„Es wäre doch schade, wenn einer von uns dreien das Licht ausmachen würde“

Interview mit Wolfgang Lubert, EnjoyVenture

Interview mit Wolfgang Lubert, EnjoyVenture
Interview mit Wolfgang Lubert, EnjoyVenture

Bildnachweis: EnjoyVenture.

EnjoyVenture ist als Fondsmanager seit 2000 im Markt tätig, hat in weit über
100 Start-ups investiert und dabei mehr als 1 Mrd. EUR an Kapital mobilisiert.
Ihr Track Record ist durch diverse erfolgreiche Exits gekennzeichnet, und sie hat
noch viele weitere attraktive Technologiefirmen im Portfolio, darunter mit Grover
ein Unicorn.

VC Magazin: Sie sind in Ihrer Partnerstruktur als „Triumvirat“ seit vielen Jahren stabil aufgestellt und managen in der dritten Generation mittlerweile fünf Fonds. Was würden Sie als Ihr Erfolgsrezept bezeichnen?

Lubert: Wir hatten von Anfang an eine ganz klare Vision: Wir wollten, dass das Produkt Venture Capital markt- und gesellschaftsfähig wird. Als wir 2000 gestartet sind, war Wagniskapital weitgehend unbekannt und wurde allenfalls höchst argwöhnisch betrachtet. Wir waren gleichwohl davon überzeugt, etwas extrem Sinnvolles zu tun, und wollten dazu beitragen, Innovationen an den Markt zu bringen, Arbeitsplätze zu schaffen und unser Land als Technologiestandort zu stärken. Das war und ist das, was uns bis heute antreibt und was in den vielen Jahren unseres Wirkens mittlerweile tatsächlich ein gutes Stück Realität wurde. Ein tolles Ergebnis, hierzu einen kleinen Anteil beigesteuert zu haben!

VC Magazin: Das klingt fast wie ein Fazit. Denken Sie etwa ans Aufhören?

Lubert: Nein, natürlich nicht, denn dafür macht das, was wir tun, einfach viel zu viel Spaß. Aber man muss den Tatsachen auch ins Auge schauen. Als ich mit Venture Capital anfing, war ich 35 Jahre alt, heute bin ich 61. Auch wenn der Volksmund sagt, dass 60 das neue 40 ist, finde ich es wichtig, sich beizeiten Gedanken zu machen, wie und wohin es weitergehen soll. Meine beiden Partner Dr. Bert Brinkhaus und Dr. Peter Wolff sind mit 54 und 59 zwar noch etwas jünger, aber letztlich sind wir mit dieser Altersklasse alle inzwischen Seniorpartner. Damit gehören wir längst nicht zum alten Eisen, sondern können mit unserer gebündelten Erfahrung ein spannendes Kompetenzprofil bieten. Umso mehr tragen wir aber auch als Know-how-Träger und Schlüsselpersonen unserer Fonds gegenüber unseren Investoren sowie unseren Mitarbeitern die Verantwortung, dieses profunde Wissen weiterzugeben und damit Kontinuität in unserer Arbeit sicherzustellen.

VC Magazin: Inwieweit versteckt sich hinter dieser Aussage bereits ein konkreter Plan?

Lubert: In erster Linie steckt die ganz klare Haltung dahinter, vorausschauend zu planen. Das ist letztlich nicht mehr und nicht weniger, als wir auch von unseren Startup-Managern erwarten. Uns geht es darum, das, was wir aufgebaut haben, von uns als Personen unabhängig zu machen und damit langfristig zu erhalten. Immerhin ist es gelungen, den Namen unserer Firma zu einer Marke zu machen und mit Attributen wie Qualität, Kompetenz, Professionalität, Verlässlichkeit und Aufrichtigkeit zu verknüpfen. Das sind die wesentlichen Assets, die uns als Venture Capital-Haus erfolgreich gemacht und zu guten Referenzen geführt haben, die uns wiederum die Entwicklung neuer Fondsgenerationen ermöglichten. Da wäre es doch schade, wenn einer von uns dreien irgendwann dann als Letzter das Licht ausmachen würde.

VC Magazin: Werden wir absehbar zur neuen Fonds- auch eine neue Partnergeneration bei EnjoyVenture sehen?

Lubert: Ja, das ist unser Plan – allerdings nicht in der Form, dass die Neuen die Alten unmittelbar ablösen, sondern sich zunächst aufgleisen und mit uns gemeinsam den Job machen. Dafür gilt es, eine geeignete Geschäftsverteilung und Entfaltungsmöglichkeiten zu entwickeln, die sich sowohl an den individuellen Kompetenzen orientieren als auch die persönlichen Vorstellungen über die Zeithorizonte von uns Seniorpartnern berücksichtigen. Wie gesagt: Wir wollen ja nicht in den Sack hauen, sondern suchen nach perspektivischen Lösungen. Da sich so etwas aber nicht von heute auf morgen umsetzen lässt, wollen wir das Thema ganz bewusst frühzeitig und damit ohne Hast in Angriff nehmen.

VC Magazin: Gibt es denn schon konkrete Kandidaten, mit denen Sie sprechen?

Lubert: Es gibt mehrere Ansätze, die wir evaluieren. Getreu dem Motto „Warum in die Ferne schweifen?“ denken wir natürlich zunächst an mögliche interne Lösungen. Es könnte aber Sinn machen, so eine Konstellation gegebenenfalls mit zusätzlichen Kompetenzen von außen zu arrondieren. Aktuell sind diverse Teams unterwegs, einen eigenen Fonds aufzulegen, was bekanntermaßen nicht nur vor dem Hintergrund der immer stärker zuschlagenden Regulierung, sondern auch durch die derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Umfeldbedingungen alles andere als ein Selbstgänger ist. Das könnte zum Beispiel ein für uns ideales Set-up sein: einem First-Time-Team die Möglichkeit bieten, unter das Dach unserer Marke zu schlüpfen und mit unserer Unterstützung seinen Fonds zu raisen, sodass im Ergebnis sowohl das Team als auch deren Fonds Teil unserer Struktur werden. Auf diese Weise könnten wir organisch zusammenwachsen und uns dann zunehmend auch fondsübergreifend immer mehr synchronisieren. Zudem erhalten wir aber auch Anfragen, sich in unsere Partnerschaft einzukaufen oder uns mit anderen zusammenzutun, die im selben Markt in anderen Segmenten agieren. Das sind für uns alles Optionen, die sinnvoll sein könnten, wenn sich daraus eine Win-win-Situation für alle Beteiligten inklusive unserer Mitarbeiter und Investoren ergibt.

VC Magazin: Dies erfolgreich umzusetzen erfordert die passenden Menschen und Konzepte, das richtige Timing und letztlich auch einen für alle akzeptablen Preis. Gibt es ein Fallback-Szenario, wenn diese Lösung nicht realisiert werden kann?

Lubert: In der Tat ist das eine Übung am Hochreck, die viel Vorbereitung, langen Atem, aber letztlich immer auch ein Stück Fortune erfordert. Genau deshalb gehen wir das Thema bereits heute an, um ausreichend Zeit zu haben. Immerhin haben wir erst 2022 zwei neue Fonds gestartet, sodass unsere natürliche Runway noch mindestens zehn Jahre beträgt. Und bei aller Bescheidenheit: Wir mögen in den nächsten Jahren zwar älter werden, unsere Assets under Management bestimmt aber nicht unattraktiver …

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner: Wolfgang Lubert ist Geschäftsführer der EnjoyVenture Management GmbH.