Bildnachweis: Marondo.
Dual Use und Defencetech haben sich in den letzten Monaten zu Schwerpunkten des Investitionsgeschehens entwickelt. Marondo Capital ist aktuell im Fundraising für einen 250-Mio.-EUR-Fonds, der in rund 15 KMU im Bereich Dual Use-Defencetech und kritische Infrastruktur (KRITIS) in Deutschland, Österreich und der Schweiz investieren soll. Prominente Unterstützung erhält das Team dabei von einem Expertenbeirat mit unter anderem Ben Hodges und Chris Badia, zwei Generälen a.D.
VC Magazin: Viele Anleger in Europa zögern bei Defence-Themen – wie überzeugen Sie potenzielle Investoren, dass Verteidigung inzwischen ein legitimer Zukunftsmarkt ist?
Maschek: Zunächst ist das Tempo, mit dem sich Investoren auf die neue Realität einstellen, durchaus beachtlich. Die Zeitenwende ist auch in der Finanzindustrie angekommen, und wir spüren ein starkes Interesse an der Thematik. Dieses Interesse ist getrieben von der Suche nach hohen Wachstumsraten. Die Frage ist, in welchen Märkten noch die angestrebten Renditen erzielt werden können. Aufgrund der Versäumnisse der Vergangenheit ist Defence sicherlich ein potenzieller Wachstumssektor in Europa und damit hochattraktiv für Investoren. Bis vor einem Jahr war es aber beinahe ein missionarisches Unterfangen, mit LPs überhaupt über Verteidigung und Sicherheit im Kontext Privatkapital zu diskutieren. Wir haben unseren Investoren daher anhand der aktuellen Regularien die Definition unserer künftigen Investitionsstrategie sehr intensiv dargelegt.
VC Magazin: Wie sieht diese Investitionsstrategie aus?
Maschek: Für Dual Use – also zivil und militärisch Nutzbares – gilt die EU-Regulierung (2021/821). Für kritische Infrastrukturen (KRITIS) gibt es eine Definition des Bundesamts zur Sicherheit in der Informationstechnik, die zehn Sektoren umfasst. Diese sind wesentlich für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Aus den zehn Sektoren haben wir fünf ausgewählt, in die wir schon im ersten Fonds erfolgreich investiert haben. Diese Strategie hat die Investoren letztendlich überzeugt. Mit unserem neuen Fondskonzept gehören wir in Deutschland zu den Frontrunnern und haben mit den zwei Schwerpunktthemen Dual Use und KRITIS die Marktentwicklung mitgestaltet.
VC Magazin: Noch vor zwei Jahren waren „Investments in Defence“ nicht salonfähig, einzelne Investments gab es jedoch bereits. Wie gingen LPs damals mit dem Thema um?
Deissner: Auch wenn möglicherweise in seltenen Ausnahmefällen Investments im Defence-Bereich getätigt wurden: Das Thema war bei deutschen Investoren, insbesondere vor dem Hintergrund der ESG-Richtlinien, zumeist nicht existent, ob bei LPs oder GPs. In Anbetracht der Ausschlusskriterien in den LPAs für Investments im militärischen Bereich wurden auch sogenannte Dual Use-Investments traditionell stark hinterfragt. Wir werden hier sicherlich Anpassungen in den Vertragswerken sehen.
VC Magazin: Wie läuft das Fundraising in diesen wirtschaftlich nicht einfachen Zeiten?
Welche Investorengruppen haben Sie auf der Agenda?
Maschek: Ganz generell ist das Ökosystem derzeit unter Druck, weil es bei den GPs kaum Exits gibt, die zu Ausschüttungen an Investoren führen und reinvestiert werden können. Die Situation ist die schlechteste, die wir in den letzten zehn Jahren erlebt haben. Dennoch ist es uns sehr gut gelungen, unsere Strategie und unsere USPs zu artikulieren. Zur positiven Resonanz trägt sicher auch unser einzigartiges Netzwerk im Dual Use-/ KRITIS-Bereich bei. Aber natürlich wünschen auch wir uns noch mehr Bewegung bei den Finanzierern – für uns sind das Öffentlich-Rechtliche, Family Offices und auch institutionelle Allokatoren. Leider haben wir in Deutschland keine großen Pensionskassen, wie etwa in den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern. Das ist ein struktureller Nachteil.
VC Magazin: Warum haben Sie sich gezielt für Investments in KMU entschieden?
Maschek: Wir kennen den technologischen Mittelstand seit über 20 Jahren – das ist bei uns in der DNA. Das Potenzial in Bezug auf Dual Use und KRITIS ist hier enorm. Man muss bedenken, dass Zielunternehmen schon längere Zeit zumeist in zivilen Märkten erfolgreich sind. Der Trick ist jetzt, sie auch im Sicherheits- und Verteidigungsbereich erfolgreich zu machen und dazu von dem künftigen Nachfrageschub zu partizipieren.
VC Magazin: Herr Deissner, Sie sind lange in der Szene und begleiten Marondo als Experte seit der Gründung dort. Was dachten Sie, als die Partner mit dem neuen Investitionsansatz
auf Sie zukamen?
Deissner: Bereits im ersten Fonds entwickelten sich die KRITIS-Investments zu einem erfolgreichen Portfolioschwerpunkt, und es war klar, dass KRITIS das Thema des neuen Fonds sein wird. Im Zuge der Zeitenwende entwickelten sich die Themen Dual Use und daraus folgend wiederum Defence fast logisch als Themenschwerpunkte hinzu. Nachdem die ESG-Thematik zügig geklärt war, stellte sich die spannende Frage, wie die Investorenseite auf diesen – zumindest in Deutschland – neuen Fondsansatz reagieren würde. Stand heute bin ich angenehm überrascht von der positiven Resonanz, die das Marondo-Team als eines der ersten mit dieser Strategie in Europa bei Investoren erzielt hat.
VC Magazin: In welchen Bereichen ist Europas Verteidigungsindustrie am dringendsten auf Innovationen angewiesen?
Maschek: Wir haben uns kompetente Berater geholt, zum Beispiel General a.D. Chris Badia: Er war bis zu seiner Pensionierung einer der Chefplaner der NATO. Von ihm wissen wir genau, was fehlt. Stichworte mit Relevanz für innovative KMU sind unter anderem natürlich Digitalisierung, die Verbesserung der persönlichen Ausrüstung sowie der Ausbau der Logistik und Infrastruktur. Für diese Themen sehen wir bei den Technologie-KMU hervorragende Produkte, oft auch mit Intellectual Property. Deshalb müssen wir keine „Rocket Science“ betreiben, um mit unseren Unternehmen stark zu wachsen und Geld zu verdienen. Im Übrigen schließen wir den Bereich „Kriegswaffen“ für unseren Fonds aus.
VC Magazin: Öffentlich-rechtliche Kapitalgeber haben das Thema Defence schneller in ihre Investitionsstrategie aufgenommen als die privaten. Worauf führen Sie das zurück
und wie steht es um das Interesse der privaten Investoren?
Deissner: Mit Ihrer Frage zielen Sie vermutlich auf zwei Fonds, die bereits im vergangenen Jahr gelauncht wurden: die Defence Equity Facility des EIF und den NATO Innovation Fund. Beide Instrumente dokumentieren eindrucksvoll den politischen Willen, Innovationen im Bereich Defence mithilfe von Venture Capital und Private Equity zu forcieren. Auch die EIB hat ihre Finanzierungsrichtlinien für Dual Use-Projekte angepasst. Von diesen Maßnahmen geht natürlich eine starke Signalwirkung aus, die sowohl im Kreis der öffentlich-rechtlichen als auch bei den privaten Investoren wahrgenommen wird. Ganz allgemein kann man feststellen, dass Dual Use-/Defence-Investments ein neues attraktives Investitionsfeld für die Investoren darstellen. Dies lässt sich in den letzten Monaten an dem steigenden Interesse privater Investoren ablesen, das sich ab kommendem Jahr sicherlich auch in entsprechenden Investments niederschlagen wird.
VC Magazin: Welche Prognose haben Sie für Private Capital-Investments in Defence, Dual Use und KRITIS in Deutschland in den nächsten fünf bis zehn Jahren?
Maschek: Dual Use-, Defence- und KRITIS-Investitionen sowie das zugehörige Ökosystem werden einen wichtigen Anteil an der Private Capital-Industrie in Europa und Deutschland haben. Dual Use ist bereits heute im ESG-Rahmen quasi akzeptiert. In fünf bis zehn Jahren sehen wir etablierte Defence-Fonds in Deutschland, in allen Bereichen des Privatkapitals – das ist schon aufgrund der geopolitischen Situation unausweichlich. Was uns bei Marondo dabei besonders motiviert, ist der Umstand, dass wir als einer der Ersten in Europa mit von der Partie sind.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Über die Interviewpartner:
Marko Maschek ist seit 1997 im Privatkapital in Deutschland und den USA aktiv und Mitbegründer von zwei Erstfonds, darunter Marondo. Er verantwortete über 30 Technologieunternehmen und begleitete vier Börsengänge. Der Elektrotechnik- und Informatik-Absolvent mit MBA aus Cambridge ist zudem Offizier der Cyberreserve der Bundeswehr.
Albrecht Deissner war mehr als 25 Jahre in führender Position für die KfW tätig. Ab 2004
zeichnete er für die KfW-Beteiligungsfinanzierung inklusive High-Tech Gründerfonds-Beteiligung verantwortlich und war später auch maßgeblich am Aufbau der KfW Capital beteiligt. Er berät Marondo in strategischen Fragen.



