Verunsicherung bei Private Equity?

Hintergrund des Verfahrens

Am 26. Oktober 2011 veröffentlichte der Bundesfinanzhof (BFH) die erste höchstrichterliche Entscheidung (Urteil vom 24. August 2011, Az.: I R 46/10, abgedruckt in DStR 2011, S. 2085), in der sich der für Auslandssachverhalte zuständige I. Senat zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb bei Private Equity-Fonds äußert. Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass der britische Private Equity-Fonds, der Gegenstand des Verfahrens war, gewerblich ist. Der BFH legt dabei zum einen die Kriterien des Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 16. Dezember 2003 (BStBl. I 2004, S. 40, sogenannter Private Equity-Erlass) zugrunde. Danach sprachen bei dem Private Equity-Fonds, der Gegenstand des Verfahrens war, folgende Umstände für Gewerblichkeit:

  • umfangreiche eigene Organisation (Management);
  • Kreditfinanzierung (Leverage);
  • unternehmerische Einflussnahme bei den Portfoliogesellschaften;
  • Handeln auf fremde Rechnung unter Einsatz beruflicher Erfahrung.

Entgegen den Vorgaben des Private Equity-Erlasses sah der BFH zusätzlich eine durchschnittlich vierjährige Haltedauer der Portfoliobeteiligungen als einen für die Gewerblichkeit sprechenden Umstand an. Darüber hinaus zog der BFH weitere Kriterien heran, die nicht im Private Equity-Erlass aufgeführt sind:

  • Gesellschafter des Fonds waren nur institutionelle Investoren;
  • der Fonds sei ein Finanzunternehmen im Sinne des Kreditwesengesetzes.

Dies führte jedoch in dem konkreten Fall dazu, dass die Einkünfte aus diesem Private Equity-Fonds nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Großbritannien – allerdings in der in dem Streitjahr 1998 geltenden Fassung – steuerfrei sind. Da die Einkünfte auch in Großbritannien keiner Besteuerung unterlagen, erzielten die deutschen Investoren im Ergebnis sogenannte weiße Einkünfte.

Vermögensverwaltung vs. Gewerbebetrieb

Gleichzeitig äußert sich der BFH auch generell zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb bei Private Equity-Fonds und insbesondere zum Private Equity-Erlass. Der BFH bezweifelt, dass die von der Finanzverwaltung in dem Private Equity-Erlass entwickelten Kriterien zur Behandlung von Private Equity-Fonds als vermögensverwaltend zutreffend sind. So stehe bei Private Equity-Fonds die Substanzumschichtung im Vordergrund („buy to sell“), was „händlertypisch“ sei. Zudem lassen sich die typischen Tätigkeiten eines Private Equity-Fonds (insbesondere auch das Screening sowie das Monitoring der Beteiligungen) nur im Rahmen gewerblicher Unternehmen bewältigen.

Bedeutung und Auswirkungen des Urteils

Die Ausführungen des BFH zeigen eine äußerst kritische Haltung gegenüber vermögensverwaltenden Private Equity-Fonds. Dies zeigt auch die Pressemitteilung zum Urteil, die auf eine „sehr großzügige Praxis der Finanzverwaltung“ Bezug nimmt. Formal handelt es sich bei den Ausführungen zwar nicht um tragende Gründe der Entscheidung. Es ist jedoch zu erwarten, dass der BFH – zumindest der für Auslandssachverhalte zuständige I. Senat – diese Grundsätze in einem anderen Verfahren, in dem es im Schwerpunkt um die Abgrenzung der Vermögensverwaltung von der Gewerblichkeit geht, bestätigen würde. Der BFH würde sich damit gegen eine mittlerweile über Jahre gefestigte und in Teilen sehr differenzierte Verwaltungspraxis wenden, wonach Private Equity-Fonds im Regelfall als vermögensverwaltend anzusehen sind.

Eine allgemeine Aussage, dass eine Behandlung von Private Equity-Fonds als gewerblich für die Investoren eines Fonds vorteilhafter oder nachteiliger ist, kann so nicht getroffen werden. Vielmehr hängt die Beurteilung von verschiedenen Faktoren ab. Namentlich muss zwischen in- und ausländischen Fonds sowie in- und ausländischen Investoren sowie darüber hinaus zwischen institutionellen und Privatinvestoren unterschieden werden. Nachteile dürften sich vor allem für ausländische Investoren in inländischen Fonds ergeben. Bei Beteiligungen inländischer Investoren an ausländischen Fonds könnte sich eine Gewerblichkeit jedoch tendenziell sogar vorteilhaft auswirken. Allerdings dürfte eine Freistellung nach einem DBA kaum mehr infrage kommen.

Weitere Freistellungen zweifelhaft

Im letzten Jahr trat eine revidierte Fassung des DBA mit Großbritannien in Kraft, nach der derartige Doppelfreistellungen nicht mehr möglich sein sollten. Auch nach anderen Doppelbesteuerungsabkommen, insbesondere z.B. mit den USA, sowie aufgrund zwischenzeitlicher Änderungen im innerstaatlichen Recht (sogenannter „Treaty Override“) dürfte dies nicht mehr möglich sein. Kritisch anzumerken ist allerdings, dass das BFH-Urteil auf einer recht dürftigen Faktenlage basiert. So lassen die Urteilsgründe nur sehr eingeschränkt erkennen, welche Anlagestrategie der britische Private Equity-Fonds tatsächlich verfolgt hat. Ferner sind einige Aussagen, namentlich zur Besteuerung in Großbritannien, vor dem Hintergrund der dortigen Praxis schlicht unzutreffend. Es ist schade, dass der BFH ausgerechnet einen derartigen – eher atypisch gelagerten – Fall zum Anlass genommen hat, sich generell zu Private Equity-Fonds zu positionieren.

Ausblick

Entscheidend ist, wie sich das BMF zu dem BFH-Urteil positioniert. Solange das BMF den Private Equity-Erlass nicht aufhebt oder anpasst, bleibt die Finanzverwaltung grundsätzlich an dessen Inhalt gebunden. Sofern die Finanzverwaltung allerdings an ihrer bisherigen Auffassung nicht mehr festhalten will, sollte sie – wie in derartigen Fällen üblich – Bestandsschutz für Fonds vor einem bestimmten Stichtag gewähren. Die Reichweite des Bestandsschutzes kann allerdings unterschiedlich ausfallen oder auch ein Bestandsschutz ganz versagt werden. Es ist wichtig, dass nicht erst wieder Jahre der Rechtsunsicherheit entstehen. Eine gesetzliche Lösung für den steuerlichen Rahmen könnte bei der ohnehin anstehenden Regulierung der Branche gleich mitgeschaffen werden. Konzepte für entsprechende Gesetze sind bereits mehrfach diskutiert worden.     

Zu den Autoren
Uwe Bärenz (li.) ist Partner und Ronald Buge Associate bei P+P Pöllath + Partners. Bärenz ist auf Fondsstrukturierung sowie auf die steuerliche und rechtliche Beratung von Alternative Investment Funds spezialisiert, Buge auf Fonds und Finanzmarktprodukte.