissen entscheiden. Die intelliAd-Software ermittele situationsgenau das optimale Gebot, mit dem Werbetreibende die bestmögliche Positionierung bei minimalen Kosten erreichen könnten. Entstanden sei die Grundidee, als Kiessling und Rürup schon während des Studiums an der Universität Karlruhe erkannten, dass sich mit gezieltem Bid Management auch Arbitrage-Effekte heben lassen. Aus der „anfänglichen Spielerei“, sagt Fröhlich, sei längst eine komplexe Plattform geworden, die mit eigenem Multichannel Tracking die „Optimierung aller Online-Kanäle“ ermögliche – bis hin zur Nachzeichnung der „Customer Journey“, dem Weg des Kunden vom ersten Klick auf die Werbung bis zum Kauf.

Kein alltäglicher Deal

Die ersten Etappen der Software-Entwicklung hatten die intelliAd-Gründer noch aus eigener Tasche bezahlt. Erst als im Frühsommer 2008 der Schritt zum Produkt anstand, ging das Team auf Investorensuche. Kontakte gab es etliche – doch die Finanzkrise bremste das Tempo zunächst. Gleichwohl waren im April 2009 die Impera Total Return AG und der Fonds Venturecapital.de von Gründern und Software überzeugt genug, um die Weiterentwicklung von intelliAD zu finanzieren. Mit dem Weiterverkauf an die Post sind die Venture Capital-Geber nun hochzufrieden. „Eine Transaktion und ein Käufer dieser Größenordnung sind nicht alltäglich“, betont Malte von der Ropp, der bei Corporate Finance Partners das Investment des Venturecapital.de-Fonds in intelliAd betreut hatte. Zu den Details des Deals schweigen alle Beteiligten. Allein Fröhlich lobt den neuen „finanzstarken und neutralen Partner“, mit dem rasantes Wachstum in einem rasant wachsenden Markt möglich werde.

Langsame Annäherung

Mit ihrer Spezialisierung auf die Suchmaschinenwerbung passte die intelliAd genau in die Online-Marketing-Strategie der Post. Zuvor hatte sich der gelbe Riese bereits die Targeting-Plattform nugg.ad und den Performance Marketing-Spezialisten Adcloud einverleibt. Gleichwohl, erzählt Fröhlich, dauerte der Annäherungsprozess fast zwei Jahre. Schließlich war das intelliAd-Team ohnehin erst im Frühjahr 2009 mit seinem Produkt offensiv an die Öffentlichkeit getreten. „Die Entwicklung sollte weitestgehend abgeschlossen sein, das Produkt solide laufen“, sagt Fröhlich. Der Grundsatz Gründlichkeit vor Schnelligkeit gelte – bei aller Dynamik, die der Markt erfordere – noch heute. Im August 2010 ergab sich der erste Kontakt zum für die Online-Marketing-Strategie zuständigen Manager der Post. In der Zeit bis zum Vertragsschluss hatten beide Seiten „sicherlich vieles abzuwägen“, sagt Malte von der Roop.

„Gallisches Dorf“

Auch Fröhlich beschreibt gemeinsame „Annährungs- und Lernprozesse“ sowie ein „intensives Beschnuppern“. Zum einen, weil es sich bei dem, was intelliAd jetzt in den Konzern einbringt, um ein „technisch sehr tiefes Thema“ handele. Zum anderen, sagt Fröhlich, hatten die Gründer „natürlich“ Bedenken um ihre Eigenständigkeit und die Flexibilität, die den intelliAd-Alltag bislang ausgemacht habe. Die aber haben sich, betont Fröhlich, in Wohlgefallen aufgelöst: „Mit den beiden anderen Online-Spezialisten sind wir so etwas wie gallische Dörfer im großen gelben Reich“, sagt er schmunzelnd. Auch als 100-prozentiges Tochterunternehmen der Post kann und soll intelliAd mit der bestehenden Führung und Belegschaft weiterhin unabhängig und selbstständig agieren.

Schub für Wachstum

Dass mit den Ressourcen des Konzerns die Entwicklung jetzt deutlich beschleunigt werden soll, liegt auf der Hand. Das gilt sowohl personell – war das intelliAd-Team von der Gründung bis zur Übernahme durch die Post „relativ organisch“ auf 50 Mitarbeiter gewachsen, sollen jetzt allein bis zum Jahresende 20 weitere hinzukommen – als auch für die Position im Markt. „Der Wettbewerb ist längst nicht mehr lokal, sondern international“, betont Fröhlich. Hier biete die Zugehörigkeit zum Konzern eindeutig Vorteile: „Wir werden nicht mehr als Start-up wahrgenommen.“ Das sei insofern hilfreich, als intelliAd per se mit „sehr sensiblen Daten“ seiner Kunden umgehe – die Optimierung der Online-Kanäle liefert dem Dienstleister auch Aufschlüsse über Umsätze, Margen und Roherlöse.

Ausblick

Das Kundenportfolio soll in Zukunft spürbar internationaler werden. Die entsprechende Skalierung der Plattform sei „sehr gut möglich“, betont Fröhlich. Die Technologie sei in allen Märkten prinzipiell gleich, selbst wenn sich „einige äußere Bedingungen“ unterschieden. Allein: Die Zeit, diese Märkte quasi „unter dem Radar“ zu erschließen, sei definitiv vorbei.