„Wir setzen auf eine Balance aus Nähe, Freiheit und finanzieller Sicherheit“

Interview mit Dr. Heiko Jopp und Dr. Maciej Pasternak, Abacus alpha

Dr. Maciej Pasternak, Dr. Heiko Jopp, Abacus alpha (v.l.n.r.)
Dr. Maciej Pasternak, Dr. Heiko Jopp, Abacus alpha

Die Beteiligungsgesellschaft Abacus alpha engagiert sich – neben ihren Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen – seit letztem Jahr auch im ­Bereich Company Building. Aktuell steht die zweite Ausgründung an.

VC Magazin: Abacus alpha ist bekannt für ihre Mittelstandsfinanzierungen. Welche Rolle spielt Start-up-Finanzierung für Sie?
Jopp: Wir investieren in technologiebasierte Ideen und unter­stützen darüber hinaus beim Entwickeln der dazugehörigen Geschäfts­modelle. Wir haben zwar auch klassisch finanzierte Start-ups im Portfolio, setzen aber künftig stärker auf Company Building innerhalb von Abacus alpha.
Pasternak: Unser Ziel ist es, innovative Ideen außerhalb des heutigen Tagesgeschäfts zu finden. Wir sind kein klassischer Venture Capitalist, sondern fokussieren uns mit dem Company Buil­ding auf neue Geschäftsmodelle, die zu unseren etablierten Unter­nehmen passen. So können wir Synergien finden und das Kosten-Benefit-Risiko gering halten.

VC Magazin: Wie sieht Ihre Innovationsstrategie aus?
Pasternak: Wir identifizieren Nischenbereiche in unseren Clustern – sprich Digitalisierung, Automatisierung, innovative Werkstoffe – und suchen dort nach Beteiligungsmöglichkeiten und neuen Geschäftskonzepten. Diese entwickeln wir gemeinsam mit den Gründern weiter und etablieren sie auf einem skalier­baren Markt. Entscheidend ist dabei die Gründerpersönlichkeit, denn die Idee entwickelt sich oftmals während des Prozesses weiter und passt sich dem Markt an.
Jopp: Neben dem Company Building setzen wir auch auf klas­sisches Private Equity, bei dem wir durch Übernahmen Inno­vationen integrieren.

VC Magazin: Wie ist Ihr aktuelles Company Building-Portfolio aufgestellt?
Jopp: Wir haben bereits ein Start-up in unserem Company Building-Programm aufgebaut: Das von uns mitgegründete Unternehmen VinRoc Solutions GmbH kombiniert Vision-Technik und Robotik mithilfe künstlicher Intelligenz. Bei der Umsetzung greift VinRoc auch auf Leistungen einzelner Portfoliounter­nehmen zu und schafft somit schon in einer frühen Phase Umsatz­synergien.
Pasternak: Zurzeit befindet sich ein weiteres Start-up in der Ausgründung: Es soll Nuform heißen und bietet Beratungsservices im Bereich 3D-Druck an. Ein spannendes Zukunftsthema!

VC Magazin: Welchen Mehrwert bringen Sie Start-ups im Rahmen der Partnerschaft?
Jopp: Wir unterstützen die Gründer bei der gesamten Infrastruktur: von der Buchhaltung über Personalmanagement, Onlineauftritt, Marketing bis hin zu IT und rechtlichen Fragen. Das leisten wir innerhalb des Ökosystems Abacus alpha mit unseren Port­foliounternehmen, die diese Bereiche abdecken. Es gibt auch keinen festen Zeitraum, in dem der Gründer Ziele erreichen soll – uns ist wichtig, eine Balance aus naher Begegnung, Freiheit und finanzieller Sicherheit zu schaffen.
Pasternak: Abacus alpha verfolgt die Strategie, sich zu einer Industrieholding zu entwickeln und mehrere Unternehmen dauerhaft unter diesem Schirm zu versammeln. Dazu zählen auch die Start-ups, die wir unterstützen. Für uns gibt es bei der Beteiligung kein Exit-Szenario, weil wir diese Unternehmen langfristig eingliedern möchten.

VC Magazin: Und was muss ein Start-up mitbringen, um für Sie inte­ressant zu sein?
Pasternak: Die Gründer sollten im B2B-Bereich unterwegs sein und in unsere Cluster passen. Die Personen sind wichtig – das muss harmonieren, da wir auf eine langfristige Partnerschaft setzen und Synergien innerhalb unseres Portfolios schaffen möchten. Außerdem sind uns, wie bei der Start-up-Finanzierung, der USP, ein skalierbarer Markt und Profitabilität wichtig.

VC Magazin: Auf welche Trends setzen Sie aktuell beim Technology Scouting?
Pasternak: Wir konzentrieren uns auf die Megatrends „Digitali­sierung“ und die sogenannte schwache künstliche Intelligenz, zum Beispiel automatisierte Bildbearbeitung oder Anomalie­erkennung. Auch „Industrie 4.0“ ist ein wichtiges Thema für uns, von der Integration von Automatisierungslösungen in der Produktionstechnik bis hin zum Digital Twin.
Jopp: Wir orientieren uns an den UN Sustainable Development Goals und beobachten die Hypezyklen von Gartner. Ein spannendes Feld sind Werkstoffe und additive Fertigung. Hier spielt auch der Zugang zu Erdmetallen und Recycling eine große Rolle.

VC Magazin: Hat die Pandemie Ihre Arbeit hier stark beeinflusst?Jopp: Allerdings! In der Halbleitertechnik kommt die Pandemie erst jetzt an, und wir haben Wartezeiten von 21 Wochen. In unserem Portfolio am meisten betroffen waren die Personaldienstleister, da haben wir die Krise sofort gespürt. Aber die gesamte Bandbreite unserer Portfoliounternehmen musste mit Themen wie geschlos­senen Standorten für Automatisierungsprozesse oder auch ausgefallenen Messen und Veranstaltungen umgehen lernen.

VC Magazin: Corona hat sich auch auf das Preisniveau ausgewirkt – welche Erwartungen haben Sie hier für die nahe Zukunft?
Pasternak: Die Aufwärtsentwicklungen sind rasant und steigen immer weiter. Unter anderem deshalb setzen wir auf das Com­pany Building und konkurrieren nicht mit Venture Capital-Gesell­schaften.
Jopp: Hier kommt uns zugute, dass wir nicht exitgetrieben sind und mit unserer Transformation stattdessen ein nachhaltiges Wertschöpfungsnetzwerk schaffen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zu den Interviewpartnern:

Dr. Maciej Pasternak (li.) legte als Molekularbiologe eine Promotion an der Universität Heidelberg ab und ist seit 2017 bei Abacus alpha Mitglied des Investment Management-Teams sowie Ansprechpartner zu Themen rund um inno­vative Werkstoffe und additive Fertigung.

Dr. Heiko Jopp ist promovierter Diplom-Ingenieur für Maschinenbau. Bei Abacus alpha bewertet er seit 2020 Beteiligungsopportunitäten und identifiziert technisches Synergiepotenzial. Darüber hinaus ist er im Scouting neuer Technologiefelder und im Beteiligungsmanagement aktiv.