VC Magazin: Stichwort Energie: Wie nachhaltig agiert dieser für Nordrhein-Westfalen wichtige Sektor? Büth: In der nordrhein-westfälischen Energiewirtschaft ist einiges in Bewegung. Und gerade Kooperationen zwischen Start-ups und den etablierten Energieversorgern können helfen, erneuerbare Energien effizienter zu vermarkten, Netze optimaler auszunutzen oder auch viele kleine Anlagen zu bündeln. Auch beim Einsatz von künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Internet der Dinge und virtueller Realität sind Start-ups wichtige Innovati- onstreiber, die es den Energieunternehmen ermöglichen, neue kundenspezifischere, aber auch ressourcenschonendere Ange- bote zu entwickeln. Nordrhein-Westfalen hat hier große Chan- cen, weil sich in diesem Wirtschaftszweig viel tut und auch viel tun muss. Denken Sie nur an das rheinische Revier oder die Kohlereviere im Ruhrgebiet. Mit der Notwendigkeit, sich zu ver- ändern, geht ein großes Potenzial einher, das die Konzerne mit neuen Businessmodellen heben wollen, die sie selbst aus sich heraus entwickeln, aber auch durch die Zusammenarbeit mit Start-ups, die mit ihnen ins Geschäft kommen. VC Magazin: Welche neuen Anforderungen stellt die Prüfung von Nachhaltigkeitsfaktoren an die Due Diligence von Unternehmen? Büth: Wir fragen diese Punkte ab, diskutieren sie mit den Unter- nehmen und Unternehmern und lassen sie uns – je nach Intensität der Prüfungsnotwendigkeit – von entsprechenden Experten auch belegen. Das Thema hat also durchaus an Einfluss gewon- nen. Man darf sich aber auch nichts vormachen: Der Schwer- punkt einer jeden Due Diligence muss der nüchterne Blick auf die Zahlen sein. Bei einem Mittelständler steht also nach wie vor die Frage im Vordergrund, ob es sich um ein Geschäftsmo- dell handelt, das auch zukünftig tragfähig und rentabel ist. Bei Start-ups geht es hauptsächlich darum, ob die Geschäftsidee tatsächlich den Marktbedarf trifft und ob das Geschäftsmodell skalierbar ist. Ist das nicht der Fall, hilft einem auch die tollste Nachhaltigkeitsstrategie nichts. VC Magazin: Als Standard für nachhaltige Kapitalanlagen hat das Buchstabenkürzel ESG in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Es steht für die drei Bereiche, an denen sich das Nachhaltigkeitsengagement von Unternehmen messen lässt: Envi- ronmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unterneh- mensaufsicht). Wie macht sich das bei Co-Investments mit privaten Beteiligungsgesellschaften bemerkbar? Büth: Die NRW.Bank hat eigene Nachhaltigkeitsleitlinien, die wir bei Beteiligungen berücksichtigen müssen. Darüber hinaus sind wir selbst in drittgemanagte Fonds investiert. Dort stellen wir fest, dass auch andere Limited Partner inzwischen ESG zu ih- rem Prüfungskanon hinzugefügt haben. Konkret geht es darum, abzufragen, in welcher Form der jeweilige Fonds Nachhaltig- keitsmaßstäbe bei der Evaluation von Branchen, Unternehmen und Geschäftsmodellen berücksichtigt. Zudem schauen wir uns an, welche Sektoren oder Businessmodelle konkret ausge- schlossen werden. Ein wichtiger Punkt ist außerdem, wie das Thema auch nach einer Investitionsentscheidung und in der Der Schwerpunkt einer jeden Due Diligence muss der nüchterne Blick auf die Zahlen sein. mehrjährigen Betreuung einer Beteiligung nachgehalten und gegebenenfalls verfeinert, verbessert und angepasst wird. Gerade dieser Monitoring-Prozess und das regelmäßige Hinter- fragen im Rahmen von Strategie-Reviews sind enorm wichtig. Ich glaube, in ein paar Jahren werden Fondsmanager gar nicht mehr betonen müssen, dass Nachhaltigkeitsaspekte geprüft werden – schlicht, weil das dann einfach selbstverständlich sein wird. VC Magazin: Haben Sie den Eindruck, dass die Nachhaltigkeits- vorgaben, die sich die NRW.Bank auferlegt hat, den Markt- standard treffen – oder sind sie den ESG-Richtlinien privater Investoren voraus? Büth: Ich denke, es ist schwierig, einen Vergleich zu ziehen zwi- schen uns als öffentlicher Bank und Multiproduktanbieter und einem Private Equity-Fonds, der lediglich in einer Assetklasse unterwegs ist. Wir gehen nicht nur Beteiligungen ein und vergeben Fördermittel, sondern legen selbst beispielsweise auch Green Bonds auf, für die wir bei Investoren Kapital einwerben. VC Magazin: Die Zahl der deutschen Impact Venture Capital- Fonds ist nach wie vor sehr überschaubar. Bedürfte es Ihrer Einschätzung nach mehr dieser Kapitalgeber? Büth: Die Frage ist sicherlich berechtigt. Wir beobachten, dass mehr Fonds entstehen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit ver- schrieben haben. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze: zum einen die ökologische Nachhaltigkeit, zum anderen Social Im- pact-Programme. Social Entrepreneure hat es immer gegeben, denken Sie nur an genossenschaftliche oder gemeinwirtschaftli- che Geschäftsmodelle. In den letzten Jahren hat dieses Feld al- lerdings weiter an Dynamik gewonnen und viele neue Arten von Unternehmen und Unternehmern auf den Plan gerufen. Für sie braucht und gibt es auch neue Kapitalquellen, da sie häufig nicht einfach über die Hausbank zu finanzieren sind. Insbeson- dere der EIF ist in diesem Bereich sehr aktiv. Allerdings muss man aufpassen, dass nicht in zu kurzer Zeit zu viele Social Im- pact-Fonds aufgelegt werden, da man sonst Gefahr läuft, dass diese zu wenige geeignete Zielunternehmen finden. VC Magazin: Herr Büth, vielen Dank für das Gespräch. Paul Richter
[email protected] 17 Special „Private Equity in Nordrhein-Westfalen 2020“