Adventsgespräche – 14. Dezember

Mit Ulrike Hinrichs, Bundesverband Deutsche Kapitalbeteiligungsgesellschaften

Adventsgespräche – 14. Dezember; Mit Ulrike Hinrichs, Bundesverband Deutsche Kapitalbeteiligungsgesellschaften
Adventsgespräche – 14. Dezember; Mit Ulrike Hinrichs, Bundesverband Deutsche Kapitalbeteiligungsgesellschaften

Der Advent ist eine willkommene Gelegenheit, inne zu halten, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und neue Energie für die bevorstehenden Aufgaben zu sammeln. In der Reihe „Adventsgespräche“ kommen Köpfe der deutschen Venture Capital- und Private Equity-Szene zu Wort, ziehen ein Fazit zu 2020 und werfen einen Blick nach vorne auf die kommenden zwölf Monate.

VC Magazin: Die Corona-Krise ging auch an der deutschen Beteiligungsindustrie nicht spurlos vorbei. Wie nehmen Sie die Stimmung bei den hiesigen Venture Capital- und Buyout-Gesellschaften aktuell wahr?
Hinrichs: Die Betreuung bestehender Portfoliounternehmen stand ganzjährig sehr im Fokus, um diese sicher durch die Krise zu manövrieren. Trotz der widrigen Umstände zeigt sich aber auch ein sehr robustes Investitionsniveau. Im Buyout-Bereich bewegen sich die Investitionen im ersten Halbjahr dieses Jahres auf dem hohen Niveau der Jahre 2017 und 2018. Im Venture Capital-Bereich liegen die Investitionen nur geringfügig unter dem bisherigen Rekordjahr 2019. Hier haben die schnellen Maßnahmen der Bundesregierung über das Start-up Schutzschild geholfen. Aktuell würde ich die Lage als vorsichtig optimistisch beschreiben. Die Beteiligungsgesellschaften besitzen ausreichend Liquidität, die in Unternehmen investiert werden kann. Die Auswahl und Beurteilung einzelner Geschäftsfelder erfolgt jedoch deutlich restriktiver als in der Vergangenheit.

VC Magazin: COVID-19 zum Trotz haben in diesem Jahr eine Reihe von Beteiligungsgesellschaften neue Fonds einwerben können. Ist die Assetklasse inzwischen fest in der Anlagestrategie institutioneller Investoren verankert?
Hinrichs: Hier stelle ich in der Tat eine sehr erfreuliche Entwicklung in den letzten Jahren fest. Immer mehr Investoren erkennen den wichtigen positiven Beitrag der Anlageklasse zum Rendite-/Risikoprofil eines Gesamtportfolios. Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase ist die Anlageklasse auch stärker in den Fokus der institutionellen Investoren gerückt. Darüber hinaus hat Private Equity beziehungsweise Venture Capital über einen langen Zeitraum und verschiedene Wirtschaftszyklen gute Ergebnisse für die Investoren erzielt. Ein Gesichtspunkt, der in der aktuellen Situation ein großer Vorteil ist.

VC Magazin: Welche Impulse erwarten Sie von dem Zukunftsfonds, der mittlerweile konkrete Formen annimmt?
Hinrichs: Die ersten Haushaltsmittel für den Zukunftsfonds wurden jetzt im Bundeshaushalt für 2021 verankert. Das ist ein wichtiges Signal für das gesamte Start-up-Ökosystem und den Technologiestandort in Deutschland. Jetzt geht es vor allem darum, dass die einzelnen Module des Zukunftsfonds marktgerecht ausgestaltet werden, damit sie den bestehenden Markt effizient ergänzen. Ob der Zukunftsfonds ein Erfolg sein wird, entscheidet sich letztlich darin, ob es gelingt ergänzend privates Kapital zu mobilisieren und Anreize für institutionelle Investoren zu setzen. Vor dem Hintergrund des Brexit liegt hier auch eine große Chance für Deutschland. Wenn es uns hier gelingt den Markt nachhaltig zu stärken, können wir viele Investoren gewinnen. Dafür muss die Regierung aber auch mutig sein und darf sich nicht zu sehr im Klein-Klein verlieren.

VC Magazin: Mit welchen Gefühlen blicken Sie persönlich auf 2020 zurück?
Hinrichs: Dieses Jahr war in jeglicher Hinsicht ein sehr herausforderndes Jahr, das uns wohl immer in Erinnerung bleiben wird. Der Alltag hat sich komplett verändert und es haben sich ganz neue Fragen gestellt. Sei es die Herausforderung Beruf und Familie während eines Lockdowns zu vereinbaren, die Umstellung auf einen weitestgehenden Homeoffice-Betrieb und der Verzicht auf Begegnungen im familiären und beruflichen Umfeld. Als kommunikativer Mensch fehlt mir der direkte Kontakt zu den Menschen schon sehr, hier hoffe ich auf ein Stück weit mehr Normalität im kommenden Jahr. Beruflich hat es mich sehr gefreut, dass nach Jahren intensiven Austauschs mit der Politik Themen wie der Zukunftsfonds oder auch das Fondsstandortgesetz endgültig auf der politischen Agenda angekommen sind und umgesetzt werden. Eine richtige und wichtige Entwicklung, aber hier gibt es auch noch viel zu tun.

VC Magazin: Und Ihr Blick nach vorne in Richtung 2021?
Hinrichs: Das Jahr wird stark geprägt von der Bundestagswahl sein. 16 Jahre Kanzlerschaft Angela Merkel neigen sich dem Ende zu. Höchstwahrscheinlich werden wir eine andere Regierungskoalition erleben. Eine aufregende Richtungswahl für die Bundesrepublik, die in den letzten Jahren ein Stabilitätsanker bei den weltweiten Krisen war. Die kommenden Monate werden für uns als gesamte Gesellschaft noch eine große Herausforderung. Ich hoffe hier auf eine gemeinsame Kraftanstrengung und dass wir hier Alle zusammenstehen, um im Gesamten gestärkt aus der Corona-Krise zu kommen. Gesundheit bleibt mein wichtigster Wunsch fürs kommende Jahr.

VC Magazin: Frau Hinrichs, vielen Dank für das Interview.

 

Ulrike Hinrichs ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK).