Recht und Compliance beim Einkauf aus China

Frank Blasius, Kerkhoff Legal

Große Compliance-Risiken

76% der deutschen Unternehmen halten den Einkauf für die für Compliance-Verstöße anfälligste Abteilung. Dies ergab eine im letzten Jahr vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Kanzlei Kerkhoff Legal durchgeführte Studie über Compliance in deutschen Unternehmen. Der Bereich liegt damit auf dem ersten Platz – noch vor dem Vertrieb. Sogenannte dolose Handlungen können Unternehmen nicht nur in die Schlagzeilen bringen, sondern können darüber hinaus zu empfindlichen Strafzahlungen und auch Haftstrafen für die verantwortlichen Manager führen. Diese haften noch bis zu zehn Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen und unter Umständen auch persönlich für das Fehlverhalten von Mitarbeitern. Zudem können sie für dolose Handlungen ihrer Lieferanten zur Rechenschaft gezogen werden. Dennoch haben nur 44% der deutschen Unternehmen einen Lieferantenkodex eingeführt, mit dem diese verpflichtet werden, die vom Unternehmen vorgegebenen Auflagen einzuhalten.

Strengere Gesetze

China steht als Beschaffungsmarkt ganz oben auf der Wunschliste vieler deutscher Unternehmen. Neben der Auswahl von geeigneten Lieferanten müssen sich Unternehmen im Vorfeld über rechtliche Risiken informieren. Ob Korruption, Datenschutz oder Kinderarbeit – der Umgang mit Straftaten und auch das Unrechtsempfinden ist in China anders als in Deutschland. Doch auch dort hat die Verfolgung von Rechts- und Compliance-Verstößen in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Zum einen wurden neue, strengere Gesetze eingeführt, zum anderen tragen chinesische Unternehmen zunehmend Sorge, dass ihre Mitarbeiter keine dolosen Handlungen begehen. Deutsche Unternehmen sollten chinesische Gesetze keinesfalls als Auslegungssache ansehen und darauf vertrauen, dass der chinesische Staat ein Auge zudrückt.

Korruption an der Tagesordnung

Die am häufigsten verwirklichten Delikte beim Einkauf aus China sind Korruptionsstraftaten. Nicht nur bei staatlichen Institutionen ist Bestechung und Bestechlichkeit ein Problem, auch in der Wirtschaft sind Schmiergeldzahlungen an der Tagesordnung. Der Bereich Wirtschaft wird bereits auf Platz vier gehandelt, wenn es um die Annahme von Bestechungsgeldern geht – nach den Parteien, dem Parlament und der Polizei. Dies zeigen Zahlen der Organisation Transparency International. In ihrem „Corruption Perceptions Index“ erreicht China auf der Skala von 0 (korrupt) bis 10 (sauber) nur einen Wert von 3,6.

Anderes Unrechtsempfinden

Das Unrechtsempfinden in China ist grundsätzlich anders als das in Deutschland. Für Chinesen stehen persönliche Beziehungen – eine unzureichende Übersetzung des chinesischen Worts guanxi – an oberster Stelle, das gilt auch für die Geschäftswelt. Beziehungspflege ist daher das beste Mittel, um ein Geschäft abzuschließen. Geschenke, Einladungen zu teuren Essen, Geschäftsreisen oder Ausflüge und auch Gefälligkeiten für Angehörige des Geschäftspartners gehören zu den Gepflogenheiten in der chinesischen Geschäftswelt, während dies in Deutschland schnell die Compliance-Wächter auf den Plan ruft. Auch mit ausländischen Geschäftspartnern wird so verfahren: im „Bribe Payers Index Report 2011“ von Transparency International rangiert China auf dem 27. von 28 Plätzen. Das heißt: China ist das Land, das am zweithäufigsten Schmiergelder zahlt, um im Ausland Geschäft aufzubauen.

Empfindliche Strafen

Grundsätzlich ist das Strafmaß für Bestechung und Bestechlichkeit in China und Deutschland durchaus zu vergleichen. Doch während in Deutschland Bestechung gleich welcher Höhe als Straftatbestand gilt, ist die Grenze in China auf 10.000 RMB, etwa 1.250 EUR, festgelegt. Alle Beträge darunter werden laut Gesetz nicht geahndet. Bestechlichkeit bei Summen über 100.000 RMB kann in China sogar mit der Todesstrafe geahndet werden. Ausländische Manager betrifft dies bisher zwar nicht, dennoch muss mit Haftstrafen oder empfindlichen Strafzahlungen gerechnet werden.

Durch Verträge absichern

Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen heute vorbereitet sein. Durch eine genaue Analyse der Gegebenheiten ist es möglich, eine internationale Compliance-Richtlinie aufzustellen, die Einkaufsprozesse und Verhaltensweisen genau definiert. Auch Sanktionen bei Fehlverhalten werden darin vorgegeben. Mithilfe von klar aufgesetzten Verträgen können Compliance-Risiken durch Lieferanten auf ein Minimum reduziert werden. Dabei ist auch der Daten- und Know-how-Schutz ein Thema, dem besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Das Risiko von Plagiaten deutscher Produkte ist in China sehr groß. Kulturbedingt gibt es in China kein Unrechtbewusstsein bei Nachahmungen, da diese als Kompliment und Respekt für das Original gelten. Wichtig ist es daher, im Vorfeld Schutzrechte in China anzumelden. Auch die Aufnahme von Geheimhaltungsklauseln und Wettbewerbsverboten in Verträge ist essenziell.

Prüfung vor Ort

Lieferantenkodizes sorgen darüber hinaus dafür, dass Lieferanten die vom Einkäufer vorgegebenen Auflagen einhalten. Ein großes Problem in China ist noch immer Kinder- und Zwangsarbeit. Viele Unternehmen nehmen diese in Kauf, um ihre Produkte so günstig wie möglich herzustellen. Wird aufgedeckt, dass ein Zulieferer Kinderarbeit toleriert, kann dies zu einem erheblichen Imageschaden für das einkaufende Unternehmen und letztendlich zu Umsatzeinbußen führen. Um dies zu verhindern, ist es wichtig, alle Lieferanten auch vor Ort zu auditieren, um einen Überblick über Prozesse und Arbeitsbedingungen zu gewinnen. In einigen Branchen gibt es bereits Zertifizierungen, die geprüfte Unternehmen kennzeichnen. Kommt es dennoch zu Compliance-Verstößen, sollte vorgegeben sein, wie damit umgegangen wird. Durch Reporting- und Monitoring-Systeme, Erfolgskontrollen und regelmäßige Schulungen wird die nachhaltige Implementierung der Compliance-Maßnahmen im Unternehmen sichergestellt.

Zum Autor

Frank Blasius ist Partner der Kanzlei Kerkhoff Legal (www.kerkhoff-legal.de), ein Partnerunternehmen der auf Einkauf und Supply Chain Management spezialisierten Beratung Kerkhoff Consulting. Kerkhoff Legal mit Sitz in Düsseldorf ist auf das Thema Compliance und auf Rechtsfragen rund um den Unternehmensbereich Einkauf spezialisiert.