Die (Ohn-)Macht der Medien

Der Anruf von Bundespräsident Christian Wulff bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann hat ein breites Medienecho nach sich gezogen. Der erste Mann im Staat drohte dem wohl mächtigsten deutschen Blattmacher mit Krieg und juristischen Konsequenzen und trat dabei nicht nur die Pressefreiheit mit Füßen. Während der Aufschrei  quer durch alle Bevölkerungsschichten groß war, verstand es die Bild-Zeitung blendend, mit Wulffs Verfehlungen Schlagzeilen und Kasse zu machen. Immerhin war es  die oberste moralische Instanz der Bundesrepublik, die sich zu einer ungeschickten wie folgenschweren Drohung in Richtung Presse hinreißen ließ.

Eine solche, von Vielen mit erhobenem Zeigefinger verurteilte Art der Einflussnahme, zieht sich leider quer durch die gesamte Presselandschaft. Ob mittels Androhung von juristischen Maßnahmen, Entzug von Werbebudgets oder Kündigung jeglicher Zusammenarbeit. Auch wir als Macher des VentureCapital Magazins müssen immer wieder tief schlucken, wenn wir sehen, zu welch fragwürdigen Maßnahmen sich Marktteilnehmer oder deren Handlanger hinreißen lassen, um unsere Arbeit zu beeinflussen. Dabei ist eine unabhängige Berichterstattung gerade im Bereich Private Equity essenziell, wo in der Öffentlichkeit auch Jahre nach Müntefering & Co noch immer das Bild der Heuschrecke bemüht wird.

Die Herausforderungen für die Branche sind ohnehin groß: Regulatorische Vorschriften wie Basel III oder Solvency II lassen den Kapitalfluss in die Assetklasse Private Equity abebben. Die Renditen vieler Fonds gestalten sich nicht zur Zufriedenheit der Limited Partner. Und im Venture Capital-Bereich ist institutionelles Kapital bereits knapp geworden, wie Dr. Peter Güllmann, Vorstandsmitglied des Branchenverbands BVK (www.bvkap.de) und Bereichsleiter Beteiligungen bei der NRW.Bank (www.nrwbank.de), im Interview ab Seite 18 berichtet.

Um in der Öffentlichkeit das Verständnis zu schärfen, dass Beteiligungskapital mitten in der Eurokrise ein Teil der Lösung für technologischen Fortschritt und Wachstum ist, hat sich der Vorstand des BVK in seiner Klausurtagung Anfang 2012 dafür entschieden, einen besonderen Schwerpunkt auf die Pressearbeit zu legen. Das VentureCapital Magazin wird diese Offensive gerne unterstützen, weil die Förderung der Gründer-, Eigenkapital- und Innovationskultur in Deutschland seit der ersten Ausgabe unseres „Magazins für Investoren und Entrepreneure“ im Juni 2000 das erklärte Ziel dieser Publikation ist.
Wichtig für eine realistische und ernstzunehmende Berichterstattung ist dabei eine transparente und ehrliche Darstellung sämtlicher Sachverhalte. Und hierzu gehören im Beteiligungsgeschäft neben gern gesehenen Erfolgsgeschichten auch zweitklassige Exits und Abschreibungen. Nur wenn alle Marktteilnehmer – und nicht nur der BVK – bereit sind, hier offen und transparent zu kommunizieren,  haben die Medien die Möglichkeit, ein unverzerrtes und glaubwürdiges Bild zu zeichnen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein glückliches, erfolgreiches aber vor allem gesundes Jahr 2011 – mit guten Exits und wenigen Abschreibungen!

Ihr Mathias Renz