Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit

KI-Revolution im Venture Capital-Bereich

Dominik Lohle, May Ventures
Dominik Lohle, May Ventures

Bildnachweis: May Ventures.

Wir stehen inmitten der größten technologischen Revolution unserer Zeit: Künstliche Intelligenz. Sie verändert Alltag, Gesellschaft und Wirtschaft fundamental. Kein Markt bleibt unberührt, insbesondere jene, die auf Wissensarbeit basieren. Das gilt auch für Venture Capital. Investoren müssen sich anpassen, um in dieser neuen Ära nicht nur zu bestehen, sondern die Zukunft aktiv mitzugestalten und relevant zu bleiben.

Künstliche Intelligenz ist mehr als ein Trend; sie ist eine Basisinnovation, deren Einfluss die Einführung des Internets übertreffen dürfte. Anders als frühere Automatisierungswellen dringt KI in Bereiche vor, die dem menschlichen Intellekt vorbehalten waren. Ihre exponentiell wachsenden Fähigkeiten, von der Datenanalyse bis zur autonomen Arbeit, stellen etablierte Geschäftsmodelle infrage und schaffen enormes Potenzial für disruptive Unternehmen.

Der Wandel der Wissensarbeit

Im Zentrum dieser Transformation steht die Wissensarbeit. Branchen wie die Rechtsberatung oder das Finanzwesen erleben, wie KI-Anwendungen Routineaufgaben übernehmen und Experten unterstützen. Das Ergebnis ist keine Ersetzung, sondern eine Erweiterung menschlicher Fähigkeiten. Effizienz und Qualität steigen, während neue Anforderungsprofile entstehen. Märkte, die primär auf Informationsverarbeitung beruhen, verändern sich am tiefgreifendsten.

Venture Capital im Umbruch

Als ein Markt, der fast ausschließlich auf Wissensarbeit beruht, ist die Venture Capital-Branche direkt betroffen. Die informationsintensiven Kernprozesse, von Sourcing bis Portfoliosupport, basieren bislang stark auf manueller Analyse und Netzwerken. KI bietet hier enorme Optimierungspotenziale. KI-gestützte Systeme können Märkte systematisch nach Start-ups durchsuchen, Trends frühzeitig erkennen und durch Datenanalyse fundiertere Investitionsentscheidungen ermöglichen, was Geschwindigkeit und Qualität erhöht.

Vom Investor zum Technologieanwender

In Zukunft genügt es nicht mehr, nur in Technologie zu investieren – Venture Capital-Gesellschaften müssen selbst zu konsequenten Anwendern werden. Ein „KI-nativer“ Ansatz wird vom Wettbewerbsvorteil zur Notwendigkeit. Es geht nicht darum, menschliche Intuition zu ersetzen, sondern sie durch datengestützte Werkzeuge zu schärfen. Fonds, die diesen Wandel vollziehen, treffen bessere Entscheidungen und bieten ihren Portfoliounternehmen durch skalierbare, datenbasierte Unterstützung einen echten Mehrwert. Die Rolle des Investors wandelt sich somit vom reinen Kapitalgeber zum strategischen Partner, der technologische Kompetenz und operative Unterstützung auf Augenhöhe bietet. Die menschliche Komponente – das Gespür für Gründerpersönlichkeiten, das strategische Sparring und der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses – bleibt auch in Zeiten von KI der Kern einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Doch die Grundlage dafür, dass Investoren überhaupt Zeit für das Menschliche finden, ist eine effiziente technologische Basis. Die erfolgreichsten Investoren der Zukunft werden jene sein, die es schaffen, menschliche Urteilskraft mit der analytischen Stärke von Künstlicher Intelligenz zu einer Symbiose zu verbinden – denn wer die Werkzeuge der Zukunft nicht nutzt, wird ihre Gestaltung kaum finanzieren können.

Über den Autor:

Dominik Lohle ist Founding Partner von May Ventures, studierter Volkswirt und Data Scientist. Mit Max Derpa gründete er den KI-nativen Venture Capital-Fonds aus Münster, der hypothesenbasiert in KI-Unternehmen investiert und KI-Agenten im gesamten Wertschöpfungsprozess einsetzt.