„Große Private Equity-Häuser schauen sich vermehrt Sportverbände und Sportligen an“

Interview mit Marcus Höfl, Founder, Investor und Consultant

Marcus Höfl ist der Manager von Franz Beckenbauer und hat zahlreiche Sportgrößen beraten. Heute agiert er intensiv auch als Investor: So hat er sich nach der Veräußerung seiner Anteile beim FC Augsburg bei leAD beteiligt, dem Accelerator der Enkel von Adi Dassler. Gleichzeitig sondiert er nicht nur den Sportsektor nach interessanten Beteiligungsmöglichkeiten.

VC Magazin: Sie haben Boris Becker, Franziska van Almsick und Franz Beckenbauer beraten. Welche Rolle spielte dabei das Thema Investition in Start-ups und Unternehmen?

Höfl: Franz Beckenbauer betreue ich bis heute. Zwischen 2006 und 2012, als ich auch Boris Becker oder Franziska van Almsick begleitet habe, war das Investieren für Sportler in Start-ups und Unternehmen noch kaum ein Thema. Es ging vor allem darum, dass Werbekunden Sportler wie Boris Becker oder Franz Beckenbauer als Werbegesichter gewinnen wollten. Rückblickend wären aber bereits damals Investitionen in Start-ups und Unternehmen im Sportbereich sehr schlau gewesen, denn es gab für Investitionen einen Nachfragermarkt. Inzwischen hat sich der Markt stark verändert; immer mehr Sportler sind als investierende Investoren aktiv.

VC Magazin: Welche Sportler haben damit sehr früh angefangen?

Höfl: Philipp Lahm hat früh in Markenunternehmen investiert, die in teilweise geschäftlichen Turbulenzen steckten, so zum Beispiel Schneekoppe oder den Naturheilmittelhersteller Sixtus. Heute sind Sportler wie Nico Rosberg aktiv, der neben seinem Engagement in der Höhle der Löwen sehr in nachhaltige Unternehmen investiert – das reicht von Elektro-Ladesäulen bis zur Insektennahrung. Ich selbst habe das Beteiligungsthema vor vielen Jahren in den USA wahrgenommen. Bereits damals war der Markt dort fortgeschrittener. Viele Sportler, zum Beispiel LeBron James, waren bereits als Investoren unterwegs. Aktuell schaue ich mir zwei Firmen zur Beteiligung an: Bei der einen ist Maria Scharapowa beteiligt, bei der anderen Serena Williams. Auch bei uns gibt es einige Sportler als aktive Investoren – allein Robert Lewandowski ist an fünf oder sechs Start-ups beteiligt. Das Investieren in Start-ups hat bei bekannten Sportlern also durchaus Konjunktur.

VC Magazin: Welche Investoren sehen Sie im Sportbereich agieren und auf welche Art?

Höfl: Der Sportbereich war für Private Equity-Häuser wie Advent, CVC, KKR, Permira et cetera bis vor Kurzem eigentlich zu klein. Mittlerweile schauen sich aber auch die großen PE-Firmen vermehrt Sportverbände und Sportligen an, weil diese sich aufgrund der Digitalisierung neues Know-how, andere Mitarbeiterkompetenzen brauchen. Entsprechend haben sie einen hohen Finanzierungsbedarf: CVC zum Beispiel scheint 600 Mio. USD in Rechte investieren zu wollen, um die ATP- and WTA-Tour der Männer und Frauen unter einem Dach zusammenzubringen. Gleichzeitig ist CVC im Volleyball oder im Rugby aktiv. Die Bundesliga überlegte, ob sie Rechte verkauft; da war auch ich als Berater für ein Private Equity-Haus eingebunden. Ich selbst investiere allerdings in die Start-up Szene – das ist für die großen Fonds meist zu klein. Hier investieren Family Offices oder PE-Manager legen ihr privates Geld ein.

VC Magazin: In welche Unternehmen haben Sie selbst investiert und warum?

Höfl: Ich konzentriere mich zunehmend und mit reichlich Freude im Sports Tech- und Sports Health-Bereich auf Investitionen, bei denen ich auch mitgestalten und unterstützen kann. In diesen Bereichen findet man führende Firmen und Accelerator-Programme. Dabei habe ich mich auf die USA und Israel ausgerichtet, um zwei unterschiedliche Ansätze kennenzulernen. Strategisch wollte ich einen guten Einstieg finden, um möglichst viele Investoren und unterschiedliche Firmen kennenzulernen.

VC Magazin: Welche Acceleratoren sind das?

Höfl: Das sind der US-Accelerator leAD, was für Legacy of Adi Dassler steht, und der israelische Accelerator Hype. Beide verfolgen unterschiedliche Herangehensweisen. Bei leAD bewerben sich die Start-ups, welche die leAD-Verantwortlichen dann durchleuchten und bei Passung weiterentwickeln, coachen und schließlich auf die nächste Stufe heben. Dafür besitzt leAD auch den Fund namens ADvantage, wo ich ebenfalls investiert bin. Der andere Ansatz ist der von Hype: Hier redet man mit Firmen, Vereinen, Verbänden im Sport und erfragt, wo Bedarf für neue Ideen, Entwicklungen, Technologien et cetera besteht. Dann werden dafür Verträge gemacht. Für die Bedarfe suchen die Hype-Verantwortlichen dann Start-ups und Firmen im Markt, damit diese sich darum bewerben, die Lösungen dafür zu entwickeln. Dabei lässt Hype den Start-ups und Firmen freie Hand.

VC Magazin: Sind Sie auch in einzelne Firmen investiert?

Höfl: Ich bin bei Say Carbon beteiligt, wo es um eine neue sehr nachhaltige Carbon-Technologie für Motorboote mit geringem Energieverbrauch geht, und ich investiere gerade in die Gamers Academy, die sich momentan auf Fifa-Gaming fokussiert hat. Da kann man sich von guten Spielern bis hin zum Deutschen Meister coachen lassen. Diese Dienstleistung wird digital vorangetrieben. Insbesondere der E-Gaming-Bereich entwickelt sich jetzt stärker, weil er in den Accelerator-Programmen stark vertreten ist. Hier werde ich auch meine nächsten Investments tätigen. Daneben sind Investments in Blockchain und Non-Fundable Tokens (NFTs) hochinteressant. Unter den vielen Alternativen habe ich zwei in näherer Auswahl.

VC Magazin: Mit welcher Strategie finden Sie potenzielle Beteiligungen?

Höfl: Im Laufe der Jahre habe ich mich sehr gut mit dem Sportfinanzbereich vernetzt. Die Themen und Firmen, die man öfter verfolgt und besprochen hat, habe ich mir dann sehr intensiv angeschaut – denn der Einstieg ist das Schwierigste. Der Accelerator leAd hat nach Gründung vor vier Jahren nun mittlerweile 36 Start-ups unter seinen Fittichen. Bei dieser großen Menge hilft ein Accelerator für eine gute Risikoverteilung: Nicht jedes Start-up darin gelingt, aber die meisten funktionieren ganz gut und sechs sogar sehr gut. Genau die schaue ich mir jetzt für direkte Investments an. Gleichzeitig sieht man bei der Analyse auch die Wettbewerber und hat so Vergleichsmöglichkeiten.

VC Magazin: Sie haben Ihre Anteile beim FC Augsburg aber mittlerweile verkauft und sind auch aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden – warum?

Höfl: Wir waren eine Investorengruppe um Klaus Hoffmann, der immer noch ein starker Mann in Augsburg ist. Aber schon beim Einstieg 2015 sah ich es als ein Investment für eine begrenzte Zeit mit dem Ziel, den Club auf die nächste Stufe zu bringen – zum Beispiel mit einem Investor, der den Club finanziell und strategisch stark ausstattet. Das ist mit David Blitzer gelungen, der in zwei Zweitligisten in Spanien und Portugal, einen Erstligisten in Belgien investiert und auch Gesellschafter bei Crystal Palace ist. Wenn Clubs unter einer Hand gemeinsam arbeiten, ergeben sich starke Synergien – das kenne ich noch von meiner Zeit für Red Bull.

VC Magazin: In welche Bereiche im Sport würden Sie in Zukunft mehr investieren?

Höfl: Ich habe mir viel im Bereich Fantasy Games angeschaut. Aber viele Jugendliche, also Freunde meiner Söhne im Alter 16 und 17, sind nicht mehr so fußballfanatisch; sie schauen mehr NBA. Warum? Weil sie so begeistert davon sind, wie die NBA eine Verbindung zu Fantasy Games herstellt. Aber in diesem Umfeld werden dreistellige Millionensummen für Firmen mit fast keinem Umsatz aufgerufen – das ist irrsinnig. Ein zweiter Bereich ist die Blockchain. Sie verändert stark das bisher auf langfristige Verträge ausgerichtete Sportsponsoring. Mit ihr werden viele immer kleinteiligere, kürzere und digitalisierte Sponsoring-Engagements möglich, Rechte werden zunehmend kurzfristiger erwerbbar sein. Angebote wie von Sponsoo gehen in eine solche Richtung.

VC Magazin: Zum Schluss – bei welchen Events können sich Sport-Start-ups gut mit Investoren vernetzen?

Höfl: Im Prinzip organisieren Acceleratoren die besten Events: Beispielsweise veranstaltet leAD einmal im Jahr am Berliner Firmensitz einen Demo Day, wo Investoren und etablierte wie auch neue Start-ups zusammenkommen. Hype und leAD organisieren auch Onlinetreffen, bei denen allerdings wenige deutsche Investoren dabei sind. Und ich selbst schließlich plane gerade ein solches Investorenevent, das wird ein spannendes Konzept.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Marcus Höfl ist Gründer und CEO der MHM Majors GmbH sowie als Founder, Investor und Consultant in der Sportbranche aktiv. Zuletzt beteiligte er sich etwa bei der Start-up-Plattform leAD, dem Sportstechfonds  ADvantage, der Gamers Academy oder bei Hype Sports Innovation.