Innovative Bereicherung von außen

Mehr Risikobereitschaft

D3 Dieter KraftNach Einschätzung von Dieter Kraft, Investment Partner der Robert Bosch Venture Capital GmbH (RBVC), hat die Bedeutung von Corporate Venture Capital zugenommen. Zunehmend beteiligen sich auch größere Mittelständler an Jungunternehmen, um „einen Blick in die Open-Innovation-Szene“ zu bekommen. „Sie sind risikobereiter geworden, dort zu investieren“, sagt Kraft. „Wir arbeiten bei der RBVC organisatorisch ähnlich wie ein klassischer Venture Capital-Geber, lassen dem Start-up etwas freiere Hand. Es muss nicht ganz genau in die Strategie unserer Geschäftseinheiten passen, sondern sollte sogar komplementär zu unserem Geschäft sein. Diese freiere Strategie schafft letztlich auch mehr Freiheit bei einem Exit bzw. bei der Suche nach einem Käufer.“ Die 2007 gegründete RBVC hat etwas mehr als 20 Firmen im Portfolio und 270 Mio. EUR „under Management“; sie kann bis zu 50 Mio. EUR pro Jahr investieren. „Wir investieren bereits  ab der Seed-Phase und unterstützen z. B. Start-up-Accelerators u.a. per Coaching. So verschaffen wir uns einen guten Einblick in die Innovationsszene“, erklärt Kraft. Der Auswahlprozess ist anspruchsvoll: „Wir schauen uns jährlich ca. 800 bis 1.000 Firmen an und investieren dann in vier oder fünf.“ Schwerpunktbereiche, in die RBVC investiert: Vernetzung, Elektrifizierung einschließlich Elektromobilität, Energieeffizienz und Automatisierung. Kraft: „Wir achten immer darauf – und das ist auch bei vielen anderen Akteuren so – wie viel Kapital tatsächlich gebraucht wird – also auf Kapitaleffizienz und eventuelle Folgefinanzierungen.“

Ähnlich wie ein klassischer Venture Capital-Fonds

Christian Winter, CEO von Tengelmann Ventures, beobachtet ebenfalls ein steigendes Interesse von Corporates, auch bereits in sehr frühenD3 Christian Winter Phasen und in kleinere Firmen zu investieren. „Dies ist positiv für unsere gesamte Gründerlandschaft, da insgesamt nach wie vor zu wenig Kapital für Jungunternehmen zur Verfügung steht.“ Tengelmann Ventures ist seit 2009 am Markt und hat seitdem mehr als 300 Mio. EUR in rund 40 Firmen weltweit investiert sowie auch bereits einige Exits hinter sich. Neben der Otto-Gruppe ist Tengelmann im Einzelhandel der größte Corporate Venture Player; aber auch z.B. Rewe und Metro haben bereits Frühphaseninvestments getätigt. Tengelmann Ventures agiert ähnlich wie ein klassischer Venture Capital-Geber und investiert vorwiegend in die Bereiche Consumer Internet, Marktplätze, Classifieds/Online-Anzeigen sowie in Technologiefirmen mit dem Schwerpunkt auf Software-Unternehmen. Allgemein rechnet Winter für die nächsten Jahre mit einer weiteren Belebung im Corporate Venturing. „Wir können das in Deutschland nur begrüßen, wenn Corporates, erfahrene Unternehmer bzw. Privatpersonen sowie Family Offices verstärkt investieren.“

Förderbank KfW bietet Unterstützung

D3 Albrecht DeißnerNeben anderen ist die staatliche Förderbank KfW, die die Innovations- und Gründungsfinanzierung als eine ihrer zentralen Aufgaben sieht, ein wichtiger Partner bzw. Co-Investor für Corporates. Gerade in kapitalintensiven Branchen haben sich zunehmend in Club Deals klassische Venture Capital-Geber, Corporates, KfW, Business Angels und Family Offices in zahlreichen Finanzierungsrunden ergänzt. Albrecht Deißner, Direktor Beteiligungsfinanzierung bei der KfW, sah in den letzten Jahren einen „erfreulichen Anstieg“ der Aktivitäten von Business Angels, Family Offices und Corporates, während klassische Venture Capital-Geber es schwer hatten, neue Fonds zu schließen. Insbesondere der Angebotslücke bei Anschlussfinanzierungen in der Start-up- und Wachstumsphase gelte es zu begegnen.

Fraunhofer Venture als Co-Investor

CVC EinheitenAus der Sicht von Thomas Doppelberger, Leiter Fraunhofer Venture, einem weiteren potenziellen Co-Investor, hat sich die Einstellung des D3 Thomas Doppelbergergesamten Umfelds zum Thema Innovationen, Start-up-Finanzierung und öffentlich geförderter Forschung verbessert. „Technologietransfer sowie Ausgründungen aus Unis und Forschungsinstituten haben heute einen höheren Stellenwert als vor ein paar Jahren“, sagt Doppelberger. Regulatorisch haben Forschungsinstitute mehr Freiheiten erhalten, sind flexibler geworden bei der Art, wie sie Ausgründungen und Start-ups unterstützen. „Wir investieren stets zusammen mit anderen Investoren.“ In Ausgründungen aus Fraunhofer-Instituten fließen jährlich etwa 50 Mio. EUR Eigenkapital, davon etwa 10% von Fraunhofer Venture mit einer Beteiligungsquote von maximal 25%, der Rest von verschiedenen anderen Investoren. „Unsere Mitfinanzierung gibt anderen Investoren – darunter auch klassische Venture Capital-Geber und Corporate Ventures – mehr Sicherheit bei ihrer Einschätzung des Risikos. Zudem merken wir aber auch, dass wir bei vielen Projekten externe Personen zum Team hinzuziehen müssen, mit externen Ideen und Geschäftsmodellen. In dieser Hinsicht werden wir uns in Zukunft noch stärker öffnen.“

Fazit

Corporate Venture-Einheiten finden sich mittlerweile in praktisch allen Branchen. Wagniskapital von Corporates stellt einen zunehmend wichtigen Faktor dar – nicht nur für die Großunternehmen selbst und die von ihnen geförderten Start-ups, sondern vor allem auch für Innovationsdynamik in Deutschland insgesamt.