Das Bessere als Feind des Guten

Es gibt ein Bonmot, das junge Hightech-Unternehmer – aber auch ihre Investoren – als Mantra jeden Morgen mehrfach aufsagen sollten: Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein. Denn die Produktlebenszyklen werden immer kürzer und ganz allgemein zieht das Tempo kontinuierlich an. Da kann auch ein kurzer Moment des Innehaltens zu einem schweren Rückstand gegenüber Wettbewerbern führen und manchmal auch zu einem unrühmlichen Ende. Das klassische Beispiel an dieser Stelle sind die Postkutschen, die von der Eisenbahn verdrängt wurden.

In den modernen Hightech-Branchen lässt sich der harte Wettbewerb zwischen Unternehmen am leichtesten anhand des Internets nachvollziehen, das in wenigen Jahren fast alle Lebens- und Geschäftsbereiche durchdrungen hat. So wie Google in kurzer Zeit Yahoo, Fireball oder Lycos als Suchmaschinen  pulverisieren konnte, hat sich auch Facebook ebenfalls schnell in vielen Ländern
eine ähnlich marktbeherrschende Stellung erarbeitet. Dessen deutscher Klon StudiVZ scheint in die Bedeutungslosigkeit abgedrängt und die ehemalige Nummer eins MySpace hat beinahe den Totalabsturz erlebt. Im Jahr 2005 war dem Medienmogul Rupert Murdoch der damalige Primus unter den Social Networks 580 Mio. USD wert, nun trennte er sich für 35 Mio. USD von seinen Anteilen. Ein Fall für das Lehrbuch dürfte auch die Entwicklung von Nokia sein: Aus dem finnischen Hersteller von Papier und Gummistiefeln wurde ein weltweit führendes Telekommunikationsunternehmen – das aktuell bei den margenstarken Smartphones jedoch den Anschluss an amerikanische und asiatische Wettbewerber verloren hat.

Da das Bessere stets der Feind des Guten ist und der Markt Innovationen gerne aufnimmt, bieten sich Hightech-Gründern hierzulande weiterhin zahlreiche spannende Optionen, wie sie gestandene Konzerne auf Trab halten können. Im Rahmen einer kurzen Umfrage (S. 20–22) zeigten sich die Investoren jedenfalls überzeugt von der technischen Kompetenz oder der Detailgenauigkeit. Und wie die Übernahme von Accoleo durch Airbnb (siehe S. 80–81) zeigt, nehmen auch US-Entrepreneure den deutschen Markt bewusst wahr. Angesichts der geringen Größe des Koblenzer Start-ups kam es den Amerikanern dabei weniger auf die Technologie oder die Marktdurchdringung an, als auf das Team dahinter. Auch das ist ein Beweis dafür, dass der unternehmerische Nachwuchs hierzulande weiß, was er tut.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre des Tech-Guide 2011.

Ihr
Torsten Paßmann