Chinas Hinterland und neue RMB-Fonds locken weiter mit Renditen

Große Kapitalschwemme

Die erste große Hürde beschreibt Rustom Kharegat von KPMG als ein Aufeinandertreffen von zu viel Kapital und einem relativ jungen und unentwickelten Markt. Allein im Jahre 2011 wurden rund 30 Mrd. USD an Anlagegeldern eingesammelt. Dieser gewaltigen Kapitalmenge stehen letztlich zu wenig qualitativ hochwertige Unternehmen gegenüber. Insbesondere im Bereich von über 100 Mio. USD lassen sich laut KPMG zu wenige Deals realisieren. Bleibt dieser Trend bestehen, dann müssen die Beteiligungsfonds kleiner werden. Durch die relativ großen Teams, die für das Fondsmanagement in neueren und riskanteren Märkten benötigt werden, kommen diese Fonds dann schnell unter Druck, was sich wiederum auf die Performance auswirken dürfte. In dasselbe Horn stößt Peter Fuhrmann von China First Capital. Er schätzt, dass derzeit rund 50 Mrd. USD investiert sind und weitere 50 Mrd. USD bereits eingesammelt, aber noch nicht in Unternehmen angelegt wurden. Dies wäre genug Kapital, um 6.500 chinesische Unternehmen zu finanzieren, sollte die durchschnittliche Investmentsumme weiterhin ca. 15 Mio. USD betragen.

Zu wenige Exits

In Verbindung mit dem vielen Kapital sieht Fuhrmann jedoch ein viel größeres Problem: es gibt zu wenig Exits. Normalerweise ist der klassische Exit der Börsengang. Genau der ist aber in China streng reguliert. Die China Securities Regulatory Commission (CSRC) gewährt nur ungefähr 250 Unternehmen pro Jahr das Recht auf ein IPO, in der Tendenz werden es weniger. Auch ist die Praxis der CSRC oft nicht sehr transparent. Warum bestimmte Branchen oder auch Gebiete einmal bevorzugt werden, um dann wieder hintenanstehen zu müssen, ist oft nicht leicht nachzuvollziehen. Macht man sich jedoch bewusst, dass es die Hauptaufgabe des CSRC ist, für Stabilität an den chinesischen Kapitalmärkten zu sorgen, dann lässt sich die strenge Qualitäts- und IPO-Erlaubnispolitik eher verstehen. Dies wird Investoren jedoch nicht trösten, zumal angesichts der schwachen chinesischen Aktienmärkte kaum die Aussicht besteht, dass die CSRC ihr bisheriges Verhalten in naher Zukunft ändern könnte.

IPOs im Ausland schwierig

Auch Offshore-IPOs sind schwieriger geworden. In Hongkong, dem bisher beliebtesten Ort für Börsengänge chinesischer Unternehmen, sind weitestgehend nur noch große Unternehmen willkommen. Wer nicht wenigsten 25 Mio. USD Nettogewinn ausweise kann, wird in Hongkong die Anleger nicht für sich begeistern können. In den USA ist der Markt – nicht zuletzt dank der zahlreichen Bilanzskandale der jüngsten Zeit – so gut wie tot. In den kleineren benachbarten Märkten wie beispielsweise Australien oder Korea sind die Margen, die sich bei einem IPO erzielen lassen, so gering, dass nur Firmen hierherkommen, die wirklich verzweifelt sind. Dies hat natürlich wiederum direkte Auswirkungen auf das Interesse der Investoren – schlechte Unternehmen wecken nun einmal selten Begeisterung.

Übernahmen als Ausweg?

Nun ließe sich vermuten, dass Trade Sales einen Ausweg aus dem Dilemma darstellen könnten. Dies ist schließlich auch in Europa und den USA der meistgenutzte Weg. Allerdings stellen sich in China hier einige Hürden in den Weg. Zum einen mangelt es an heimischen Käufern mit ausreichend Cash (oder Aktien als Alternativwährung), auch gibt es zahlreiche regulatorische Hemmnisse. Vor allem aber ist der unternehmerische Erfolg nur allzu oft mit dem Unternehmer selbst verbunden. Verkauft er seine Firma, fällt es dem Nachfolger meist sehr schwer, an seine Erfolge anzuknüpfen. Hierin dürfte der Hauptgrund zu sehen sein, warum sich selbst bei Verkaufsbereitschaft nur wenige Kaufwillige einfinden.

Neue Wege gehen

Der künftig am häufigsten beschrittene Weg dürften Rückkäufe sein. Nach einem gewissen Zeitraum kauft das Unternehmen die Anteile des Beteiligungsinvestors zum Einstiegspreis plus einer jährlichen Gewinnrate (IRR) von 10–20% zurück. Das ist natürlich nicht immer ganz einfach. Die wenigsten Unternehmen werden dauerhaft viel Kapital vorhalten, um einen Investor auszuzahlen. Insgesamt erscheint dies aber als ein passender Ausweg aus der Ausstiegsproblematik. Natürlich wird dies zur Folge haben, dass die durchschnittlich erzielbaren Renditen insgesamt deutlich sinken und sich nach und nach dem westlichen Niveau von ca. 10–15% p.a. annähern dürften. Ein mit zunehmender Reife des Marktes allerdings natürlicher Vorgang. Auch lässt sich darin Gutes erkennen, denn noch sehen die meisten chinesischen Unternehmer Private Equity lediglich als eine Finanzierungsmöglichkeit vor dem Börsengang. Dabei verkennen sie, dass sich das Know-how der Fonds beispielsweise in Bezug auf Risikokontrolle oder Corporate Governance durchaus zum Unternehmensvorteil nutzen lässt.

RMB-Fonds gewinnen an Bedeutung

Von den 30 Mrd. USD, die die Private Equity-Branche 2011 einsammelte, waren mehr als ein Drittel bereits in Renminbi bewertet. Dieser Trend dürfte in den kommenden Jahren noch zulegen, nicht zuletzt da die chinesische Regierung inländische Investoren gegenüber den ausländischen klar bevorzugt. Es zeigen sich jedoch große Unterschiede zwischen den RMB-Fonds und USD-Fonds. Die Teams sind weitaus größer und viel hierarchischer aufgebaut, als das bei den westlichen Pendants der Fall ist. Auch sind die Manager weniger frei in ihren Investmententscheidungen, und ein ausgeprägtes Bonussystem ist kaum vorhanden. Ob ein Deal erfolgreich ist oder nicht, wirkt sich somit kaum auf die Bezahlung der Manager aus. Für die chinesische Unternehmenslandschaft ist dieser Trend aber durchaus positiv. So stehen den Unternehmen künftig Milliarden von einheimischen RMB als Direktinvestitionen zur Verfügung.

Ab aufs Land

Darüber hinaus zeichnet sich ein weiterer Trend ab: Weg von den Zentren! In Peking, Schanghai oder Chongqing ist der Wettbewerb hart, und wirklich gute Unternehmen, die ein Investment rechtfertigen, sind rar. Aber in China gibt es 160 Städte mit einer Bevölkerung von jeweils mehr als 1 Mio. Menschen, die allesamt rasant wachsen. Hier werden sich die nächsten Investmentperlen finden lassen – übrigens haben hier die RMB-Fonds durchaus die Nase vorn. Schließlich sind sie mit dem kulturellen Umfeld weitaus besser vertraut. Für die „Provinz“ spricht auch die staatliche Förderung. Da die chinesische Regierung das Hinterland stärken will, werden derzeit von der CSRC Unternehmen aus der westlichen Provinz Xinjiang beim Börsengang bevorzugt.

Fazit:

Innerhalb einer Dekade hat sich der chinesische Private Equity-Markt an die Weltspitze katapultiert, sowohl was Rendite als auch eingesammeltes Kapital betrifft. Nun ist eine Verschnaufpause angesagt – die weltweite konjunkturelle Eintrübung zieht eben auch an China nicht spurlos vorbei. Gleichzeitig zeigt das Wachstum der RMB-Fonds, dass inzwischen auch im Inland ausreichend Kapital vorhanden ist. Dieses kann und wird die chinesische Wachstumsstory nachhaltig stützen. Da die Regierung zunehmend darauf zielt, Kapital in das Hinterland zu lenken, wird die Wirtschaft darüber hinaus auf eine breitere Basis gestellt werden. Insgesamt wird China weiterhin, aller Risiken zum Trotz, für die Beteiligungsbranche ein zukunfts- und vor allem gewinnträchtiger Markt bleiben.

Fabian Grummes