„Erfolg ist nicht zwangsweise wiederholbar“

VC Magazin: Viele Beteiligungsfonds befinden sich im Fundraising. Wie würden Sie die Stimmung im deutschsprachigen Raum hierfür aktuell einschätzen?

Becker: Auch wenn sich die Situation im zweiten Halbjahr 2011 etwas aufgehellt hat, so ist sie für die General Partners nicht einfach, denn es gibt wenig institutionelles Kapital, aber viele Teams auf Kapitalsuche. Wie wir aus unserem Netzwerk wissen, sind auch Family Offices hinsichtlich Zusagen bei Private Equity-Fonds zurückhaltend. Viele bauen derzeit ihr Direktbeteiligungsportfolio aus. Grundsätzlich beobachten wir jedoch eine leicht erhöhte Bereitschaft vonseiten institutioneller Fonds für Private Equity, wobei Buyout- und Special Situations-Fonds beim Fundraising aktuell wesentlich erfolgreicher sind als Venture Capital-Fonds. Ein äußerst wichtiger Partner der Fonds, aber auch der Limited Partners ist der European Investment Fund, und dies aus vielerlei Gründen.

Strascheg: Wenn es vom EIF (www.eif.org) eine Zusage für einen Fonds gibt, so weiß man auf jeden Fall, dass die Terms and Conditions aus Limited Partner-Sicht durchverhandelt sind und eine sehr detaillierte Due Diligence durchgeführt wurde. Alle Verträge, die vom EIF ausgehandelt wurden, könnte man mehr oder weniger ohne Gegenlesen akzeptieren, denn sie wurden aus dem Blickwinkel eines institutionellen Investors aufgesetzt, der mittlerweile viel Erfahrung in diesem Segment gesammelt hat.


VC Magazin: Sie sind an aktuell über 40 Beteiligungskapitalfonds beteiligt. Wie zufrieden sind Sie mit den Renditen der letzten Jahre?

Strascheg: Die Bandbreite ist groß und reicht von totaler Unzufriedenheit bis hin zu sehr hoher Zufriedenheit. Es besteht eine intensive Abhängigkeit von den Zeitpunkten der Investition und vom Geschick der Managementteams. Die Fonds, die 2000/2001 zu sehr hohen Bewertungen eingestiegen sind, haben teilweise ein schlechtes Liquiditätsmanagement betrieben und hatten später kaum noch Möglichkeiten zu Nachfinanzierungen. Als Folge wurden sie auch bei guten Portfoliounternehmen stark verwässert.

Becker: Die erhoffte Outperformance der Anlageklasse Private Equity ist unter Einbezug der höheren Risikoprämie bislang leider nicht gegeben. Das Rendite-Risiko-Verhältnis vor allem im Venture Capital-Bereich passt leider nicht. Auf Einzelfondsbasis gibt es natürlich Ausreißer nach oben, aber leider auch zu viele nach unten, die nicht über das eingezahlte Kapital hinauskommen.

VC Magazin: Beobachten Sie Renditeunterschiede zwischen First Time-Fonds und erfahrenen Managementteams?

Becker: Die Outperformance von Fonds, deren Management bereits die zweite, dritte oder vierte Fondsgeneration verwaltet, ist nicht immer gegeben. Wir zeichnen auch First Time-Fonds und haben z.T. herausragende Renditen erzielt, aber auch mehrfach erfolgreiche Managementteams gesehen, die enttäuscht haben.

Strascheg: Erfolg ist nicht zwangsweise wiederholbar.

VC Magazin: Laut einer gerade veröffentlichten Studie von Earlybird übertreffen in den letzten zwei Jahren europäische Venture Capital-Fonds die US-amerikanischen bei den Erlösen im Vergleich zum eingesetzten Kapital. Teilen Sie diese Einschätzung?

Strascheg: Einschätzung hat etwas mit Schätzung zu tun. Ich weiß, dass es schon vor fünf bis zehn Jahren Untersuchungen gab, die europäischen Fonds höhere Multiples bescheinigten als US-Fonds. In unserem Portfolio haben wir mit unseren amerikanischen Fonds nicht signifikant bessere Ergebnisse erzielt als mit unseren europäischen.

Becker: Wir haben auf beiden Kontinenten gute und schlechte Fonds. Tatsache ist, dass die US-Manager ihre Unternehmen während und nach der Krise 2008 schneller an die neuen Marktverhältnisse angepasst haben. Dadurch haben sich die Wertverluste in Grenzen gehalten. Allerdings sind die Unternehmensbewertungen in den USA auch schon wieder auf einem höheren Niveau als in Europa. Das Preisniveau ist in den USA regional sehr unterschiedlich. Die höchsten Bewertungen sehen wir an Hotspots wie im Silicon Valley oder in der Gegend um Boston.

VC Magazin: Welche Trends hinsichtlich Fondsgrößen, Rechtsform, Branchenspektrum und Regionen sind Ihnen aufgefallen?

Becker: Bei etablierten Managern sehe ich kaum Veränderungen. Natürlich werden die Fondsgrößen häufig den aktuellen Marktgegebenheiten angepasst. Gerade aus den USA vernehmen wir, dass bei den großen Buyout-Fonds durch die institutionellen Investoren durchaus Druck auf die Konditionen gemacht wird. Hinsichtlich der Strukturen sehe ich bei deutschen Teams inzwischen sehr oft Luxemburger Fondsmodelle. Bei First Time-Fonds ist mein Eindruck, dass diejenigen mit klarer Branchen-/Phasenfokussierung erfolgreicher sind als „Me too-Konzepte“. Unser Family Office präferiert Fonds zwischen 100 und 150 Mio. EUR Fondskapital, die häufig spezialisierter sind.

VC Magazin: Sehen Sie aktuell viele First Time-Fonds auf Kapitalsuche?

Becker: In Europa gibt es aktuell etliche First Time-Teams auf Kapitalsuche. Wir beobachten hierzulande immer öfter, dass First Time-Teams zum Aufbau eines gemeinsamen Track Records einige von Family Offices und Privatinvestoren finanzierte Club-Deals tätigen, bevor sie ins institutionelle Fundraising gehen.

Strascheg: Im Vergleich zu früher sind viele First Time-Fonds heute jedoch mit erfahrenen Beteiligungsmanagern besetzt, die zum Beispiel aus einem bestehenden Team ausgeschieden sind. Früher gab es kaum Manager mit Private Equity-Erfahrung.

VC Magazin: Auf welche Kriterien legen Sie bei der Auswahl von Fonds besonders großen Wert? Gibt es Knock-out-Kriterien?

Becker: Nach wie vor: Management, Management, Management und die damit verbundenen Track Records. Neben der Investitionsstrategie sind die Terms and Conditions und steuerlichen Strukturen wichtig.

VC Magazin: Wie viele Fonds nutzen inzwischen die Dienste eines Placement Agents? Wie wertvoll ist die Einschaltung eines solchen Mittlers?

Strascheg: Auch wenn Placement Agents mittlerweile gang und gäbe sind, kann man hier geteilter Meinung sein. Sicherlich ist er für Personen, die nicht in der Investorenwelt zu Hause sind, ein wertvoller Kontaktmann. Überzeugen muss jedoch das Managementteam selbst. Auf der anderen Seite wird ein Placement Agent manchmal auch als kleiner Makel empfunden, weil das Managementteam diese Aufgabe nicht selbst wahrnimmt.

Becker: In Zeiten, in denen viele Fonds im Markt sind, bieten Placement Agents eine gute Unterstützung hinsichtlich Aufbereitung/Präsentation der Marketingunterlagen, Koordination von Terminen etc. Das erspart uns Arbeit und schafft eine bessere Vergleichbarkeit. Meiner Erfahrung nach gibt es jedoch hohe Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Placement Agents. Die professionellsten Adressen kommen aus Frankreich, Großbritannien und der Schweiz, in Deutschland gibt es eigentlich nur Einzelkämpfer, aber keine echten Placement Agent-Boutiquen.

VC Magazin: Welche Performance erzielte der erfolgreichste Fonds, in den Sie jemals investiert haben, welche der schlechteste?

Strascheg: Der von uns gemanagte AEP Advanced European Technologies Fonds hat den Einsatz verfünfzehnfacht.

Becker: Unser bester Fonds, ein US Venture Capital-Fonds, hat seinen 1997 aufgelegten Fonds 4,6-mal zurückgezahlt und eine Nettorendite von 166% erwirtschaftet. Der schlechteste Fonds steht bei null.

VC Magazin: Danke für das Interview!    


Das Interview führte Mathias Renz.

Zu den Gesprächspartnern

Falk F. Strascheg gründete 1987 die Technologieholding, die er 2000 an 3i (www.3i.com) veräußerte. Die Extorel GmbH (www.extorel.de), das Family Office der Familie Strascheg, ist aktuell in rund 40 Beteiligungsfonds investiert. Svenja Becker ist seit Januar 2000 bei Extorel und zeichnet neben Betreuung, Monitoring und Controlling von bestehenden Venture Capital- und Private Equity-Fondsinvestitionen für die Akquise, Due Diligence und den Abschluss neuer Anlagen verantwortlich.