Akquisitionsfinanzierung aus Sicht einer Bank

Schlechtere Refinanzierungssituation

Ob vor oder nach der Pleite der Investmentbank Lehman – die gesamten Kosten einer Akquisitionsfinanzierung haben sich aus Sicht des Kredit­nehmers kaum verändert. Je nach Euribor (Euro InterBank Offered Rate, www.euribor-ebf.eu ) , dem Zinssatz für Termingelder in Euro im Interbankengeschäft, liegen sie leicht darüber oder darunter. Aus Sicht des Kreditinstitutes hat sich allerdings die Refinanzierungs­situation seit Ausbruch der Finanzkrise dramatisch verschlechtert. Während sich die zahlreichen AAA/AA-gerateten Banken vor der Krise nur unwesentlich über dem variablen Euribor refinanzieren konnten, variiert die Finanzierung seither stark zwischen den Instituten. Hauptgründe sind zahlreiche Rating-Downgrades sowie der zeitweise ausgetrocknete Interbankenmarkt. Grundsätzlich sind die Refinanzierungskonditionen für die meisten Institute angestiegen und befinden sich grob in einer Bankbreite zwischen 1,5 und 2,5% über Euribor.

Multiple nicht größer als 1,1x

Als Folge dieser höheren Refinanzierungskosten hat sich der Deckungsbeitrag, d.h. der Ertrag nach Refinanzierungs- und Personal-/Sachaufwand kaum verändert. Die Kreditinstitute geben faktisch nur ihre höhere Kostenbasis an die Kunden weiter. Über eine Kreditlaufzeit von durchschnittlich ca. fünf Jahren ergibt sich dadurch ein kumulierter Deckungsbeitrag von ca. 10%. Bei einem Kredit von 10 Mio. EUR ergibt sich z.B. ein absoluter Deckungsbeitrag von ca. 1 Mio. EUR. In der Sprache der Private Equity-Branche bedeutet dies, dass ein Money-Multiple von 1,1x nicht überschritten werden kann, da keinerlei Upside besteht, während bei den Finanzinvestoren als Eigenkapitalgeber Money-Multiples von 2,5x oder durchaus üblich sind.

Maximal ein Totalausfall möglich

Mögen diese Deckungsbeträge aus Banksicht zunächst üppig erscheinen, muss bedacht werden, dass von diesem Deckungsbeitrag noch die Kreditausfälle eines Kreditportfolios finanziert werden müssen. Diese Kreditausfälle lassen sich insbesondere bei risikoreichen LBO-Krediten nicht zu 100% vermeiden. Das Rechenbeispiel verdeutlich dabei, dass ab einer kumulierten Ausfallrate von ca. 10% (bzw. 2% p.a.) das Ergebnis bei plus/minus Null liegt. Muss z.B. von 10 Akquisitionsfinanzierungen ein Unternehmen Insolvenz anmelden, wäre der Gewinn der Bank für die gesamte durchschnittliche Kreditlaufzeit von fünf Jahren bei Null, da die Sicherheitenverwertung erfahrungsgemäß wenig einbringt. Um eine Eigenkapitalrendite von rund 10% zu erreichen, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass kumuliert nur 5% des Kreditvolumens (siehe Beispiel) ausfallen darf. In Fallzahlen ausgedrückt heißt dies, dass bei 20 Akquisitionsfinanzierungen max. ein Totalausfall oder z.B. zwei bis drei Teilausfälle möglich sind.

Ziel: Kontrolle der Ausfallrate

Sollte ein Kreditinstitut keinerlei Ausfälle erreichen, wäre rein theoretisch eine Eigenkapitalrendite von 20% darstellbar. Ansonsten besteht nur die Möglichkeit über Upfront-Fees und einem Weiterverkauf der Kredite, die Eigenkapitalrendite zu erhöhen (höhere Fees im Verhältnis zum Kreditvolumen). Hierbei würde sich die Bank jedoch von dem eigentlichen Geschäftsmodell des „Risk-Takers“ hin zum „Kredithändler bzw. Kreditberater“ bewegen. Für den Kreditaufkäufer träfen die hier dargestellten Parameter jedoch uneingeschränkt zu. Diese Relationen verdeutlichen, dass der wesentliche Werttreiber eines Kreditinstitutes in der Kontrolle der Ausfallrate liegt. Alle anderen Parameter sind nur bedingt beeinflussbar und relativ konstant. Im Gegensatz zu den Unternehmenskäufern (Eigenkapitalgebern) kann die Ausfallrate nicht durch besonders gute Deals (Kredite) ausgeglichen werden, da ein klassischer Kredit kein Upside beinhaltet. Während also ein Private Equity-Investor ein oder zwei potenzielle Insolvenzen mit nur einem guten Deal ausgleichen bzw. überkompensieren kann, hat ein Kreditinstitut diese Möglichkeit nicht.

Verschiedene Interessenslagen

Aus diesen unterschiedlichen Geschäftsmodellen des Eigenkapital- bzw. Fremdkapital­gebers ergeben sich teilweise auseinander laufenden Interessenslagen. Dies drückt sich insbesondere in der Beurteilung von Neugeschäft aus. Während die Eigenkapital­finanzierung eines eher instabilen bzw. volatilen Geschäftsmodells oder auch die Über­nahme eines Restrukturierungsfalls mit viel Upside-Potenzial verbunden sein kann und damit ein ausgewogenes Rendite-/Risikoprofil aufweist, sollte die Fremdkapitalfinanzierung dieser Unternehmenstypen aufgrund einer geringen bis sehr geringen Downside-Protection nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen (z.B. auf Basis werthaltiger Sicherheiten) in Erwägung gezogen werden.

Verschiedene Lösungsansätze

Ein Auseinandergehen der Interessenslagen zeigt sich ferner bei bestehenden Fremdkapital­engagements, die in Schwierigkeiten geraten. Gegebenenfalls ist zu diesem Zeitpunkt das Eigenkapital bereits „out-of-money“, das Fremdkapital jedoch noch teilweise im Geld. Um eine eventuelle weitere Wertminderung des Fremdkapitals zu vermeiden, kann es aus Sicht des Fremd­kapital­gebers sinnvoll sein, die Kredite z.B. an einen Hedgefonds zu veräußern. Eine mögliche Option wäre auch, den Kreditnehmer zu einer Rückführung zu bewegen, in dem das Unternehmen selbst weiterveräußert wird. Der Eigenkapitalgeber jedoch hat eher ein Interesse am Halten des Unternehmens, um auf eine Wert­erholung zu hoffen und möchte auch die Weiterreichung der Kredite an einen unbekannten Hedgefonds vermeiden. Durch eine frühzeitige und konstruktive Zusammenarbeit können jedoch die Interessenslagen der Parteien auch in diesen schwierigen Phasen im Sinne des Unternehmens angeglichen werden.

 

Zum Autor

Thiemo Bischoff ist Head of Leveraged Finance bei der Investkredit Bank AG (www.investkredit.at), einer Tochter der Österreichischen Volksbank AG (www.volksbank.com). Er ist verantwortlich für ein Kreditportfolio bestehend aus ca. 80 Akquisitionsfinanzierungen mit dem Schwerpunkt Small und Mid Cap in Deutschland, Schweiz und Benelux.