Wandeldarlehen: Fluch oder Segen für Start-ups und Investoren?

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Beim Wandeldarlehen gibt der Darlehensgeber der Gesellschaft ein fest verzinstes Darlehen. Unter den im Vertrag definierten Voraussetzungen wird der Darlehensbetrag gewandelt, und der Darlehensgeber erwirbt statt einem Rückzahlungsanspruch Anteile an der Gesellschaft. Bei Venture Capital-Finanzierungen ist es üblich, ein Wandeldarlehen mit einer vergleichsweise langen Laufzeit (drei bis sieben Jahre) auszugestalten und die Zinsen endfällig zu stellen, um den Cashflow der Gesellschaft nicht mit Zinszahlungen zu belasten. Beispiel: Ein Start-up befindet sich in der Seed-Phase und benötigt Kapital. Ein mit den Gründern vertrauter Business Angel ist bereit, Kapital über ein Wandeldarlehen zur Verfügung zu stellen. Die Bewertung des Start-ups ist in dieser frühen Unternehmensphase schwierig. Deshalb vereinbaren die Parteien, dass die Bewertung zunächst offengelassen wird und der Business Angel sein Wandeldarlehen im Rahmen der nächsten Finanzierungsrunde zu den gleichen Konditionen wie der investierende Investor, aber mit einem Abschlag auf die Pre-Money-Bewertung von 20%, investieren darf (Wandlungsoption). Wird das Darlehen gewandelt, so hat bei der Gesellschaft eine Kapitalerhöhung stattzufinden. Die neu geschaffenen Anteile übernimmt der Darlehensgeber, und das Darlehen selbst wird in die freie Kapitalrücklage „umgebucht“. Häufig wird vereinbart, dass auch die Zinsansprüche bei der Wandlung berücksichtigt werden, d.h. der Darlehensgeber kann verlangen, für Darlehen plus bisher angefallene (und zukünftige) Zinsen Anteile zu erwerben.

Worauf ist zu achten?

– Vertragsparteien
Bei der Ausgestaltung des Wandeldarlehens ist grundsätzlich darauf zu achten, dass sämtliche Gesellschafter in Bezug auf das Wandlungsrecht verpflichtet werden, denn die Wandlung kann nur wirksam umgesetzt werden, wenn eine Kapitalerhöhung beschlossen wird und die Parteien des bestehenden oder zukünftigen Beteiligungsvertrages mitwirken. Praxishinweis: Dies kann entweder dadurch geschehen, dass sämtliche Gesellschafter Vertragsparteien werden oder durch die Schaffung genehmigten Kapitals, welches von der Gesellschaft nach festgelegten Kriterien ausgeschöpft werden kann. Durch die Kombination von genehmigtem Kapital und Wandeldarlehen kann das Management Finanzierungsrunden schnell zum Abschluss bringen.

– Form
Es ist weitgehend anerkannt, dass die Verpflichtung, neue Geschäftsanteile zu schaffen, keiner notariellen Form bedarf, selbst wenn diese Verpflichtung dazu führt, dass eine Satzungsänderung durchgeführt werden muss. Anders ist die Situation allerdings, wenn sich der Darlehensgeber verpflichtet, zu bestimmten Konditionen Anteile zu übernehmen (Wandlungsverpflichtung). Für diesen Fall bedarf die Übernahmeverpflichtung der notariellen Unterschriftsbeglaubigung (§ 55 Abs. 1 GmbHG analog); das Wandeldarlehen selbst muss nur beurkundet werden, wenn es mit dem Beteiligungsvertrag eine Einheit bildet und dieser Verkaufsverpflichtungen enthält

– Nachrang
Bei wachstumsfinanzierten Gesellschaften ist in der Regel davon auszugehen, dass dem gewährten Darlehen noch keine entsprechenden bilanziellen Werte gegenüberstehen. Deshalb ist darauf zu achten, dass der Darlehensgeber gegenüber sonstigen Gläubigern (nicht gegenüber den Gesellschaftern) nachrangig behandelt wird. Wird kein Nachrang vereinbart, so kann die Überschuldung drohen und somit die Pflicht, Insolvenzantrag zu stellen.