„Media for Equity ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil“

Interview mit Maximilian Jochim, Geschäftsführer SevenAccelerator & SevenVentures

Maximilian Jochim, Geschäftsführer SevenVentures und SevenAccelerator
Maximilian Jochim, Geschäftsführer SevenVentures und SevenAccelerator

Bildnachweis: SevenVentures, SevenAccelerator.

Gerade im B2C-Bereich sind Start-ups auf Medienwirkung angewiesen, nicht zuletzt, um mit ihren Produkten im Einzelhandel gelistet zu werden. ProSiebenSat.1 stellt mit seinem Corporate Venture-Arm SevenVentures sowie dem SevenAccelerator Start-ups in verschiedenen Finanzierungsphasen Partner zur Seite, die über das Media for Equity-Modell Produktwerbung ermöglichen.

VC Magazin: Welche Branchen sind derzeit für Ihr Modell spannend?

Jochim: Für uns ist wichtig, dass es sich um ein skalierbares B2C-Modell handelt, da nur dann der Investmentansatz TV Sinn ergibt. Es gibt Ausnahmen für B2B, aber in der Regel braucht das Start-up ein Produkt, das verschiedene Konsumentengruppen anspricht, da diese über das Massenmedium Fernsehen erreichbar sind. Wir sind allen Branchen gegenüber offen, aber derzeit liegt ein Fokus sicher auf Sustainability und Foodtech. In der Pandemie stand zum Beispiel auch Digital Health im Vordergrund. Im Prinzip treiben uns Dienstleistungen und Produkte um, die das Leben der Konsumenten erleichtern. Dazu zählen natürlich auch Klassiker wie Fashion und Beauty.

VC Magazin: Warum ist Foodtech für Sie aktuell ein so großes Thema?

Jochim: Trotz der aktuellen Konsumzurückhaltung sind Start-ups im Bereich Essen und Nahrungsmittel – je nach Preissegment – noch immer angesagt, weil sie schlichtweg Grundbedürfnisse abdecken. Konsumenten verzichten eher auf Luxusgegenstände. Für die Start-ups sind wir ein spannender Partner, da sie für die Listung in den Regalen des Lebensmitteleinzelhandels Werbung schalten müssen – und das ermöglichen wir mit dem Media for Equity-Instrument. Die Gründer müssen im aktuell zurückhaltenden Investitionsumfeld nicht unbedingt eine Finanzierungsrunde machen, sondern können unabhängig davon einen Media-Deal mit uns abschließen, für den sie kein Cash brauchen. Wir können den Start-ups also durch einen TV-Deal die Listung erleichtern, die sie brauchen, um ihre Produkte zu verkaufen und damit Wachstum zu generieren.

VC Magazin: Welche Themen werden den Foodsektor in der Start-up-Szene künftig bestimmen?

Jochim: Gerade Fleischersatzprodukte sind sehr angesagt, ebenso Zuckerersatz – sprich gesunde Ernährung. Eine immer wichtigere Rolle spielt zudem Nachhaltigkeit, auch hinsichtlich
der Verpackung. Ein spannendes Start-up, mit dem wir zusammenarbeiten, ist zum Beispiel nucao, das hervorragend zu diesen Trends passt: Das Team aus Leipzig stellt vegane und Fairtrade-Bioschokolade mit nachhaltiger Verpackung her und spendet zudem 3% der Einnahmen für Aufforstungsprojekte. So wurden bereits mehr als 14 Mio. Bäume gepflanzt mit dem Ziel, die 1 Mrd. zu erreichen. Den Gründern geht es um positives Wirtschaften – ein Ansatz, der in unserer Welt generell mehr im Zentrum stehen sollte! Weitere Foodinvestments wie unsere Deals mit KoRo und Tindle bei SevenVentures, aber auch zwischen SevenAccelerator und beispielsweise Blaue Helden oder Sirplus unterstreichen diese Entwicklung.

VC Magazin: Media for Equity ist eines der Angebote Ihres Hauses. Wie ist aktuell die Nachfrage?

Jochim: Wir spüren die aktuelle Zurückhaltung der Investoren und sind gleichzeitig dieses Jahr mit einem schwachen Werbemarkt konfrontiert. Unser Media for Equity-Angebot und auch die Media Convertibles des SevenAccelerators sind unabhängig davon weiter gefragt. Einige unserer Partner haben schon während der Pandemie gemerkt, dass unser Modell sehr gut funktioniert, weil viele Konkurrenten sich in Krisenzeiten Werbung nicht leisten können und die Start-ups mit uns die Möglichkeit haben, auch ohne Kapitalaufwand Aufmerksamkeit zu generieren – das schafft einen Wettbewerbsvorteil. Gerade im Consumer-Bereich ist die Wahrnehmung das A und O. Sobald es Konkurrenten am Markt gibt, hat man mit dem breiteren Aufschlag im TV plus gezieltem Performance-Marketing bessere Wachstums-chancen.

VC Magazin: Wie funktioniert Media for Equity im Detail?

Jochim: Zuerst schauen wir, ob TV-Werbung für das Start-up sinnvoll ist. Dabei spielt auch die IT des Start-ups eine Rolle, denn bei Massenwerbung gehen plötzlich viele Menschen gleichzeitig auf die Website und wollen das Produkt bestellen – das muss dann auch technisch funktionieren. Zudem muss die Logistik passen und das Produkt ausreichend verfügbar sein. Dafür braucht es Lagerkapazitäten, insofern es kein rein digitales Plattformgeschäft ist. Im nächsten Schritt klären wir, welche unserer Optionen infrage kommen: Beim klassischen Media for Equity bekommen wir Anteile am Unternehmen und der Partner im Gegenzug Werbung auf unseren TV- und Digitalkanälen. Hier arbeiten wir vor allem mit Start-ups in der Wachstumsphase zusammen. Wir haben aber auch die Option, Media for Revenue mit einer temporären Umsatzbeteiligung zu machen oder mit dem SevenAccelerator für frühphasige Start-ups Media Convertibles zu bieten. Hier strahlen wir Werbung sozusagen als Vorleistung aus und wandeln erst in der nächsten Finanzierungsrunde unseren Anspruch in Anteile um. Von Vorteil ist auch, wenn bereits ein Venture Capital-Investor oder Business Angel an Bord ist, der die Bewertung stützt. Kommt es dann zum Deal, unterstützen wir bei der TV-Werbung mit unserer internen Medienagentur. Wir bringen hier natürlich viel Erfahrung mit und bieten zum Beispiel Spot-Testings mit einer Probandengruppe an. Auch Trackings auf die Homepage können wir realisieren, sodass die Start-ups direkt sehen, was die TV-Werbung gebracht hat. Die Laufzeiten der TV-Spots sind individuell gestaltet, von drei Monaten intensiver Kampagnenaussteuerung bis hin zu dauerhaftem „Grundrauschen“ bei mittelgroßen bis großen Unternehmen. Wir können unseren Partnern jederzeit die passenden Programmumfelder für ihre Zielgruppen zugänglich machen, von der Primetime auf den großen Sendern bis hin zu spezielleren Formaten.

VC Magazin: Welche Start-ups haben Sie bislang unterstützt, was waren Ihre größten Deals?

Jochim: Da sind natürlich die bekannten Namen, die mittlerweile zum Teil an der Börse gelistet sind: About You, Home24 oder auch Lieferheld – heute Delivery Hero. Zudem haben wir auch schon Zalando, Parship und flaconi sowie Verivox unterstützt. Parship ist innerhalb der ProSiebenSat.1 Gruppe ja mittlerweile zu einem eigenen Segment gewachsen, und flaconi wurde nach den erfolgreichen Deals mit uns zu einer Mehrheitsbeteiligung des Konzerns. Zu unseren Netzwerk-Events kommen unsere großen und langjährigen Partner auch weiterhin gern dazu. Das hilft wiederum den kleineren Unternehmen, die sich den Werdegang anschauen und Tipps bekommen können.

VC Magazin: Viele junge Unternehmen ächzen aktuell unter gestiegenen Kosten und einem schwierigen Funding-Umfeld. Was hören Sie von den Unternehmen aus Ihrem Portfolio? Inwiefern sind gerade Ihre Angebote hier für sie hilfreich?

Jochim: Das aktuelle Umfeld ist für niemanden einfach: Die groß gewordenen Start-ups müssen an der Börse Profitabilität zeigen, mittlere und kleine Start-ups sehen sich mit gestiegenen Finanzierungskosten konfrontiert. Hinzu kommen die ehemals hohen Bewertungen, vor deren Hintergrund niemand gern eine Downround macht. Ebenso ist Fremdkapital extrem teuer geworden. In dieser Phase kann unser Ansatz denen helfen, die Werbung machen möchten, da sie kein zusätzliches Kapital dafür in die Hand nehmen müssen. Unsere Investitionsmodelle schonen letztlich den Cash des Partners, und unsere Flexibilität bei der Kampagnenausstrahlung hilft, zum richtigen Zeitpunkt wieder das Wachstum durch Werbung anzukurbeln.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch.

Zum Interviewpartner:

Maximilian Jochim ist Geschäftsführer bei SevenVentures (COO/CFO) und SevenAccelerator. Vor seinem Einstieg 2013 war er bei der ProSiebenSat.1 Media SE als Internal Auditor und Risk Manager tätig.