Neun Fragen an Benjamin Kirschner von flinc

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Ihr Start-up?

Kirschner: Wir haben uns bereits 2008 darüber Gedanken gemacht, wie man Mobilität effektiver und intelligenter organisieren kann. Das Hauptproblem ist doch, dass in Stoßzeiten lediglich 1,1 Personen in jedem Auto sitzen, wir also Tag für Tag jede Menge Blech und ungenutzten Raum von A nach B bewegen. Deswegen bieten wir mit flinc einen Service an, mit dem man ganz einfach und flexibel seine Fahrten planen kann. Anders als bei normalen Mitfahrzentralen sind durch die automatische Vermittlung von Fahrer und Mitfahrer in Echtzeit auch tägliche oder spontane Wege, wie zur Arbeit, einem Konzert oder einfach nur in den Supermarkt, ohne Probleme möglich. Wir haben uns das Ziel gesteckt, die Auslastung von Autos zu erhöhen – wenn uns das gelingt, reduzieren wir nicht nur die anfallenden Kosten für Privatpersonen und Unternehmen, sondern gleichzeitig auch die Umweltbelastung. Vom Stress bei der Parkplatzsuche oder dem nervenzehrenden Stop and Go im täglichen Berufsverkehr einmal ganz abgesehen.

VC Magazin: Wie haben Sie die erste Finanzierung Ihrer Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapitalgebern?
Kirschner: Die Gründungsidee haben wir aus eigener Tasche finanziert, wir hatten lediglich unser eigenes Erspartes und unsere Familien und Freunde, die uns finanzielle Rückendeckung gaben, um die AG zu gründen und die ersten Mitarbeiter zu bezahlen. Später konnten wir die ISB Rheinland und die KfW von unserer Idee eines weltweit einsetzbaren Social Mobility Networks überzeugen.

VC Magazin: Was sprach gegen eine Karriere als Angestellter und wie hat das Gründerteam zusammengefunden?
Kirschner: Es war viel mehr die Entscheidung für die Umsetzung von flinc als eine Entscheidung gegen eine Karriere als Angestellter. Wir waren und sind von unserer Idee begeistert und wollten flinc nach dem Uniabschluss unbedingt an den Start bringen. Unser Team bestand neben mir aus meinen Kommilitonen Michael Hübl und Alexander Kuhn. Dr. Klaus Dibbern haben wir auf dem Elevator Pitch in Mannheim kennengelernt, mit ihm haben wir einen erfahrenen Entrepreneur gewonnen, der wichtiges unternehmerisches Know-how miteingebracht hat.

VC Magazin: Wenn Sie auf Ihre bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblicken: Welche Entscheidungen würden Sie erneut treffen?
Kirschner: Erfolgreiche Gründer gründen. Ich würde alle mutigen Entscheidungen erneut treffen. Wir waren und sind mutig und haben hierdurch viele tolle Partner wie DriveNow, Bosch, Navigon oder die Telekom mit T-City für uns gewinnen können. Wir haben es jedoch auch geschafft, mit einem klaren Nein eine Entscheidung gegen etwas zu treffen: keine Blackberry-Version, keine exklusiven Partnerschaften. Auch die Gründung selbst war eine mutige Entscheidung, die ich keine Sekunde bereut habe.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konnten Sie besonders viel lernen?
Kirschner: Eine Regel bei der Gründung lautet „Focus on the product!“ – das hatten wir zur Gründungszeit von flinc etwas aus den Augen verloren. Heute ist das anders: Wir arbeiten sehr agil und können dank unserer aktiven Community und unserer schlanken Prozesse rasch Verbesserungen und Erweiterungen in unseren Service einbringen.

VC Magazin: Was sind aus Ihrer Sicht bei den Rahmenbedingungen hierzulande der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Kirschner: Die Frühphasenfinanzierung in Deutschland ist schwach, es gibt aber auch positive Beispiele wie den High-Tech Gründerfonds, über den viele junge Unternehmen eine Finanzierung erhalten. Eine breitere Frühphasenfinanzierung würde vielen jungen Unternehmen aus den Startlöchern helfen. Das Förderwesen nehmen wir als sehr undurchsichtig wahr. Viele Unternehmen scheuen eine zeitintensive Recherche. Hier muss nachgebessert werden, damit die Förderung auch bei den jungen Unternehmen ankommen kann.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Sie als Vorbilder oder Idole sehen?
Kirschner: Es gibt eine ganze Reihe Unternehmer, die mich begeistert haben. Carl-Heinrich Schmid hat mich mit seiner großen Disziplin und seinem Pragmatismus begeistert. Ich durfte ihn im Rahmen des Weconomy-Wochenendes kennenlernen. Günter Faltins Buch „Kopf schlägt Kapital“ und die damit verbundene Idee der Komponenten-Gründung hat mich besonders in meiner Anfangszeit motiviert. Ich empfehle dieses Buch vielen Gründern weiter.

VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Ihrem Alltag?
Kirschner: Flinc selbst – ich lege ca. 90% meiner Wege mit unserem Service zurück. Außerdem sehe ich so, wo meine Kontakte unterwegs sind. Außerdem Mail – ich bin gerne auf dem aktuellen Stand. Kurze Antworten erledige ich direkt über das Smartphone. Mit Feedly verwalte ich meine Alerts, lese den Blog von Seth Godin, A VC, Make und Fresh Home. Außerdem nutze ich den DB Navigator. Auf langen Strecken fahre ich gerne Bahn. Der Navigator bietet eine schnelle Übersicht auch von unterwegs.

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Ihr Start-up und Ihre unternehmerische Zukunft aus?
Kirschner: Wir haben mit flinc in den vergangenen zwölf Monaten aufgezeigt, dass unser Service funktioniert. Viele Menschen sind gemeinsam mit flinc unterwegs, auf ihrem täglichen Arbeitsweg, aber auch auf langen Strecken wie von Frankfurt nach Berlin. Die Unternehmenslösung wird gut angenommen, wir können der Markterschließung, auch im Ausland, also positiv entgegenblicken. Es gibt viele Ideen für die Zukunft, zunächst konzentrieren wir uns darauf, das Feedback der Nutzer auf flinc 2.0 zu implementieren und unsere bestehenden Unternehmenskunden zu betreuen und den Markt auf voller Breite zu erschließen.

 

VC Magazin: Danke für das Interview.

Die Fragen stellte Torsten Paßmann.

 

Zum Gesprächspartner:

Benjamin Kirschner hat die flinc AG (https://flinc.org) im Mai 2010 mitgegründet und leitet das Business Development-Team. Das Social Mobility Network flinc vermittelt Fahrten und Mitfahrten automatisch und von Tür zu Tür. Seit einigen Monaten bietet flinc auch eine Lösung für Unternehmen an, um die Mobilität ihrer Mitarbeiter flexibel, sicher und nutzerfreundlich zu gestalten.