Bildnachweis: Egym.
Durch die Verbindung von über 200 Marken mit digitalen Produkten, smarten
Fitnessgeräten und dem Sport- und Wellnessnetzwerk Wellpass hat Egym eine umfassende Fitnessplattform aufgebaut. Seit der Gründung 2010 hat das Unicorn mehrere Finanzierungsrunden gestemmt und viele Hundert Mio. EUR eingesammelt. Im Interview berichtet CTO Florian Sauter von seinen Lessons learned.
VC Magazin: Egym gehört mittlerweile in die Riege der Unicorns. Gibt es rückblickend entscheidende Weichenstellungen in der frühen Phase, die Sie heute als Grundstein für den Erfolg festmachen, oder würden Sie manches in der Gründungsphase heute anders angehen?
Sauter: Eine entscheidende Weichenstellung war sicher unsere frühe Entscheidung, eigene
elektronische Kraftgeräte zu entwickeln. Ursprünglich wollten wir Software zur Vernetzung
bestehender Geräte anbieten. Nur: 2010 gab es schlicht keine onlinefähigen Fitnessgeräte – also bauten wir sie selbst. Das war technisch wie unternehmerisch-strategisch ein großer Schritt, aber der Beginn unserer Erfolgsgeschichte. Heute gehören unsere 20 Smart Strength-Maschinen zu den besten Kraftgeräten für den professionellen Einsatz weltweit. Sie werden bis heute in Deutschland gefertigt; auf der Schwäbischen Alb. Dieser vertikale Integrationsansatz – also Hard- und Software aus einer Hand – prägt Egym bis heute und hat unsere Innovationsgeschwindigkeit enorm beschleunigt.
VC Magazin: Sie haben mehrere Finanzierungsrunden durchlaufen, zuletzt in der
Series G-Runde weitere 180 Mio. EUR eingesammelt. Welche Learnings haben Sie aus
Ihrer Investorenansprache mitgenommen, welche Fehler sollte man im Fundraising vermeiden?
Sauter: Sei absolut zuverlässig, was deine Businesspläne angeht. Ein nicht unwesentlicher Teil unseres Erfolgs im Fundraising liegt darin, dass wir – abgesehen von den beiden COVID-Jahren, in denen alle Fitnessstudios und Physiopraxen behördlich mehrfach und auf unbestimmte Zeit geschlossen waren – unsere Forecasts mit hoher Präzision eingehalten haben. Das schafft Vertrauen und spricht sich in der Investorencommunity herum. Wer sich auf unsere Zahlen verlassen kann, bleibt langfristig an Bord – und genau das war der Schlüssel, um über 600 Mio. USD Wachstumskapital einzuwerben. Zudem hilft ein klarer strategischer Fokus: Wir haben früh definiert, dass wir Fitness und Gesundheitstechnologie zusammenbringen wollen, um unser Gesundheitssystem von Reparatur auf Prävention zu drehen – ein Narrativ, das heute aktueller ist denn je.
VC Magazin: Mit rasantem Wachstum verändert sich auch die Organisation: Welche
Kulturprinzipien haben Sie beibehalten, um Egym erfolgreich zu skalieren, und was mussten Sie bewusst loslassen?
Sauter: Wir haben von Anfang an auf eine Kultur der Eigenverantwortung und Transparenz
gesetzt und das bis zum heutigen Tag beibehalten. Jeder bei Egym soll verstehen,
welchen Beitrag er oder sie zum großen Ganzen leistet. Gleichzeitig mussten wir Strukturen
professionalisieren: Aus einem Gründerteam, das alles selbst entscheidet, wurde ein
internationales Unternehmen mit über 900 Mitarbeitenden. Das bedeutet, Verantwortung
zu teilen und Experten führen zu lassen. In diesem Kontext haben wir uns übrigens schon
in unserer unternehmerischen Frühphase davon verabschiedet, Leute einzustellen, deren
Profil unserem sehr ähnlich war – ein Fehler, den Gründerteams häufig machen. Was wir
nie aufgegeben haben, ist unser Pioniergeist: Wir sind weiterhin fest davon überzeugt, dass
Technologie Training besser macht, für Anfänger wie für Profis, für Fitnessstudios und
Physiopraxen wie für Unternehmen. Diese Gewissheit trägt uns durch alle Wachstumsphasen.
VC Magazin: Welche Lektion aus Ihrer unternehmerischen Reise würden Sie anderen
Gründern mitgeben, die ebenfalls groß denken und ein skalierbares Geschäftsmodell aufbauen wollen?
Sauter: Größe entsteht aus Fokus, nicht aus Breite. Viele Start-ups verzetteln sich in zu vielen Ideen gleichzeitig. Unser Arbeitsansatz ist daher grosso modo sequenziell, nicht parallel. Wir haben uns konsequent auf unser Kernversprechen konzentriert: Training smarter machen. Daraus ist ein ganzes Ökosystem entstanden: von vernetzten Kraftmaschinen über Software und Apps über mehr als 200 angebundene Industriepartner bis hin zu Egym Wellpass, Europas größter Corporate Fitness-Plattform. Skalierbarkeit heißt für mich: ein Produkt entwickeln, das in sich schon den Hebel für Wachstum trägt. Und dann gilt: Ausdauer schlägt Speed. Unser Weg vom Universitätsprojekt zum Unicorn hat 15 Jahre gedauert, aber wir haben in dieser Zeit den Fitnessmarkt nachhaltig verändert und die Brücke zwischen Training und Prävention gebaut. Dennoch haben wir unsere wichtigste Herausforderung noch vor uns: den bereits apostrophierten Umbau des globalen Gesundheitsmarkts von Heilen auf Vorbeugen mit einem viele Milliarden großen Kosteneinsparpotenzial.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Über den Interviewpartner:
Florian Sauter ist Mitgründer und CTO von Egym und verantwortet die technologische Entwicklung des Unternehmens. Unter seiner Leitung entstanden die ersten vernetzten Kraftgeräte für den professionellen Einsatz sowie zahlreiche digitale Innovationen, die Egym heute zum Technologieführer im Bereich Smart Strength und KI-gestütztem Training machen.



