„Für die Reiseindustrie bieten sich gänzlich neue Geschäftsfelder“

Interview mit Erich Falkensteiner, Falkensteiner Ventures

Erich Falkensteiner, Falkensteiner Ventures
Erich Falkensteiner, Falkensteiner Ventures

Bildnachweis: © Falkensteiner Ventures.

VC Magazin: Wie sind Sie mit Falkensteiner Ventures mit Blick auf Größe und Portfolio aufgestellt?
Falkensteiner: Falkensteiner Ventures habe ich mit meinem Geschäftspartner Beat Blaser vor dreieinhalb Jahren gegründet und mittlerweile zählt unser Portfolio knapp 20 Start-ups aus Hotellerie, Travel and Mobility und der Freizeitindustrie. Unsere Büros befinden sich in München, Berlin, Zürich, Wien und Südtirol. So können wir die Start-ups bestens auf ihrem Weg zu einem erfolgreichen Wachstum begleiten. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir uns in der Szene in kurzer Zeit einen hervorragenden Ruf erarbeiten konnten.

VC Magazin: Ihr Fokus liegt auf der Tourismusbranche. Diese war in den letzten zwei Jahren pandemiebedingt schwer gebeutelt. Inwiefern hatte das Einfluss auf Ihre Start-ups?
Falkensteiner: Es ist nicht zu leugnen, dass die Corona-Pandemie vor allem den Geschäftsgang und die Prozesse der Start-ups gebremst und sie vor besondere Herausforderungen gestellt hat. Nichtsdestoweniger haben alle aus der Situation das Beste gemacht und diese Zeit effektiv genutzt, um das Produkt an sich zu verbessern und die Prozesse zu perfektionieren. TraveLeague etwa, ein Traveltech-/Veranstalter-Start-up, hat innerhalb von einem knappen Jahr eine komplett neue, State of the Art-Technologie auf der grünen Wiese gebaut. Hier hadern etablierte Unternehmen mit der Komplexität von 30 Jahre alten Mainframesystemen. Es war unfassbar, zu sehen, was heute in kurzer Zeit mit einem starken Team und agilen Greenfield-Ansatz entstehen kann. Start-ups wie TraveLeague haben einen enormen Vorteil in Sachen Technologie, Prozesseffizienz, Agilität, datengetriebenen Entscheidungen und letztlich auch Service am Kunden. 

VC Magazin: Welche Learnings nehmen Sie aus der Pandemiezeit mit?
Falkensteiner: Wir haben die Corona-Phase genutzt und unser Portfolio überproportional ausgebaut. Das ist an sich schon erstaunlich und da sind wir stolz auf unsere Teamperformance. Ebenso sind wir seit der Pandemiezeit noch enger in Kontakt mit unseren Start-ups ohnehin schon, um Maßnahmen und Next Steps mit den Gründern zu besprechen. Wir sind wachsam und beobachten die Veränderungen ganz genau, um uns rechtzeitig Lösungen für Probleme zu überlegen und diese schnell umzusetzen. Die Dynamik im Start-up-Bereich ist grundsätzlich atemberaubend und die Corona-Krise hat das alles nochmals getoppt. Noch klarer wurde uns, wie wichtig starke, resiliente Gründerteams sind. Ein starkes Gründerteam mit einer guten Idee wird immer mehr Erfolg haben als ein mittelmäßiges Team mit der vielleicht besten Idee der Welt. Genauso sind eine starke Vision und Unternehmenskultur wichtig. 

 

VC Magazin: Welche Erwartungen haben Sie für die Entwicklung der Start-ups in der Tourismusbranche?
Falkensteiner: Ich sehe positiv in die Zukunft. Alle Start-ups, die wir betreuen, sind sehr stark digital getrieben. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn die Digitalisierung ist durch die Pandemie von allen Seiten in großen Schritten vorangetrieben worden. Zudem sehnen sich die Menschen nach Abenteuer und Reisen. Heute ist die Reiseintensität global ungefähr auf das Niveau vom Jahr 2000 zurückgegangen. Das heißt also, dass wir in den kommenden drei Jahren global im Schnellzugtempo wieder 20 Jahre Wachstum aufholen werden. Das ist faszinierend und motiviert mich noch mehr, weiter in diesen Bereich zu investieren. Besonders aktiv verfolgen wir derzeit die Entwicklung im Bereich Web3, also Blockchain, NFT, Metaverse wie auch Start-ups und Technologien an der Schnittstelle Travel und Climatetech. In der Metawelt glauben wir durchaus, dass es für die Reiseindustrie viele Chancen und gänzlich neue Geschäftsfelder geben wird, und beim Thema Sustainability möchten wir unterstützen, um die Reiseindustrie an der einen oder anderen Stelle zu verbessern. 

VC Magazin: Sie sind bei dem Start-up Airgreets investiert, das kürzlich mit KeyOne fusionierte. Was spricht aus Ihrer Sicht für Fusionen und was eher dagegen?
Falkensteiner: Eine Fusion sollte gut überlegt sein, denn es bedarf einer Menge Arbeit, um Synergieeffekte zu erreichen. Die Zusammenführung der Mitarbeitenden und Unternehmenskulturen muss strategisch angegangen werden, denn sonst kann es zu einer hohen Fluktuation und zu Konflikten kommen. Werden diese Punkte allerdings befolgt, dann hat die Fusion das Potenzial dazu, die Start-ups in eine ganz andere Liga zu bringen, wie es bei Airgreets und KeyOne der Fall gewesen ist. Durch die Fusion und die Ergänzung der Kompetenzbereiche hat Airgreets nun das Zeug dazu, die Nummer eins für die touristische Vermietung von Ferienwohnungen, Appartements und Hotels im Alpenraum zu werden. Auch hier sind Agilität und ein frisches Mindset enorm wichtig. Während Fusionen bei etablierten Unternehmen oft unnötig durch Politik und Ängste beeinträchtigt werden, gehen Millennial-Gründer viel offener an das Thema heran. Bei Airgreets waren wir als Investoren überzeugt von der Chance, dass hier eins und eins mehr ergibt als zwei. 

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch. 

Über Erich Falkensteiner:
Erich Falkensteiner ist Gründer und Mitgesellschafter der Falkensteiner Hotels & Residences sowie der FMTG Falkensteiner Michaeler Tourism Group, mit über 30 Hotels einer der größten Player in der europäischen Leisure Hospitality.