Interview mit Natascha Grosser, SKW Schwarz

Natascha Grosser, SKW Schwarz
Natascha Grosser, SKW Schwarz

VC Magazin: Seit Anfang des Jahres gibt es für den Aufsichtsrat der 200 größten deutschen Unternehmen eine Frauenquote, für Gründungen lässt sich so etwas nicht festschreiben. Wie stellt sich das Verhältnis Männer/Frauen bei Gründern Ihrer Erfahrung nach dar?
Grosser: Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, sonst kommt irgendein Politiker womöglich doch noch auf die Idee auch eine Quotenregelung für Gründer einführen zu wollen. Nein, im Ernst: Wenn man den Statistiken glauben darf, liegt das Verhältnis Frauen/Männer bei Unternehmensgründungen bei 1:3 bzw. bei bis zu 40% Frauenanteil. Aus meiner Beratungspraxis kann ich nur berichten, dass ich einige Frauen kenne, die sich selbständig gemacht haben, eigene Zahlen wären aber sicher nicht repräsentativ für eine allgemeingültige Aussage. Was allerdings auffällt ist, dass Gründerinnen eher in Branchen zu finden sind, die man per se eher Frauen zuschreibt, wie z.B. als Handelsvertreterin für Fashion und Assessoires, Eventmanagement oder im Medienbereich mit Schwerpunkt Mode, Events oder auch Kinderbücher. Unabhängig von der Branche habe ich aber über die letzten Jahre auch festgestellt, dass Gründungen durch Frauen überwiegend One-Woman-Shows sind. Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele, Frauen, die von Anfang an, oder zumindest sehr schnell, mit Business Plan, Finanzierung, entsprechenden Räumlichkeiten und festem Personal loslegen. Meine beste Freundin zum Beispiel: Sie hat vor Jahren im Rahmen eines Franchisings ihr eigenes Sportstudio in Oberhausen eröffnet, welches sie mittlerweile sehr erfolgreich führt. Offen gesagt bewundere sie immer wieder für ihren unermüdlichen Einsatz und ihren Enthusiasmus und das alles neben der liebevollen Erziehung ihres Kindes.

VC Magazin: In der öffentlichen Wahrnehmung sind Gründerinnen deutlich unterrepräsentiert. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Grosser: Ich glaube nicht, dass diese Wahrnehmung etwas damit zu tun hat, dass Frauen weniger erfolgreich gründen. Es gibt tatsächlich weniger Gründerinnen und daher auch einfach verhältnismäßig weniger zu berichten, was wahrgenommen werden kann. Warum das so ist? Wahrscheinlich sind wir zumindest teilweise noch immer in einem alten Rollenbild verhaftet. Irgendwann stellt sich für Frau die Frage nach Kinderwunsch oder Karriere, mit Betonung auf ODER. Dass Beides sich heutzutage überhaupt nicht mehr ausschließt, wird gedanklich meist gar nicht weiter verfolgt. Hinzu kommt meines Erachtens, dass Frauen generell eher vorsichtiger agieren, d.h. ein festes und sicheres Einkommen ist ihnen lieber, als das Risiko einzugehen, selbst etwas aufzubauen. Ein eigenen Unternehmen zu gründen bietet einerseits eine Menge Chancen und – wenn auch nicht von Anfang an – Freiheiten, aber natürlich: keine Chance ohne Risiko! Der sichere Weg ist für die Meisten, nicht nur Frauen, dann meist der bessere und bequemere Weg.

VC Magazin: Gibt es Ihrer Meinung nach Mittel und Wege, die Zahl der Gründerinnen zu steigern – bzw. die bestehenden besser sichtbar zu machen?
Grosser: Von außen angewendete Mittel und Wege, wie die bereits benannte Frauenquote in Aufsichtsräten, halte ich für keinen probaten Ansatz. Ich bin davon überzeugt, dass bei Frauen eher ein Umdenkprozess erforderlich ist, der aber bereits in vollem Gange ist. Es gibt über die letzten 15 bis 20 Jahre zunehmend mehr Gründerinnen, als auch Frauen in Führungspositionen. Und ich halte dies für einen natürlichen Entwicklungsprozess, der weder Quotenregelung noch ähnlicher Dinge bedarf. Gute Leistung zählt, unabhängig von Geschlecht oder Nationalität. Die Frauen, die ich kenne und die erfolgreich in ihrem Job sind, sind echte Unternehmerinnen. Sie unternehmen etwas im wahrsten Sinne des Wortes. Sie „machen“ einfach; und mit ein klein Wenig Mut und etwas Glück auch erfolgreich. Insoweit sollte man Frauen, die sich zumindest mit dem Gedanken tragen selbständig zu machen, ermutigen selbstbewusst diesen Schritt zu tun. Mein Freundin Caterina, die ich vorhin schon erwähnte, ist in meinen Augen ein leuchtendes Beispiel dafür, dass gerade Kinder und Selbständigkeit sich sehr gut miteinander vereinbaren lassen. Davon brauch der deutsche Mittelstand viel mehr!

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview, Frau Grosser.

 

Natascha Grosser ist Partnerin bei SKW Schwarz am Düsseldorfer Standort. Sie berät in allen gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Fragen. Diese reichen von der Unternehmensgründung über alle Phasen von Transaktionen (Venture Capital, Private Equity und M&A) und der Strukturierung entsprechender Beteiligungsvehikel bis zur Betreuung von Privatinvestments.