„Möglicherweise ist eine Konsolidierungstendenz gar nicht schlecht und wertbereinigend“

Adventsgespräch mit Ann-Kathrin Wagner (BioCampus Straubing)

Adventsgespräch mit Ann-Kathrin Wagner, BioCampus Straubing
Adventsgespräch mit Ann-Kathrin Wagner, BioCampus Straubing

Bildnachweis: BioCampus Straubing, VC Magazin.

Ein durchwachsendes Investitionsjahr neigt sich dem Ende und die Private Equity- und Venture Capital-Branche blickt hoffnungsvoll auf 2024. In unserer Reihe „Adventsgespräche“ haben wir mit Marktkennern über ihre Erwartungen und Aussichten für 2024 sowie ihre eigene Wahrnehmung dieses Jahres gesprochen.

VC Magazin: Das Jahr 2023 geht zur Neige, wie fällt Ihr Fazit aus?

Wagner: Ein Jahr mit – zumindest für uns – mehr Höhen als Tiefen, auch wenn gesamtgesellschaftlich, weltpolitisch und wirtschaftlich betrachtet 2023 sicherlich äußerst herausfordernd war. Im Rückblick überwiegen für uns die positiven Momente und Entwicklungen, zunächst, weil 2023 aus meiner Perspektive das erste komplett „pandemiefreie“ Jahr war und sich vieles wieder auf einem normalen Level eingespielt hat, und zum anderen, weil wir in unseren Projekten insgesamt auf ein erfolgreiches, von wenigen Rückschlägen geprägtes Jahr zurückblicken.

VC Magazin: Ein Blick auf Ihr Geschäft, was waren die Highlights des Jahres, was lief weniger gut?

Wagner: In meinem Bereich, der regionalen Wirtschaftsförderung für die biobasierte Wirtschaft und industrielle Bioökonomie, blicke ich wie gesagt auf viele Highlights zurück. Unter den Top Three ist dabei sicher das Prämierungsevent unseres Start-up Wettbewerbs „PlanB – Biobasiert.Business.Bayern.“ am Valentinstag mit fast 200 Gästen aus Wirtschaft, Finanzierung und Politik mit unseren Key Note Speakern Michael Brandkamp vom European Circular Bioeconomy Fund und Gwendolyn Schröter von der Golzern Holding / betterventures sowie grandiosen sechs Finalteams Reverion, Proservation, Nutrisen, Revoltech, Farminsect und Eeden.  Alle sechs Teams sind trotz der schwierigen Lage aktuell mit Finanzierungsrunden, Wachstum und go-to-market Stories in den Schlagzeilen und entwickeln sich grandios. Ebenfalls zu meinen Highlights gehört die Förderzusage für unser großes, deutschlandweites BMWK-Projekt „TransBiB –  Nationales Transfer- und Beschleunigungsnetzwerk industrielle Bioökonomie“, in dem wir mit 15 Partnern aus ganz Deutschland an der weiteren Vernetzung und Ausrollung der Zukunftsbranche Bioökonomie arbeiten werden und auch Start-up Themen nicht zu kurz kommen. Und erst ganz frisch der Spatenstich für eine first-of-its-kind Infrastruktur für die Bayerische industrielle Biotechnologie bei uns im Hafen Straubing: die BioCampus MultiPilot. Mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und dem bayerischen Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger durften wir den Startschuss für den Bau dieser 90 Mio. € Investition geben – in der Mehrzweck-demonstrationsanlage für Prozesse der industriellen Biotechnologie werden Start-ups, Forschungseinrichtungen und KMUs und Großindustrie ab Ende 2025 ihre Prozesse demonstrieren und skalieren können.

VC Magazin: Die Unternehmensbewertungen bei Private Equity- und Venture Capital-Transaktionen waren größtenteils rückläufig. Ihre Prognose für 2024?

Wagner: Möglicherweise ist eine Konsolidierungstendenz gar nicht schlecht und wertbereinigend – ich denke, dass sich Qualität und Innovation durchsetzen wird, egal, in welchem Umfeld, und da bleibe ich auch Optimistin. In unserem Bereich, der Bioökonomie und industriellen Biotechnologie, haben Start-ups ohnehin seit jeher mit größeren Herausforderungen bei der Kapitalsuche zu kämpfen als beispielsweise KI-, IT-, oder Software-Start-ups. Daher waren sie – so meine persönliche Beobachtung – weniger von diesem rückläufigen Trend betroffen als andere. Wie schon erwähnt, sind die Teams, die in unserem Wettbewerb dabei waren, und auch andere Teams aus unserer Bioökonomie-Branche, die nicht bei PlanB dabei waren, dieses Jahr viel in den News gewesen, und diese waren fast immer positiv. Daher blicke ich optimistisch in die nahe Zukunft und freue mich darauf, dass Investierende weiter die spannenden und transformativen Perspektiven, die Green, Sustainable, Circular und Biobased Start-ups ihnen bieten können.

VC Magazin: Mit welchen Gefühlen blicken Sie unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ins Jahr 2024?

Wagner: Auch hier bin ich optimistisch und gleichzeitig hoffnungsvoll, dass unsere Bundes- und Länderregierungen erkennen, dass unsere Wirtschaft, die die Transformation zu mehr Klimaschutz und -Anpassung längst begonnen hat – egal ob Start-up oder Großkonzern, dafür weiter Rückenwind benötigt. Auch, wenn es abgedroschen klingt – in Zeiten der Krise hat sich immer mal wieder der Blick über den großen Teich in die USA gelohnt. Das würde ich auch heute wieder raten. Investieren in Innovation und Transformation kann nie schlecht sein – schon gar nicht in schwierigen Zeiten. Mit Blick auf die Energiepreise hoffe ich, dass die energieintensiven Branchen in der Lage sein werden, schnell die Transformation zu schaffen, denn nur ein entschlossenes Anpacken macht zukunftsfähig. Lamentieren und mit Abwanderung drohen dagegen nicht.

VC Magazin: Was wünschen Sie sich persönlich für das neue Jahr?

Wagner: Für 2024 wünsche ich mir für mein Team, dass die geplante Neukonzeptionierung unseres PlanB Wettbewerbs erfolgreich wird und wir noch zielgerichteter die Start-ups aus der Bioökonomie unterstützen können. Außerdem wird der Baubeginn unserer BioCampus MultiPilot arbeits- und zeitintensiv werden. Auch hierfür wünsche ich mir viel Ausdauer und Kraft für unser Team, diese große Herausforderung im Sinne der Innovationsförderung zu stemmen. Und für uns alle wünsche ich mir ein Jahr mit weniger schlechten Nachrichten und Versöhnung.

VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!

Über die Interviewpartnerin:

Ann-Kathrin Wagner ist Leiterin Biobasierte Wirtschaft bei BioCampus Straubing. Sie verantwortet dort die Standortentwicklung des Hafens Straubing hin zu einem Hub für die biobasierte Wirtschaft und den Start-up Wettbewerb PlanB. Wagner studierte Sustainable Development in Utrecht und International Cultural and Business Studies in Passau.