Private Equity-Markt behauptet sich 2011 trotz Schuldenkrise

Ulrike Hinrichs ist Geschäftsführerin des BVK.

Position untermauert

5,92 Mrd. EUR investierten Beteiligungsgesellschaften im vergangenen Jahr in rund 1.200 zumeist kleine und mittlere Unternehmen. Im Vergleich zu 2010 stiegen die Investitionen in Deutschland um 22%, womit die Private Equity-Gesellschaften ihre Bedeutung für die Finanzierung des Mittelstands untermauerten. Beteiligungskapital ist hierzulande vor allem Kapital für den Mittelstand: Nur 6% der im Jahresverlauf finanzierten Unternehmen hatten mehr als 500 Beschäftigte. Betrachtet man die einzelnen Marktsegmente genauer, zeigen sich allerdings unterschiedliche Entwicklungen. Insgesamt verfehlten die Venture Capital-Investitionen mit 0,69 Mrd. EUR das Vorjahresergebnis (0,72 Mrd. EUR) knapp. Auch die Zahl der finanzierten Unternehmen blieb mit 879 hinter dem Vorjahr (965) zurück. Die mittelstandsorientierten Minderheitsbeteiligungen (Growth-/Wachstums-, Replacement-, Turnaround-Finanzierungen) verfehlten ihr Vorjahresergebnis ebenso. Mit 0,63 Mrd. EUR sanken diese um knapp die Hälfte, 2010 lag das Volumen bei 1,11 Mrd. EUR. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass es 2010 eine einzelne sehr große Minderheitsbeteiligung bei einem Familienunternehmen gab, die das Ergebnis stark beeinflusste.

Aufwärtstrend bei Gesellschafternachfolge

Einen Aufwärtstrend erlebten hingegen die Gesellschafternachfolgen (Buyouts): Drei Viertel der Gesamtinvestitionen entfielen auf diesen Bereich. Das Investitionsvolumen in diesem Segment wuchs um knapp 50% auf 4,6 Mrd. EUR an. Auch das Fundraising der deutschen Beteiligungsgesellschaften konnte mit einem Volumen von 2,83 Mrd. EUR um mehr als die Hälfte zulegen – 2010 war nur ein Volumen von 1,2 Mrd. EUR erreicht worden. Der deutliche Anstieg lässt sich damit begründen, dass einige öffentliche Fonds sowie auch Fonds privater Beteiligungsgesellschaften in Einzelfällen dreistellige Millionenbeträge erreichen konnten. Mit diesem Ergebnis nähert sich das Fundraising wieder dem normalen Niveau, nachdem die Jahre 2009 und 2010 den Beteiligungsgesellschaften eine schwere Fundraising-Zeit bescherten. Es ist allerdings fraglich, inwieweit der Aufschwung bestehen bleibt, denn vor allem die europäische Schuldenkrise lässt Anleger zögern und erschwert die ohnehin angespannte Marktsituation zusätzlich.

Investoren bleiben optimistisch

Die Beteiligungsgesellschaften sehen dem Jahr 2012 aber zuversichtlich entgegen. In der „Private Equity-Prognose 2012“, einer Befragung der BVK-Mitglieder zu ihren Erwartungen bezüglich des Fundraisings, der Investitionen und der Beteiligungsverkäufe in diesem Jahr, prognostizieren mehr als die Hälfte der Gesellschaften einen leichten oder deutlichen Investitionsanstieg in ihrem Marktsegment, und weitere 30% sehen die Investitionen auf dem gleichen Niveau wie 2011. Beteiligungsgesellschaften im Bereich Wachstumsfinanzierungen/Gesellschafternachfolge sind dabei optimistischer als die Venture Capital-Vertreter.

Positive Exit-Erwartungen

Ebenfalls optimistisch fallen die Erwartungen hinsichtlich der Möglichkeiten aus, Beteiligungen erfolgreich zu veräußern. Nahezu die Hälfte der Befragten geht von einer Zunahme der Unternehmensverkäufe aus, weitere 44% von einem zumindest gleichbleibenden Niveau. Tendenziell am zuversichtlichsten ist man bei Trade Sales und bei Verkäufen an andere Beteiligungsgesellschaften. Deutlich kritischer schätzen die Befragten die Exit-Möglichkeiten über einen Börsengang ein. Aber: Jede fünfte Gesellschaft gab an, über mindestens ein börsenreifes Unternehmen im Portfolio zu verfügen, und insgesamt wurden 34 Portfoliounternehmen als börsenreif eingestuft. Ganz oben auf der Agenda der Beteiligungsgesellschaften wird auch 2012 das Fundraising stehen. 30 Gesellschaften gaben an, bereits mit dem Fundraising begonnen zu haben oder in den kommenden zwei Jahren zu starten. Dabei wollen sie insgesamt 3,67 Mrd. EUR neues Fondskapital einsammeln.

NRW setzt auf Private Equity

Wie in Gesamtdeutschland liegt auch in Nordrhein-Westfalen der Investitionsschwerpunkt auf kleinen und mittleren Unternehmen. NRW zählt zu den großen Bundesländern Deutschlands und weist mit dem Ruhrgebiet eine der weltweit größten Metropolregionen auf. Im vergangenen Jahr wurden 1,81 Mrd. EUR im Bundesland investiert. Dabei nahmen die Investitionen im Vergleich zu 2010 (333,3 Mio. EUR) und 2009 (284 Mio. EUR) deutlich zu, was auf einige sehr große Transaktionen zurückzuführen ist. Drei der sechs größten erfassten Transaktionen fanden in Nordrhein-Westfalen statt. Allerdings blieb die Gesamtzahl der nordrhein-westfälischen Unternehmen, die mit Beteiligungskapital unterstützt wurden, mit 134 praktisch unverändert gegenüber dem Vorjahr (131). Das Investitionsvolumen des Rekordjahres 2008 in Höhe von 3,03 Mrd. EUR konnte allerdings bei Weitem nicht erreicht werden. Innerhalb Deutschlands zählt das Bundesland traditionell zu den wichtigsten Private Equity-Zielregionen. Im vergangenen Jahr erreichte NRW mit einem Anteil am Gesamtinvestitionsvolumen von 31% den Spitzenplatz vor Bayern (19%) und Hessen (13%). Nach der Anzahl der finanzierten Unternehmen lag NRW auf Platz drei hinter Bayern (232 Unternehmen) und Baden-Württemberg (196).

Ausblick

Ein Blick auf die Investitionsschwerpunkte weist Nordrhein-Westfalen als eine Region im Wandel aus. Einerseits sind es traditionelle Branchen wie Unternehmens- und Industrieerzeugnisse und Konsumgüter/Handel, in die ein Großteil der Investitionen fließt, und anderseits profitieren zahlreiche junge Unternehmen aus den Technologiebereichen Life Sciences, Kommunikationstechnologie und Computer/Unterhaltungselektronik von Beteiligungskapital.

Zur Autorin:

Ulrike Hinrichs ist Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK) (www.bvk.de), der Interessensvertretung der Beteiligungsbranche in Deutschland.