Aufstieg einer globalen Drehscheibe für Innovation und Investitionen im Fintech- und Zahlungsverkehrsraum

Standort Irland im Fokus

Luciann Photography, Pexels
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Bildnachweis: Pexels.

Im Fintech- und Zahlungsverkehrsbereich ist die Money20/20 eine etablierte Veranstaltung, bei der Innovatoren und Disruptoren aus der ganzen Welt zusammenkommen, um Ideen, Erkenntnisse, Erfahrungen und Wissen auszutauschen, was die Zusammenarbeit in der breiteren Fintech-Gemeinschaft fördert. Angesichts der vielen globalen Akteure, die an dieser Konferenz teilnahmen und die in Irland eine etablierte Präsenz haben – wie unter anderem Mastercard, Stripe, Coinbase, Visa und Fiserv – betrachtet Jackie O’Dowd, Vice-President Financial Services Germany & Northern Europe bei IDA Ireland, das bisherige Wachstum des Sektors in Irland und wirft einen Blick auf seine Zukunft.

Irland hat in den letzten Jahren ein erhebliches Wachstum des Fintech- und Zahlungsverkehrssektors erlebt, sowohl bei regulierten als auch bei nicht regulierten Aktivitäten. Seit der Einrichtung des IFSC (Irish Financial Services Centre) in Dublin Mitte der 1980er-Jahre ist Irland für viele der weltweit größten und führenden Finanzinstitute ein wichtiger Standort. Der multinationale Finanzdienstleistungssektor beschäftigt mittlerweile über 40.000 Menschen in mehr als 400 Unternehmen im ganzen Land. Auch die Auswirkungen des Brexit haben viele Finanzdienstleister, darunter viele mit Hauptsitz im Vereinigten Königreich, dazu veranlasst, ihren EU/EWR-Hauptsitz in Irland zu errichten. Für Irlands Attraktivität gibt es mehrere Gründe: Das Land ist als einzige englischsprachige Nation in der EU einzigartig positioniert, es hat ein Rechtssystem nach dem Common Law, es gibt ein wirtschaftsfreundliches Umfeld, eine wirtschaftsfreundliche Regierung – die die irischen Investitionsagenturen IDA Ireland und Enterprise Ireland unterstützt –, gut ausgebildete Arbeitskräfte, eine sichtbare Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft und vor allem ist es eines der wenigen Zentren in Europa, in dem Big Tech und große Finanzdienstleistungen sichtbar sind. Zu den Niederlassungen zählen große internationale Banken wie Barclays, HSBC und Deutsche Bank, Investmentmanager wie BNY Mellon und Vanguard, aber auch Versicherer und Rückversicherer wie AXA, Alliance und MunichRe. Die Liste umfasst 17 der 20 weltweit führenden Banken, einige der weltweit größten Technologieunternehmen wie Google, Meta, Microsoft und AWS sowie 11 der 15 größten Versicherungsunternehmen der Welt. Unterstützt werden sie von einem ausgedehnten Ökosystem von Unternehmen, die wichtige Dienstleistungen wie technologische Unterstützung, Softwareentwicklung und Cybersicherheit, Geldwäschebekämpfung (AML) und Investor Relations Services anbieten.

Unter den florierenden Finanz- und Technologiegemeinschaften bauen bestimmte Teilsektoren sogar ihre eigenen Gemeinschaften auf, darunter Online-Zahlungen und -Verarbeitung,
grenzüberschreitende Zahlungen, Zahlungs-Gateways, digitales Banking und digitale Überweisungen, Open Banking, Regtech, Blockchain und digitale Vermögenswerte. So wurde beispielsweise im August 2022 Zodia Custody (Irland) – eine Tochtergesellschaft der Standard Chartered Bank – als erster spezieller Verwahrer von Kryptoanlagen in Irland registriert.

Auswirkungen des Brexit

Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU versuchten zahlreiche im Vereinigten Königreich ansässige Finanzdienstleistungsunternehmen, sich in der EU niederzulassen, um weiterhin auf diesem Markt tätig zu sein. Viele der Fintech- und Zahlungsverkehrsunternehmen, die Zentren in Irland eingerichtet haben, beantragten eine behördliche Zulassung, vor allem als E-Geld-Institute (Electronic Money Institutions – EMI) und Zahlungsinstitute (Payments Institutions – PI). Bis heute sind 23 PI-Firmen und 21 EMI-Firmen zugelassen und werden von der Central Bank of Ireland reguliert, darunter viele Firmen mit Hauptsitz im Vereinigten Königreich wie Paysafe, TrueLayer, Corpay, myPOS und Paysend. In jüngster Zeit bemühen sich einige Finanzdienstleistungsunternehmen um VASP-Registrierungen (Virtual Asset Service Provider), um den Austausch virtueller Vermögenswerte zu erleichtern. Zu den Unternehmen mit VASP-Zulassungen in Irland gehören Paysafe und Zodia Custody mit Hauptsitz im Vereinigten Königreich sowie Coinbase und Gemini mit Hauptsitz in den USA. Ursprünglich konzentrierten sich Unternehmen, die eine Zulassung in Irland beantragten, auf die Verwaltung von Regulierungsfunktionen und Front-Office-Aktivitäten für ihr EU-Geschäft. Aufgrund des außergewöhnlichen Talentpools, der Leistungsfähigkeit der Betriebe, der Qualität der Arbeit, der Skalierbarkeit und des günstigen Geschäftsumfelds haben jedoch viele Firmen ihre Tätigkeiten auf Funktionen wie Betrieb, Technologieentwicklung, Software-Engineering, Software-Entwicklung, Forschung, Entwicklung und Innovation sowie technische Unterstützungsfunktionen ausgeweitet.

Wo sich Wissenschaft und Industrie treffen

Es wird erwartet, dass der globale Fintech-as-a-Service-Markt bis 2028 ein Volumen von 681,6 Milliarden US-Dollar erreichen wird, und der ICTSkillnet Report 2022 berichtet von einem enormen Bedarf an Hochschulabsolvent*innen mit Kenntnissen im Bereich Finanzen und Finanztechnologien. Führende etablierte Unternehmen, Finanzinstitute und aufstrebende Fintech- und Zahlungsverkehrsfirmen arbeiten aktiv mit Universitäten, Hochschulinstituten und Forschungszentren zusammen, um Studiengänge zu entwickeln, die dazu beitragen, erstklassige Absolventen für die Anforderungen des Marktes auszubilden. Beispiele hierfür sind der Master of Science in Fintech, der vom National College of Ireland angeboten wird, und der Bachelor und Master of Science Immersive Software Engineering, der von der University of Limerick angeboten wird und in Zusammenarbeit mit den Stripe-Gründern John und Patrick Collinson eingerichtet wurde. Durch diese enge Zusammenarbeit wird sichergestellt, dass die Branche mit den neuesten technologischen Fortschritten, regulatorischen Anforderungen und Branchentrends Schritt hält.

Ein kollaboratives Ökosystem

Die Zahl der Unternehmen, die in Irland im Fintech-Bereich tätig sind, beläuft sich auf ca. 60. Diese Unternehmen beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter in Bereichen wie Finanzen, Risiko, Compliance, KYC, AML, Cyber, Softwareentwicklung, F&E, Plattformentwicklung und technischer Support. Viele dieser Firmen haben sich aufgrund des anhaltenden Erfolgs auch für die Ansiedlung globaler Führungsfunktionen in Irland entschieden, was dazu beigetragen hat, die Bedeutung der Aktivitäten auf globaler Ebene zu steigern. IDA Ireland arbeitet eng mit diesen Unternehmen zusammen und unterstützt sie bei ihren Wachstums- und Innovationsbestrebungen. Das Engagement innerhalb des Sektors ist groß und führende Interessenvertreter wie IDA Ireland, Enterprise Ireland, die Fintech & Payments Association of Ireland (FPAI) und andere wichtige Gremien arbeiten auf gemeinsame Ziele hin, wie sie in der von der Regierung vorgelegten „Ireland for Finance 2025 Strategy“ dargelegt sind. Ein Beispiel für die Zusammenarbeit mit der Industrie ist der Citi Accelerator Hub, ein Co-Working Space für Fintech-Start-ups, der sich in den Büros von Citi im Financial District in Dublin befindet. Die teilnehmenden Start-ups haben Zugang zum Mentorennetzwerk von Citi, sowie zu Branchentreffen und Netzwerkveranstaltungen. Auch der Digital Hub dient als Beispiel: Ein Technologie-Inkubator, der jedes Jahr mit fast 1.000 Unternehmern und 40 Firmen in der Anfangsphase zusammenarbeitet. Einige der bemerkenswerten Alumni sind bekannte Namen, wie Kavaleer, Lincor, MTT, Slack und Stripe.

Ausblick

Unternehmen, die ihre EU/EWR-Hubs in Irland eingerichtet haben, waren erfolgreich und haben das Land als wirtschaftsfreundlich kennengelernt, das offen für neue Möglichkeiten ist. Das hat dazu beigetragen hat, dass der Übergang nahtlos verlief und die Integration dieser Hubs in die Gesamtgeschäfte erleichtert wurde. Da der Fintech- und Zahlungsverkehrssektor weiterhin floriert und sich weiterentwickelt, bleibt Irlands Position als globaler Knotenpunkt sicher und der Fokus auf die weitere Förderung des Wachstums und Entfaltung des Sektors wird weiterhin eine derwichtigsten Prioritäten von IDA Ireland sein.

Zum Autor:

Jackie O’Dowd, ist Vice-President Financial Services Germany & Northern Europe bei IDA Ireland, der Wirtschaftsförderungsagentur Irlands.

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