Grün und glücklich?

ESG im Fokus

Lennart Lorenz, Antonia von Treuenfeld | YPOG (v.l.n.r.)
Lennart Lorenz, Antonia von Treuenfeld | YPOG (v.l.n.r.)

Bildnachweis: © YPOG.

Zu den ersten Erfahrungen und neueren Entwicklungen im Bereich ESG sprachen Lennart Lorenz, Antonia von Treuenfeld (beide YPOG), Patricia Volhard (Debevoise) sowie Joel El-Qalqili (Vidia) im Rahmen der PE Legal 2022. 

Die Transformation der Wirtschaft in ein ökologisch und sozial nachhaltiges System gilt als ein wesentlicher Baustein im Versuch, die globale Klimakrise zu bewältigen und Europa dauerhaft wettbewerbsfähig zu halten. Aus diesem Grund hat der europäische Gesetzgeber mit seinem Klimapakt unter anderem zwei Rechtsakte auf den Weg gebracht, um die Kapitalströme in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken: die Offenlegungs-VO (SFDR) und die Taxonomie-VO.

Final ist nicht final

Die SFDR ist bereits seit dem 10. März 2021 anwendbar und unterwirft Finanzmarktteilnehmer bestimmten Transparenzpflichten. Die Taxonomie-VO legt demgegenüber fest, unter welchen Bedingungen eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig angesehen wird, und gilt in Teilen seit 1. Januar 2022. Die der Konkretisierung dienenden Ausführungsverordnungen (RTS), die detaillierte Vorlagen für die Umsetzung einzelner Pflichten enthalten, werden laufend weiterentwickelt. Zuletzt wurde die finale Version der RTS am 6. April 2022 von der Europäischen Kommission verabschiedet. „Final“ bedeutet hier aber wohl nicht wirklich final – bereits vier Wochen später wurden die Europäischen Aufsichtsbehörden, die das Dokument erarbeitet haben, aufgefordert, Weiterentwicklungen vorzunehmen und Änderungen vorzuschlagen. Hinzu kommen Klarstellungen vonseiten der Europäischen Institutionen, die teils erhebliche Auswirkungen auf die Beratungspraxis haben. Der Beratungsprozess zu beiden Verordnungen ist entsprechend sehr dynamisch.

Erhebliche Überprüfungsdichte für die nationalen Aufsichtsbehörden

Eine der wesentlichen neueren Entwicklungen ist die Veröffentlichung eines Supervisory Briefings durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Hiernach sollen die nationalen Aufsichtsbehörden (NCAs) in die Überprüfung der Offenlegungen eingebunden werden. Sie sind angehalten, detaillierte Checklisten zu erstellen und bei ihrer Aufsichtstätigkeit auf alle verfügbaren Informationen zurückzugreifen. Dabei werden die NCAs auch ermutigt, sich die Portfoliozusammensetzung einzelner Produkte anzuschauen. Beachtlich ist dies, da die SFDR ihrem Zweck nach nur auf Transparenz zielt. Korrespondierend wurde bisweilen von einer Aufsichtsbefugnis bezogen auf die Erfüllung oder Nichterfüllung dieser Transparenzpflichten ausgegangen, nicht hingegen von einer inhaltlichen Überprüfung der Produktqualifizierung. Auch zum Verständnis des Begriffs „Impact“ lässt das Briefing einen ersten Ansatzpunkt erkennen. Während es nach wie vor an einer Definition fehlt, deutet das Briefing zumindest an, dass ein Impact-Fonds ein solcher ist, welcher seine Investitionen mit der Absicht tätigt, positiven, messbaren sozialen und ökologischen Impact neben finanzieller Rendite zu generieren.

Erfordernis guter Unternehmensführung in Portfoliounternehmen

Auch die Europäische Kommission hat zuletzt Klarstellungen zur SFDR veröffentlicht, zum Beispiel mit Blick auf die ausnahmslose Einhaltung des Erfordernisses von „Good Governance-Praktiken“ in Portfoliounternehmen. Unklar bleibt allerdings, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen sich dieses Erfordernis im Laufe der Haltedauer verändert. Zudem stellte die Kommission klar, dass es für Produkte, die vor Inkrafttreten der SFDR vertrieben wurden, keine Befreiung (Grandfathering“) mit Blick auf Berichtspflichten und Offenlegungen auf der Webseite gibt. Die Beachtung der SFDR für diese Produkte wird bei vielen indes als unnötig und verfehlt wahrgenommen.

Fazit

„Wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn es manchmal stark holpert“ – so lässt sich wohl die Stimmungslage der Panelisten am treffendsten zusammenfassen.

Über die Autor:innen:
Lennart Lorenz berät zu allen Fragen des Aufsichtsrechts sowie bei der Strukturierung von Fonds und anderen Anlagevehikeln. Daneben begleitet und berät er Finanzmarktakteure in (bank-)aufsichtsrechtlichen Erlaubnisverfahren.
Antonia von Treuenfeld ist im Bereich Fondsstrukturierung tätig. Sie berät vor allem Manager von Venture Capital- und Private Equity-Fonds bei in- und ausländischen Strukturierungen. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der Beratung zu ESG-Themen, insbesondere der Umsetzung der Anforderungen von SFDR und Taxonomie sowie der Strukturierung von Impact-Fonds.