„Venture Capital und Private Equity sollten wie in einer Patchwork-Familie zusammenwachsen“

Interview mit Dominic Faber, KKA Partners

Dominic Faber, KKA Partners
Dominic Faber, KKA Partners

Bildnachweis: KKA Partners.

Venture Capital- und Private Equity-Gesellschaften können jugendlichen Start-ups in der Folgefinanzierung als Patchwork-Unterstützung unter die Arme greifen – vor allem unter den aktuellen Marktbedingungen.

VC Magazin: Spüren Sie durch die herausfordernden Marktverhältnisse eine Veränderung bei den Unternehmen, die Sie nach Kapital fragen?

Faber: Als Private Equity-Beteiligungshaus für den Mittelstand erhalten wir seit einiger Zeit auch „artfremde“ Anfragen von Jungunternehmen mit Kapitalbedarf. Seit Anfang 2023 haben sich diese Anfragen vervielfacht – nicht nur bei uns. Besonders gefragt scheint Kapital für die Skalierung sowie für eine verlängerte „Run Rate“ im Bereich der B2B-Dienstleister und Enterprise SaaS-Unternehmen zu sein. Die meisten Unternehmen, die an uns herantreten, haben bereits Product-Market-Fit, Proof of Concept-Kunden und oft sogar positive DB2-Margen. Anfangs war ich verwundert, dass offensichtlich erfolgreiche Jungunternehmen neue Kapitalgeber suchen. Schließlich geht es für sie doch „nur“ um die Skalierung und die letzten Schritte zum „Cashflow-Break-even“. Bereits involvierte Business Angels, Venture Capital-, Venture Debt- und Wachstumsfinanzierer müssten hier doch sicher weitermachen wollen. Doch die Realität sieht anders aus: Seit dem zweiten oder dritten Quartal 2022 sind viele Jungunternehmen wieder auf der Suche nach Kapital. Der Grund: Die Start-up-Finanzierer kümmern sich vorwiegend um die Einhörner in den Portfolios und haben damit alle Hände voll zu tun. Aussichtsreiche Jungunternehmen ohne Einhornstatus sind da anscheinend außen vor.

VC Magazin: Können Sie von einem konkreten Beispiel berichten?

Faber: Diese Erfahrung haben wir tatsächlich mit einem unserer Portfoliounternehmen gemacht. Dieses wollte als potenzieller Großkunde einen Workshop und Proof of Concept bei einem jungen SaaS-Unternehmen buchen, erhielt jedoch den Hinweis, dass man zwar Kunden habe, jedoch noch nicht profitabel wachsen würde. Die Kapitalgeber seien leider an anderen Fronten eingespannt. Darum würde es aktuell eher auf einen Fire Sale hinauslaufen. Unser Unternehmen ergriff die Chance: Durch eine Bereinigung der Kapitalstruktur sicherte es sich die Möglichkeit, dennoch Kunde zu werden. Dank des neuen Großkunden konnte das Jungunternehmen unabhängig bleiben und wichtige Produktentscheidungen vertrauensvoll besprechen, denn unser Unternehmen sitzt jetzt zumindest temporär mit am Gesellschaftertisch und ist aufrichtig daran interessiert, dem Jungunternehmen als Kunde langfristig zur Seite zu stehen.

VC Magazin: Das heißt, KKA Partners hat dem Start-up mit Private Equity Unabhängigkeit von den bisherigen Investoren verschafft?

Faber: Genau, indirekt wurde so ein Private Equity-Beteiligungshaus über das Portfoliounternehmen zum „Adoptivelternteil“ für das Jungunternehmen. Gemeinsam mit unserem Portfoliounternehmen helfen wir den verbleibenden Venture Capital-Finanzierern und dem Jungunternehmen, sich im aktuellen Start-up-Umfeld zu stabilisieren, seine Produktideen vertrauensvoll und unkompliziert zu validieren und die nächsten Finanzierungsrunden mit einer deutlich vereinfachten und gleichgerichteten Gesellschafterstruktur anzugehen. Ein weiterer Vorteil der bereinigten Kapitalstruktur: Die Anreize für die Mitarbeiter des Jungunternehmens können neu und besser geordnet werden.

VC Magazin: Lässt sich diese Vorgehensweise der Wahlverwandtschaft aus Ihrer Sicht allgemeingültig für viele Start-ups anwenden?

Faber: Das beschriebene Modell ist ein Beispiel, das sich in unserem Portfolio zufällig ergeben hat. Jedoch glauben wir, dass man aus diesem Ablauf eine Blaupause für zukünftiges Vorgehen kreieren kann. So eine Blaupause für die Patchwork-Familie Private Equity – Venture Capital – Start-up, intern „Playbook“ genannt, ist bei uns derzeit in Arbeit. Für die Jungunternehmen und deren Finanzierer ergeben sich dabei klare Vorteile. Erstens: Die Private Equity-Gesellschaft als neuer Investor für Jungunternehmen verlängert die Frist, in der man „erwachsen“ werden muss. Gerade im Enterprise SaaS-Geschäft können drei bis sieben zusätzliche Jahre vor einem Exit die Strategie beflügeln. Zweitens: Private Equity agiert direkt oder mittelbar über die Portfoliofirmen als Kontrollinvestor. Das bedeutet, die Governance wird – anders als oft nach vielen Finanzierungsrunden – sehr klar zwischen dem Management und dem Private Equity-Team geregelt. Dafür erhalten die bisherigen Finanzierer entweder Liquidität (das heißt, Fonds können Ausschüttungen bewirken) oder ein Einfrieren eines Anteilswerts in einem Marktumfeld, in dem die Bewertung illiquider Anteile ohne weitere Kapitalrunden schwierig ist. Und drittens erhält das Jungunternehmen die Möglichkeit, mit frischem Kapital den Cashflow-Break-even anzugehen, ohne seine Unabhängigkeit zu verlieren. Weiter können Anreize auf Basis der neuen Bewertung sortiert oder neu angesetzt werden. Am Ende kommt es für die Gründer und Teams darauf an, erfolgreiche Unternehmen aufzubauen. In Krisen oder Phasen des Umbruchs sind Kapitalpartner wie auch Eltern häufig mit sich selbst beschäftigt, um den Kopf über Wasser zu halten. Patchwork-Familien funktionieren meines Erachtens besser als Blockadegemeinschaften – zumindest in Gesellschafterkreisen.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:

Dominic Faber ist einer von drei Gründungspartnern bei KKA Partners, die in diesem Jahr ihr vierjähriges Bestehen feiern. Seit über 15 Jahren hilft er Unternehmen und Führungskräften als aktiver Beirat, Investor oder Führungskraft dabei, sich weiterzuentwickeln oder Krisen zu überwinden. Als Seriengründer blickt er auf langjährige Erfahrung im Aufbau von Beteiligungsfirmen.