Domstadt liegt bei Start-ups im Trend

Gründerstandort Köln

Andreě van Hall (BioCampus Cologne) & Dr. Manfred Janssen (KölnBusiness)
Andreě van Hall (BioCampus Cologne) & Dr. Manfred Janssen (KölnBusiness)

Bildnachweis: BioCampus Cologne, KölnBusiness.

Köln ist weltbekannt – unter anderem für den Dom und das einzigartige Lebensgefühl, und zunehmend auch für die Gründerszene. Der Wirtschaftsstandort zeichnet sich besonders durch einen breiten Branchenmix und ein dichtes Hochschulnetzwerk aus.

„22 Hochschulen mit 100.000 Studierenden und vielen außeruniversitären Forschungs-einrichtungen leisten hier Spitzenforschung und befruchten das Start-up-Ökosystem“, sagt Dr. Manfred Janssen, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung KölnBusiness, der die Aktivitäten der zahlreichen Akteure zentral koordiniert. Die Universität Köln belegt im aktuellen Gründungsradar des Stifterverbands bundesweit den sechsten Platz unter den großen Hochschulen mit über 50.000 Studierenden und ist damit die beste Hochschule aus NRW. Die zentrale Lage im Ballungsraum Rhein-Ruhr mit über zehn Millionen Einwohnern ist ein weiterer wichtiger Standortfaktor, und mit drei internationalen Flughäfen in der Nähe ist Köln auch europaweit hervorragend angebunden.

Kölner Ökosystem im Aufwind

Jedes Jahr unterstützt KölnBusiness Hunderte Gründende bei der Ideenfindung, während der Gründung bis hin zur Wachstumsphase. „Wir vermitteln fachliches Know-how, vernetzen die Teams im Ökosystem, helfen bei der Organisation von Veranstaltungen, beraten zu Förderprogrammen und unterstützen bei Marketingmaßnahmen“, sagt Janssen. Dabei soll auch das Kölner Start-up-Ökosystem insgesamt sichtbarer werden. Ein eigenes Team kümmert sich um Start-ups aus dem Ausland, die Anknüpfungspunkte in Köln und der Region suchen. Gleichzeitig hat Köln-Business im Jahr 2022 innovative Geschäftsideen mit 1,4 Mio. EUR gefördert. Insgesamt 70 Gründer erhielten das Gründerstipendium.NRW; allein dadurch flossen 840.000 EUR Gründerförderung nach Köln. „Hinzu kommen rund 556.000 EUR an Fördermitteln, mit denen Köln-Business das Kölner Start-up-Ökosystem direkt unterstützt hat“, so Janssen. Das Förderprogramm „Kölner Rahmen“ zum Beispiel umfasst im Jahr 2023 die drei Felder Sustainable Innovations, Köln XR und Digital Health. In jedem Feld werden bis zu fünf Projekte mit je maximal 10.000 EUR bezuschusst. Und auch bei Venture Capitalisten ist die Domstadt beliebt. „2022 flossen 164 Mio. EUR in Kölner Start-ups“, sagt Janssen. Das sind rund 11% weniger als im Vorjahr. „Doch im Vergleich brachen die Investments bundesweit um 43% ein, Köln liegt hier deutlich über dem Trend.“ Nicht zuletzt dank der Branchenvielfalt bleibe Köln trotz Wirtschaftskrise ein gefragter Gründungsstandort. „Mittlerweile haben wir 600 Jungunternehmen, und die Zahl der Finanzierungsrunden für Kölner Start-ups steigt“, so Janssen. 2022 investierten Fonds, Business Angels und andere Geldgeber in mindestens 91 Runden in Kölner Startups – im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 10%.

Neue Spezialflächen für Hightech-Start-ups

Auch die weichen Faktoren sind nicht zu unterschätzen. „Das Kölner Startup-Ökosystems bildet eine einzigartige Community, die eine nahtlose und nachhaltige Begleitung von Gründern ermöglicht“, sagt André van Hall, Geschäftsführer des BioCampus Cologne. Ein wichtiger Faktor sei dabei das Netzwerk Gateway, das die lokalen Hochschulen miteinander verbindet. Van Hall kümmert sich besonders um die technologielastigen Gründerteams. „Als kommunale Tochtergesellschaften bieten wir mit unseren beiden Standorten BioCampus Cologne und dem Rechtsrheinischen Technologie- und Gründerzentrum (RTZ) Köln ein umfassendes Angebot speziell für Hightech- und Deeptech-Start-ups“, so van Hall. Dieses Angebot setzt sich zusammen aus Community Building und der Bereitstellung der für Hightech-Start-ups notwendigen, oft komplexen Infrastruktur, etwa in Form von Laboren und Werkstätten. Der Bedarf ist groß. „Im Segment der Spezialflächen wie Labore, Reinräume, Werkstätten herrscht bundesweit ein eklatanter Mangel“, so van Hall; dies verhindere Wachstum, Wertschöpfung und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Darum plant er zurzeit zwei neue Laborgebäude mit ca. 27.000 m² Fläche, um innovativen Teams nachhaltiges Wachstum in Köln zu ermöglichen. Der BioCampus ist fokussiert auf den Bereich Life Sciences. „Unsere Schwerpunkte Humanmedizin und Bioökonomie sind zentrale Innovationsfelder für das 21. Jahrhundert“, erklärt van Hall. Ein Beispiel ist das Healthtech-Unternehmen Rimasys Group. Dessen Kernstück sind proprietäre biomechanische Algorithmen, die zum Beispiel Verletzungsmechanismen beschreiben und es ermöglichen, naturgetreu frakturierte anatomische Präparate zu generieren. Dadurch lässt sich die chirurgische Ausbildung verbessern und die Entwicklung der Medizintechnik vorantreiben.

Digital Health, Insurtech, Games und KI

Die Kölner Start-up-Szene ist in vielerlei Zukunftsfeldern unterwegs. „Mit Digital Health, der Versicherungswirtschaft sowie der Games- und Medienbranche gibt es im Kölner Raum starke Branchenschwerpunkte“, so Janssen, der aktuell eine zunehmende Bedeutung von KI-Lösungen beobachtet, speziell an den Kölner Hochschulen sowie an Forschungseinrichtungen wie den Fraunhofer-Instituten. Mit dem neue AI Village, einem Innovationscampus für künstliche Intelligenz, erhalten sie eine eigene Kompetenzplattform. Das Kölner Unternehmen DeepL, das Sprachbarrieren mithilfe von KI überwinden möchte, wächst rasant. Seit 2017 bietet es den Übersetzer an, kürzlich kam mit DeepL Write ein Schreibprogramm auf den Markt. Das junge Unternehmen ist gut 1 Mrd. EUR wert. Eine weitere Erfolgsstory ist das Start-up SoSafe. 2018 als Spin-off der Technischen Hochschule Köln gegründet, gilt es heute als einer der weltweit am schnellsten wachsenden Anbieter von Cybersecurity-Trainings. SoSafe betreut 1.500 Kunden und eröffnet nach einer neuen Finanzierungsrunde über 73 Mio. EUR nun Büros in mehreren europäischen Städten. „Und auch in den Bereichen Mobility und Logistics tut sich viel, speziell im Bereich der nachhaltigen Lösungen“, so Janssen.

Ausbau von Netzwerk und Standorten

Auf der Netzwerkebene bauen Janssen und van Hall die Partnerschaften mit anderen deutschen Städten aus. Den Pitch-Wettbewerb Startup-Champs Germany zum Beispiel führt Köln gemeinsam mit Berlin, Hamburg und München durch, und auch bei internationalen Events wie dem Web Summit in Lissabon oder der Slush in Helsinki treten die vier Städte gemeinsam auf. Dabei baut Köln auf die Stärken des Standorts. Mit dem InnoDom Cologne, dem neuen Innovations- und Gründungszentrum der Universität Köln, besteht seit Juni auch eine zentrale Anlaufstelle für die Start-up-Szene auf dem Hochschulcampus.