Orlando Management: Herausforderung „Special Situation“

Das Managementteam

2001 wurde der erste Fonds mit 163 Mio. Euro für Investments in Special Situations aufgelegt. „Ich denke, dass wir durchaus behaupten dürfen, den Begriff Special Situations in Deutschland eingeführt zu haben“, sagt Dr. Henrik Fastrich, der Orlando Management gemeinsam mit Georg Madersbacher, Hans Gottwald, Florian Pape und Dr. Christian Hollenberg im Jahr 2000 aus der Taufe hob. Das Team vereint komplementäre Kompetenz in technischen, kaufmännischen und juristischen Belangen sowie langjährige Geschäftsführungs- und Vorstandserfahrung in mittelständischen Unternehmen: Zwei der Partner sind Ingenieure mit Erfahrungen in der Produktionsoptimierung sowie im Maschinen- und Anlagenbau. Bis auf Hollenberg, der das Unternehmen 2007 verlassen hat, sind alle Partner auch heute noch an Bord. Insgesamt zählt das Unternehmen aktuell 24 Mitarbeiter, davon 18 Investment Professionals.

 

 

Steckbrief Orlando Management GmbH

          Hauptstandort: München

          Gründungsjahr: 2000

          Gesellschafter: 5

          Anzahl Beteiligungen: 5

          Derzeit verwaltetes Kapital: 420 Mio. Euro

          www.orlandofund.com

 

 

Der Investitionsfokus

Als Special Situations bezeichnet Fastrich komplexe Ausgründungen aus Konzernen, Turnaround- und Krisensituationen, Nachfolgeprobleme, Restrukturierungen und Neuausrichtungen. Special Situations treten nicht selten auch in sehr profitablen Unternehmen durch Streit unter den Gesellschaftern oder durch Kapitalengpässe nach zu schnellem Wachstum oder Fehlinvestitionen auf. Wichtig ist ihm dabei, dass die Unternehmen grundsätzlich einen gesunden Kern vorweisen können. Operative Probleme, fehlendes Management oder Bilanzprobleme, z. B. aufgrund hoher Verschuldung, sind die Mankos, auf deren Lösung sich das Orlando-Team im Laufe der drei- bis siebenjährigen Beteiligungsdauer spezialisiert hat. „Oftmals werden uns auch Firmen vorgestellt, die sich in einer wirtschaftlich desolaten Verfassung befinden, aber das ist nicht unser Thema. Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, das Licht auszumachen“, bestätigt der Restrukturierungsspezialist. Unternehmen, die für die Orlando-Fonds in Frage kommen, bewegen sich in Umsatzregionen von ca. 30 bis 500 Mio. Euro, insgesamt 15 Firmen, fast ausschließlich aus dem produzierenden Sektor, haben die Münchner in der Zeit ihres Bestehens bei der Restrukturierung begleitet. Aktuell befinden sich fünf Unternehmen im Portfolio: solvadis (Chemiehandel- und Distribution), Buderus Guss (Gießereigruppe), der Weinhändler Pallhuber, der Automobilzulieferer tedrive sowie der ITDienstleister A + O.

 

Success Story SaarGummi

Die 2004 von der RAG (heute Evonic) erworbene Saar-Gummi GmbH, ein Hersteller von Gummiprodukten für die Automobilindustrie, verkauften die von Orlando beratenen Fonds Ende 2007 an das Berliner Private Equity-Haus Odewald und Compagnie. Aus einem „Corporate Orphan“, wie Fastrich die zuvor vernachlässigte Sparte innerhalb des RAG-Konzerns nennt, wurde während der dreieinhalbjährigen Beteiligungsdauer ein mittelständischer Technologieführer entwickelt. Durch den Zukauf von zwei Wettbewerbern und die Etablierung von Joint Ventures in Russland, Kroatien und China wurde die 3.900 Mitarbeiter zählende Gruppe weiter verstärkt. Mit einer Vielzahl von Produkt- und Prozessinnovationen sowie einer konsequenten Kundenorientierung gelang es, die Ertragskraft und Technologieführerschaft nachhaltig zu stärken und die Marktposition auszubauen. Mit dem Gewinn des GEO Award für die Fabrik der Zukunft im Bereich Operations und Finanzen für ihr Stammwerk in Büschfeld, Saarland, konnte die SaarGummi Gruppe ihre Kompetenz im Bereich von Fertigungsmethoden und Qualitätssicherungssystemen in der Automobilzulieferindustrie unter Beweis stellen. Die Arbeit des Orlando-Teams wurde auch von unabhängiger Stelle gewürdigt: Drei Mal in Folge wurde Orlando Management zwischen 2004 und 2006 von der englischen Zeitschrift Private Equity International als „Best Private Equity Firm in Germany“ ausgezeichnet.

 

„Kein bloßes Financial Engineering“

Die Besonderheit des Orlando-Ansatzes sieht Fastrich vor allem in der engen Begleitung der Unternehmen. „Wir verbringen von Beginn an sehr viel Zeit mit dem bestehenden und dem neuen Management, das wir gegebenenfalls installieren“, bestätigt Fastrich und fügt an: „Wir sind große Verfechter von Überkapazitäten im Management bei übernommenen Unternehmen.“ Dies vor allem, weil es in Zeiten intensiver Restrukturierungsarbeit zum einen viele Einmalaufgaben gibt und zum anderen viele Sonderprojekte außerhalb der operativen Tätigkeit anfallen. Die Aufgabe von Orlando sieht Fastrich vor allem in der Lieferung von strategischem Input für das Management und der konsequenten Verfolgung der festgelegten Verbesserungsmaßnahmen: „Wir verbringen viel Zeit im Unternehmen, beschäftigen uns ausführlich mit den Führungspersonen und erstellen einen Maßnahmenkatalog: Wir machen kein bloßes Financial Engineering.“ Wichtig ist ihm dabei, sich auf eine überschaubare Anzahl von Optimierungsmaßnahmen festzulegen: „Es dürfen nicht 30 verschiedene Maßnahmen sein, fünf bis sieben Stellhebel müssen für ein attraktives Target ausreichen.“ Um bei der Durchsetzung der Impulse eine gewisse Schlagzahl an den Tag legen zu können, ist es für Orlando unausweichlich, dass von den Fonds grundsätzlich die Mehrheit der Unternehmensanteile oder zumindest eine bestimmende Minderheit übernommen wird. „Man muss das Unternehmen beherrschen können, sonst kann es passieren, dass, wie bei einem Familienunternehmen mit mehreren Familienstämmen, Streitigkeiten den Betrieb lahm legen“, erläutert Fastrich.

 

 

Investitionsschwerpunkte:

          marktreife Unternehmen

          Mittelständler, Konzerntöchter und -Geschäftsbereiche

          Markt sollte im Kerngeschäft stabil und gesund sein

          Umsatz 30 bis 500 Mio. Euro

          EBIT -10% bis +10%

          kein Branchenfokus

          Deutschland, Österreich, Schweiz

 

 

Konjunkturunabhängiges Geschäftsmodell

Weitere zwei bis drei Unternehmen sollen, wenn es nach Fastrich geht, in diesem Jahr noch ins Portfolio der von Orlando beratenen Fonds aufgenommen werden. Das Umfeld hierfür sieht er als gut an, auch wenn er darauf verweist, dass das Orlando-Businessmodell konjunkturunabhängig sei. In erster Linie resultieren „Special Situations“ aus Managementfehlern oder Gesellschafterproblemen. Rund 250 Unternehmen nehmen die Orlando-Professionals jährlich unter die Lupe. Ihren Dealflow akquirieren die Münchner in erster Linie über ihr weit verzweigtes Netzwerk und über M&A-Berater. „Hierfür haben wir mit Lars Eise einen exzellenten ehemaligen Investmentbanker, der unser Netzwerk aktiv bearbeitet“, so Fastrich.

 

Ausweitung des Kerngeschäfts

Neben dem bestehenden Beteiligungsgeschäft im deutschsprachigen Raum haben sich die Orlando-Macher inzwischen weitere Standbeine geschaffen. Die in Lugano und Mailand ansässige Orlando Italy Management SA transformiert das erfolgreiche Geschäftsmodell auf Investments in Sondersituationen im Raum Norditalien. Hierfür steht ein 170 Mio. Euro-Fonds zur Verfügung. Darüber hinaus wurde 2006 die Orlando Real Estate GmbH gegründet. Die Fondsmittel in Höhe von 200 Mio. Euro werden vorwiegend in Gewerbeimmobilien investiert, deren aktueller Zustand bzw. Vermietungslage für klassische institutionelle Investoren nicht attraktiv ist. Dabei kann es sich um Immobilien mit Leerständen, Renovierungsbedarf oder Weiterentwicklungspotenzial handeln.


Torsten Paßmann