Rekordsumme für deutsche Start-ups

Junge Firmen in Deutschland erhielten im vergangenen Jahr Investitionen von 4,3 Mrd. EUR – so viel wie nie zuvor.
Junge Firmen in Deutschland erhielten im vergangenen Jahr Investitionen von 4,3 Mrd. EUR – so viel wie nie zuvor.

Deutsche Start-ups konnten sich 2017 über Rekordinvestitionen freuen. Laut des Start-up-Barometers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY warben deutsche Start-ups 2017 so viel Geld ein wie nie zuvor. Der Gesamtwert der Investitionen ist von 2,3 auf 4,3 Mrd. EUR geklettert und somit um stolze 88% gestiegen. Grund für das starke Wachstum waren laut der Studienautoren vor allem einige sehr große Deals mit einem Volumen von jeweils mehr als 100 Mio. EUR, die im Vorjahr vollständig gefehlt hatten.

Auch die Zahl der Finanzierungsrunden legte um 5% auf 507 zu. Damit stiegen sowohl das Volumen als auch die Transaktionszahl auf ein neues Rekordniveau. Als besonders stark erwies sich das erste Halbjahr mit 264 Transaktionen und einem Finanzierungsvolumen von insgesamt knapp 2,6 Mrd. EUR. In der zweiten Jahreshälfte ging die Zahl der Finanzierungsrunden auf 243 zurück, das Volumen sank auf 1,7 Mrd. EUR. Damit lagen die Finanzierungsaktivitäten aber immer noch über dem Niveau des Vorjahreszeitraums, so die Autoren der Studie.

Berlin bleibt Start-up-Hauptstadt vor Bayern und Hamburg

Berlin konnte abermals den Titel als Deutschlands Start-up-Hauptstadt verteidigen und seinen Vorsprung sogar ausbauen. Start-ups in der Hauptstadt flossen laut der Studienautoren 69% des bundesweit investierten Kapitals zu. Im Vorjahr lag der Anteil Berlins noch bei 48%. Die fünf größten Finanzierungsrunden gingen durchweg an Berliner Jungfirmen.  208 Berliner Start-ups erhielten im vergangenen Jahr bei 233 Finanzierungsrunden insgesamt knapp 3 Mrd. EUR – fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Bayerische Jungunternehmen konnten insgesamt 407 Mio. EUR einwerben, was allerdings einem Rückgang um 23% entspricht. Hamburg liegt beim Finanzierungsvolumen auf dem dritten Rang: Insgesamt 230 Mio. EUR flossen in Hamburger Start-ups – ein Anstieg um 80% gegenüber 2016. Dahinter folgen Baden-Württemberg (207 Mio. EUR), Thüringen (118 Mio. EUR) und Nordrhein-Westfalen (96 Mio. EUR).

 Boom am Standort Berlin ungebrochen

Während der Boom am Standort Berlin ungebrochen ist, war die Zahl der Finanzierungsrunden in anderen wichtigen Start-up Regionen im vergangenen Jahr laut der Studie eher rückläufig: In Bayern um 8%, in Nordrhein-Westfalen sogar um 19%, während es in Hamburg im Vergleich zum Vorjahr kaum Veränderungen gab. Bisher kleinere Ökosysteme holten nach Angaben der Studienautoren allerdings weiter auf – so erreichte Baden-Württemberg im Jahr 2017 erstmalig fast die Anzahl von Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Aber auch andere Regionen wie z.B. Hessen, Sachsen, Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen konnten laut der Analyse einen kräftigen Aufschwung verzeichnen, wenngleich auf weiterhin eher niedrigem Niveau.

Start-up Standort Deutschland entwickelt sich 2017 erneut positiv

Nach Einschätzung der Studienautoren hat sich der Start-up Standort Deutschland 2017 erneut positiv entwickelt. Immer mehr Unternehmen würden frisches Kapital bekommen. Zudem schafften mehrere  Unternehmen den erfolgreichen Sprung an die Börse und konnten dabei zusätzliches Wachstumskapital aufnehmen. Die Experten von EY werten die Zahl besonders großer Transaktionen als Zeichen für ein großes Investorenvertrauen und ausgereifte Geschäftsmodelle. Die Zahl der deutschen Wachstumsunternehmen, die eine Finanzierungsrunde abschließen konnten, stieg noch einmal von 442 auf nunmehr  475.

Delivery Hero sammelt am meisten Geld ein

Die beiden größten Finanzspritzen des Jahres gingen an ein einziges Unternehmen: Im Juni sammelte der Berliner Essenslieferdienst Delivery Hero bei seinem Börsengang insgesamt 989 Mio. EUR ein, wovon 423 Mio. EUR an das Unternehmen flossen. Schon im Mai war der südafrikanische Investor Naspers mit 387 Mio. EUR bei Delivery Hero eingestiegen. Und ebenfalls im Mai sammelte der Berliner Auto-Großhändler Auto1 insgesamt 360 Mio. EUR von verschiedenen Investoren ein. Im November erhielt zudem der Kochboxlieferant HelloFresh durch seinen Börsengang 268 Mio. EUR – bei einem gesamten Emissionsvolumen von 286 Mio. EUR. Neben den eindrucksvollen Mega-Deals, die im vergangenen Jahr getätigt wurden, werten die Studienautoren auch die hohe Zahl kleiner und mittlerer Deals als positives Zeichen. Im vergangenen Jahr gab es 64 Finanzierungsrunden zwischen 5 und 10 Mio. EUR, sieben mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Transaktionen zwischen zehn und 50 Mio. EUR stieg laut der Analyse um acht auf 54.

Zunehmendes Interesse von Großunternehmen an deutschen Start-ups

Neben steigenden Venture Capital-Investitionen in junge Unternehmen beobachten die Studienautoren auch ein weiter zunehmendes Interesse von Großunternehmen an deutschen Start-ups – insbesondere im B2B-Bereich. Die Bereitschaft in deutschen Konzernen, mit innovativen Start-ups zusammenzuarbeiten oder sie ganz zu übernehmen, um den digitalen Wandel im eigenen Haus weiter voranzutreiben, sei im vergangenen Jahr nochmal kräftig gestiegen.

E-Commerce-Unternehmen erhalten das höchste Investitionsvolumen

Das meiste Geld floss laut der Studienautoren im vergangenen Jahr in E-Commerce-Unternehmen. Insgesamt kamen die Start-ups aus diesem Bereich auf 1,8 Mrd. EUR – nach 438 Mio. EUR im Vorjahreszeitraum. Im E-Commerce-Segment wurden mit 95 Transaktionen zudem die meisten Finanzierungsrunden gezählt. Gestiegen sei sowohl die Zahl als auch der Wert der Finanzspritzen für junge Fintech-Unternehmen von 55 auf 58 Transaktionen bzw. von 415 auf 541 Mio. EUR. Auch im Bereich Health sei ein starker Anstieg zu verzeichnen: von 60 auf 71 Transaktionen und von 291 auf 522 Mio. EUR. Rückläufig waren hingegen die Summen, die in Start-ups im Bereich Energie flossen. Zwar stieg hier die Zahl der Finanzierungsrunden von zehn auf 15, das Investitionsvolumen hat sich allerdings von 231 auf 86 Mio. EUR mehr als halbiert, so die Autoren der Studie.