Interview mit Anouk Agnes, Association of the Luxembourg Fund Industry

VC Magazin: Seit rund einem Jahr ist die AIFM-Richtlinie nun in nationales Luxemburger Recht umgesetzt. Ein erstes Fazit: Wie haben sich Ihrer Meinung nach die Regelungen auf die Manager und auf die Branche ausgewirkt?
Agnes: Ein Fondsmanager hat es so auf den Punkt gebracht: Die AIFM-Richtlinie war für Manager wie die Phasen der Trauer. Anfangs will man gar nicht hinsehen, dann lernt man, damit zu leben. Genauso war es bei der Diskussion über die Direktive: Viele Manager schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, fragten sich, was es bringen und wie viel es kosten würde. Als man sah, dass kein Weg daran vorbeiführte, fand sich die Industrie damit ab und fand sogar viele gute und praktische Lösungen. Viele Manager wollen nun die Chance nutzen, um in diesem neuen Umfeld die alternative Branche in Europa aufzubauen. Europa war für alternative Fonds nie so bekannt wie die Kaimaninseln oder die USA. Dadurch sieht es eher so aus, als ob sich in Europa ein zweiter Geschäftsbereich auftun würde, über den man nun vielleicht einfacher kommunizieren kann. Es gibt aber auch Investoren, die vorher vielleicht nie daran gedacht hatten, in alternative Fonds zu investieren, da diese schwer zu erfassen waren oder als riskanter galten. Nun sind diese Fonds gut reguliert und es gibt diverse Schutzmechanismen, wodurch sich vielleicht auch neue Kunden in diese Richtung bewegen. Die Regulierung ist also eine Chance, das Feld auszubauen. Es sieht nach einem neuen Markt und Wachstumspotenzial aus.

VC Magazin: Im Vorfeld der AIFMD-Einführung gab es Diskussionen, ob dies nicht den Finanzstandort Liechtenstein bevorteilen und Luxemburg an Boden verlieren würde. War das aus Ihrer Sicht eine berechtigte Sorge?
Agnes: Den ersten Resultaten zufolge haben wir im internationalen Vergleich eine sehr gute Position. Bis dato haben 229 Manager bei der CSSF um eine AIFM-Lizenz angefragt. Dazu kommen 536 Manager, die unter der Registrierungsschwelle liegen. An der Anzahl der Manager gemessen liegen wir europaweit an zweiter Stelle – hinter Frankreich. Wenn wir uns allerdings die Namen ansehen, sind wir meiner Meinung nach besser und vor allem internationaler aufgestellt, da in Frankreich sehr viele kleinere Assetmanagement-Gesellschaften domiziliert sind, die sich vorrangig um den französischen Markt kümmern. Dagegen findet man die großen internationalen Namen in Luxemburg. Da wir traditionell ein Fondsdomizil sind, hoffe ich, dass die zukünftige Entwicklung weiterhin positiv sein wird.

VC Magazin: Die Luxemburg Leaks haben die Steuerpraxis ins Licht der breiten Öffentlichkeit gelenkt. Wie nehmen Sie die Stimmung innerhalb der Luxemburger Fondsbranche wahr? Wird dieses Thema dort behandelt?
Agnes: Das Ausmaß musste jeden beschäftigen, obwohl wir alle wussten, dass das Thema kommen würde. Das Problem war: Niemand wusste, was genau kommen würde und in welchem Ausmaß – es ist eingeschlagen wie eine Bombe. Wir haben allerdings viel kommuniziert und in der Zwischenzeit ist den meisten klar, dass es kein luxemburgspezifisches Problem ist: Solche Rulings gibt es überall. Andere Länder wären eventuell noch schwerwiegender betroffen. Das Konsortium hat sich leider auf Luxemburg konzentriert, und dadurch entstand das Bild, dass dieses Problem speziell auf Luxemburg zuträfe. Dass das nicht so ist, haben wir inzwischen klargestellt. Für die Fondsindustrie war das sehr wichtig, da viele große Fondshäuser ihren Hauptsitz hier haben. Wie die meisten anderen Länder hatten wir eine Praxis legaler Rulings. Obwohl es legal ist, sehen wir ein, dass es mittlerweile ethisch nicht mehr vertretbar ist, dass derart große Firmen so wenig oder gar keine Steuern zahlen. Daher ist man in Luxemburg sehr proaktiv und bereit zu diskutieren, um gegebenenfalls die Regeln zu ändern. Es reicht jedoch nicht aus, wenn nur wir diese Regelungen ändern. Darüber hinaus ist die Fondsindustrie von diesen Vorfällen nicht unbedingt betroffen. Man muss zwischen großen Firmen, zu denen Banken und Fondshäuser zählen, und den Fondsstrukturen unterscheiden. Luxemburg ist ein Fondsdomizil. Wir haben hier 3.900 Investmentfonds, die alle Steuern zahlen – darunter auch die Subscription Tax, eine Art Stempelsteuer auf den Fonds, die es in anderen Ländern nicht gibt und die für Umfeld, Expertise, Vertrieb, Verwaltung und Risikomanagement gezahlt wird. Wir sind in Europa das erste Fondsdomizil ohne Steuervorteile geworden.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview, Frau Agnes.

Anouk Agnes ist seit April 2012 Leiterin Kommunikation und Geschäftsentwicklung bei ALFI, dem Verband der luxemburgischen Fondsindustrie ALFI (Association of the Luxembourg Fund Industry). Vor ihrem Eintritt bei ALFI war Anouk Agnes als Beraterin beim Finanzministerium in Luxemburg tätig. Der Schwerpunkt ihrer Verantwortung lag auf der Regierungspolitik zur Förderung der Entwicklung des Finanzsektors in Luxemburg.