Internationale stemmen Top-Finanzierungen
Dass sich internationale Investoren vermehrt an deutschen Start-ups beteiligen, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch wie wichtig die Finanzspritzen aus dem Ausland für die deutsche Gründerszene sind, zeigt ein Blick auf die Statistik des Bundesverbandes Deutscher Kapitalgesellschaften (BVK): In den ersten drei Quartalen des Jahres 2012 investierten deutsche Venture Capitalisten 391 Mio. EUR – ein Rückgang um fast 30% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und zu wenig, um die „Wirtschaft von morgen“ international wettbewerbsfähig zu machen. So verwundert es nicht, dass bei fast jeder Finanzierungsrunde im Jahr 2012, die oberhalb von 10 Mio. EUR lag, mindestens ein internationaler Investor an Bord war.
Finanzierungsstaubsauger Zalando
Mit mehr als 287 Mio. EUR war der Online-Händler Zalando im vergangenen Jahr mit Abstand das erfolgreichste deutsche Unternehmen im Bereich „eingesammeltes Kapital“. Nicht miteingerechnet sind die zahlreichen Investitionen in die ausländischen Zalando-Ableger, die die 100-Mio.-EUR-Grenze auch bereits überstiegen haben. Die Liste der am Berliner Senkrechtstarter beteiligten Gesellschaften ist in der Zwischenzeit ebenso lang wie namhaft: Kinnevik, J.P. Morgan Chase, Quadrant Capital Advisors, DST Global, Holtzbrinck Ventures, Tengelmann E-Commerce und der Mehrheitseigner Rocket Internet investierten in den Online-Händler. Ob es im Jahr 2013 zum Börsengang Zalandos kommt oder nicht, wird in Branchenkreisen bereits munter diskutiert.
CureVac mit SAP-Millionen
Stolze 80 Mio. EUR konnte das Biotechnologie-Unternehmen CureVac in einer einzigen Finanzierungsrunde einsammeln. Eine weitere Besonderheit des Investments ist, dass es nur einen Kapitalgeber gab: die dievini Hopp BioTech holding, die Beteiligungsgesellschaft von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp, die mit mittlerweile 145 Mio. EUR an Curevac investiert ist. Die Tübinger entwickeln mRNA-basierte Impfstoffe, die neue Behandlungswege von onkologischen Krankheiten und die Prophylaxe von Infektionskrankheiten ermöglichen.
60.-Mio.-EUR-Runde für Brain
Das Biotech-Unternehmen Biotechnology Research And Information Network AG (Brain) sammelte von seinen Aktionären, zu denen unter anderem die MP Beteiligungs-GmbH und die MIG Fonds gehören, 60 Mio. EUR ein. Das Unternehmen entwickelt verschiedenste Produkte der „weißen“ Biotechnologie, wie beispielsweise Enzyme, Biokatalysatoren und Mikroorganismen.
Soundcloud mit prominenten Investoren
Mit einer Investition in Höhe von rund 50 Mio. USD liegt die Musikplattform Soundcloud zwar deutlich hinter dem Volumen von Zalando, doch er Kreis der Beteiligten ist nicht weniger prominent: Neben Kleiner Perkins Caufield & Byers, Doughty Hanson, Ableton, Index Ventures und Officers Nominees Limited haben auch Christophe Maire, Newborn Consulting Network L.P., Bird Equity, Yucca Partners L.P. Jersey Branch sowie Union Square Ventures und GGV Capital in das Berliner Start-up investiert. Für die Gründer und Wahlhauptstädter Alexander Ljung und Eric Wahlforss konnten damit in drei Finanzierungsrunden seit dem Start von Soundcloud etwa 100 Mio. USD Venture Capital für das Unternehmen einsammeln.
Westwing startet mit Mega-Finanzierung
Ebenfalls mit 50 Mio. USD ausgestattet wurde der Münchner Shoppingclub für Wohnaccessoires Westwing. Dass auch im Fall von Westwing internationale Kapitalgeber maßgeblich an der Finanzierungsrunde beteiligt waren, belegt nicht nur die Tatsache, dass diese in USD abgeschlossen wurde. Neben den Global Playern Summit Partners, Access Industries und Kinnevik halten Rocket Internet, Holtzbrinck Ventures, Point Nine Capital und die RJ Beteiligungsgesellschaft mbH Anteile am Münchner Shoppingclub. In seiner kurzen Historie – das Unternehmen wurde erst 2011 gegründet – konnte Westwing damit insgesamt bereits 82 Mio. USD aufnehmen.
Finanzierungshunger bei Delivery Hero
Mit stolzen 40 Mio. EUR beteiligten sich diverse Kapitalgeber am Lieferdienstvermittler Delivery Hero. Neben den Altgesellschaftern Point Nine Capital, Tengelmann Ventures und Holtzbrinck Ventures konnten die Berliner die internationalen Investoren Kite Ventures und Kreos Capital für die Finanzierungsrunde gewinnen. Damit hat Delivery Hero, das ebenfalls erst seit 2011 am Markt ist, bisher bereits 80 Mio. EUR Venture Capital eingesammelt.
Die Top-Exits
Neben der Finanzierung ist der Exit eines der bedeutendsten Themen im Start-up- Bereich. Die Beweggründe der beteiligten Parteien sind dabei meist sehr unterschiedlicher Natur. Für den Gründer ist es häufig die Bestätigung, etwas von Wert geschaffen zu haben. Die Investoren möchten eine Beteiligung zum Abschluss bringen – selbstverständlich mit einem möglichst hohen Ertrag. Der Käufer kann verschiedene Motivationen haben, vom Erschließen eines neuen Markts über die Erweiterung des eigenen Geschäftsfeldes bis hin zum Einkauf von Technologie oder Know-how.
CorImmnun: 100-Mio.-USD-Exit
Dass Biotech-Unternehmen nicht nur hohe Finanzierungsrunden einwerben, sondern auch im Falle eines Exits stattliche Summen fließen, beweist die Übernahme von CorImmun durch den Pharmakonzern Johnson & Johnson. Das Martinsrieder Start-up ließen sich die Amerikaner 100 Mio. USD kosten. Zusätzlich fließen weitere Zahlungen beim Erreichen vordefinierter Meilensteine. CorImmun entwickelt Präparate zur Behandlung von Herzinsuffizienz.
Casacanda wird zu Fab.de
Gerade einmal acht Monate nach seiner Gründung wurde der deutsche Shoppingclub Casacanda vom US-Pendant Fab übernommen. Das Wall Street Journal hatte das deutsche Start-up vor dem Verkauf mit rund 10 Mio. USD bewertet. Seit der Übernahme firmiert Casacanda, das vom Inkubator Springstar angeschoben worden war, unter Fab.de.
Chili Entertainment: von Gameforge zu HitFox
Mit der Übernahme von Chili Entertainment wanderte das Spiele-Werbenetzwerk ad2games unter das Dach des Game-Marketing-Inkubators HitFox. Für einen siebenstelligen Betrag kauften die Berliner das Unternehmen vom bisherigen Mehrheitseigner Gameforge. Chili Entertainment entstand 2007 aus der Fusion der Gamesdynamite und der Gaming und könnte ein weiterer Schritt von HitFox hin zum integrierten Game-Distributions-Unternehmen sein.
12designer vom Vorbild übernommen
Ein weiterer Exit durch das amerikanische Pendant war die Übernahme der Design-Plattform 12designer durch 99designs. Mit dem Kauf des Berliner Start-ups startete 99designs seine Expansionsstrategie für Europa, ließ aber die bisherigen Seiten von 12designer im Netz und baute stattdessen zusätzlich entsprechende 99designs-Pages aus.
Deutsche Post kauft intelliAd
Der Bid-Management-Software-Hersteller zur Optimierung und Verwaltung von Suchmaschinenmarketing-Kampagnen intelliAd wurde im vergangenen Jahr Teil der Deutschen Post. Im Jahr 2007 als Moonlight-Start-up gestartet, reiht sich intelliAd ein in das Onlinemarketing-Portfolio der Post, die in diesem Bereich bereits nugg.ad und adcloud zugekaufte hat.
Benjamin Heimlich
