Experten zum Private Equity-Gesetz (Ausgabe 1/2007)

„Wir wollen ein wettbewerbsfähiges Gesetz“
Interview mit Daniela Weber-Rey, Clifford Chance

VC Magazin: Wie sollte das vom BMF angekündigte Private Equity-Gesetz im optimalen Fall für die Branche aussehen?
Weber-Rey: Das Private Equity-Gesetz muss eine steuertransparente Fondstruktur schaffen, um die bisherigen Schwierigkeiten bei der Einstufung von Fonds als gewerblich ohne Steuertransparenz oder vermögensverwaltend und steuertransparent zu vermeiden. Wir wollen eine einfache Handhabung und ein wettbewerbsfähiges Gesetz. Wichtig ist auch der Erhalt von Verlustvorträgen bei Mehrheitswechsel. Insbesondere VC-Fonds, die sich in der Investitionsphase befinden und noch einige Finanzierungsrunden bestehen müssen, sind auf den Finanzierungsvorteil durch die Nutzung der Verlustvorträge angewiesen.

VC Magazin: Kann das Private Equity-Gesetz die Branche wirklich in Fahrt bringen?
Weber-Rey: Die Branche ist in Fahrt, wobei Venture Capital erst auf ein ähnlich erfolgreiches Niveau wie Private Equity kommen muss. VC ist allerdings wesentlich sensibler, da bei den geringeren Investitionsvolumina nicht derselbe Strukturierungsaufwand betrieben werden kann wie bei Private Equity.

VC Magazin: Haben Sie den Eindruck, dass das BMF versteht, wie Private Equity organisiert ist?
Weber-Rey: Der BVK und die Private Equity-Community haben sich in den letzten zwei Jahren sehr bemüht, Politiker und Beamte mit den wichtigen Themen vertrauter zu machen. Es wurde immer wieder belegt, wie groß die volkswirtschaftliche Bedeutung des Private Equity-Sektors auch in Deutschland ist – ohne dass hier das Potenzial voll ausgenutzt wäre und ohne dass wir Volumina erreichen, wie sie etwa in England, Skandinavien oder den USA erreicht werden. Wir gehen daher davon aus, dass das BMF heute ein größeres Verständnis für den Private Equity-Sektor hat.

VC Magazin: Gibt es schon konkrete Ergebnisse und Vorschläge der Private Equity-Sachverständigengruppe in Brüssel?
Weber-Rey: Die Sachverständigengruppe für Private Equity soll insbesondere die Bedürfnisse in den Mitgliedstaaten zur Förderung des Private Equity-Marktes und des Marktes für KMU ermitteln, um die Lissabonner Agenda für Wachstum und Beschäftigung besser umsetzen zu können. Die Gruppe widmet sich nicht steuerlichen Themen, sondern  beschäftigt sich primär mit gesellschaftsrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Themen. Wir hoffen, dass abschließend Rahmenbedingungen für ein europaweit optimales rechtliches und steuerrechtliches Umfeld vorgelegt werden.

VC Magazin: Stichwort Unternehmensnachfolge: Welche vertrauensbildenden Maßnahmen der Private Equity-Investoren können den Zugang erleichtern?
Weber-Rey: Die Private Equity-Industrie hat in den letzten Jahren an Professionalität gewonnen, die Voraussetzung für Transaktionssicherheit und Vertrauen im Hinblick auf eine längere Zusammenarbeit ist. Spätestens seitdem auch große, alteingesessene deutsche Unternehmen mit Private Equity-Investoren zusammenarbeiten, sind für die Anerkennung der Industrie keine grundsätzlichen vertrauensbildenden Maßnahmen mehr erforderlich. Jetzt kommt es auf den Erfolg des einzelnen Private Equity-Unternehmens in einer Transaktion an. Größere Flexibilität bei der über den eigentlichen Verkauf hinausgehenden Zusammenarbeit mit dem Verkäuferunternehmen oder beim Einstieg als Käufer gemeinsam mit einem Industriepartner kann sehr hilfreich sein.

Zum Gesprächspartner
Daniela Weber-Rey ist  Partnerin von Clifford Chance und Leiterin der deutschen Financial Institutions Group. Sie berät im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht bei Unternehmenskäufen mit Schwerpunkt auf dem Finanzsektor. Sie ist aktiv für die AG Recht & Steuern des BVK und das Tax & Legal Committee der EVCA. Im Mai 2005 wurde sie in die „Advisory Group on Corporate Governance and Company Law“ und im September 2006 in die Expertengruppe „Removing obstacles to cross-border investment“ der EU-Kommission berufen. ([email protected])
 

„Die Bedingungen dürfen sich nicht jährlich ändern“
Interview mit Dr. Michael Inhester, P+P Pöllath + Partners

VC Magazin: Wie sollte das vom BMF mittlerweile angekündigte PE-Gesetz im optimalen Fall für die Branche aussehen?
Inhester: Die lange Diskussion um den Private Equity-Erlass, der schließlich im Dezember 2003 veröffentlicht wurde, hat die Private Equity-Industrie verunsichert. Die Bestätigung der bislang gelebten Grundsätze hat jedoch zur Verbesserung des Private Equity-Standortes Deutschland beigetragen. Danach wird der Grundsatz der Steuertransparenz, der auch im angloamerikanischen Rechtskreis gilt, für Deutschland als verbindlich anerkannt. Das Private Equity-Gesetz wird insoweit in wesentlichen Bereichen nichts Neues bringen; vielmehr ist es ein positives Bekenntnis des Gesetzgebers zu den Prinzipien der privaten Vermögensverwaltung und den damit zusammenhängenden Besteuerungsgrundsätzen. Die Frage nach der optimalen Ausgestaltung des Private Equity-Gesetzes deckt sich insofern mit der Frage der Unzulänglichkeiten des geltenden Private Equity-Erlasses. Diese lassen sich derzeit aufgrund der damit verbundenen negativen steuerlichen Auswirkungen in drei Bereichen ausmachen: Turnaround-Investments, Secondary Investments, Seed-Investments. Wenn der Gesetzgeber im Private Equity-Gesetz diesen Gegenständen mehr Aufmerksamkeit widmet, wäre dies hilfreich.

VC Magazin: Wären mit dem Private Equity-Gesetz alle monierten rechtlichen und steuerlichen Unsicherheiten geklärt?
Inhester: Kein Gesetz, auch nicht das Private Equity-Gesetz, kann so abschließend formuliert sein, dass damit alle rechtlichen und steuerlichen Unsicherheiten beseitigt sind. Dafür sind auch die Interessenlagen der Beteiligten zu unterschiedlich – dies halte ich auch für legitim. Entscheidend ist allein, dass die Rahmenbedingungen für Private Equity-Investitionen in Deutschland für alle Beteiligten kalkulierbar sind und sich nicht jedes Jahr ändern.

VC Magazin: In Brüssel gibt es eine Sachverständigengruppe für Private Equity. Gibt es schon konkrete Ergebnisse und Vorschläge?
Inhester: Die Expertengruppe hat am 15. November 2006 in ihrem Weißbuch erste Ergebnisse veröffentlicht. Konkrete Entscheidungen gibt es aber noch nicht; diese werden frühestens im Herbst 2007 vorliegen. Erwartet wird, dass die EU-Kommission Empfehlungen zur Standardisierung der Prospektpflicht sowie zum Ausbau der aufsichtsbehördlichen Zusammenarbeit geben wird.

VC Magazin: Schafft das Private Equity-Gesetz eventuell neue Barrieren?
Inhester: Die Bundesregierung koppelt das Private Equity-Gesetz mit der geplanten Unternehmensteuerreform. Danach ist geplant, eine Abgeltungssteuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen und privaten Veräußerungsgeschäften einzuführen und das gerade eingeführte Halbeinkünfteverfahren wieder abzuschaffen. Einkünfte aus Kapital und privaten Veräußerungsgeschäften würden danach mit vermutlich 25% besteuert, während die übrigen zu versteuernden Einkommen dem vollen Einkommensteuertarif unterworfen wären. Die Einführung einer „flat tax“ in einem Private Equity-relevanten Teilbereich der Einkommensteuer klingt dabei zunächst positiv und ist auch mit positiven Begleiterscheinungen verbunden. Allerdings zielt der Gesetzgeber hierbei auf eine stärkere Besteuerung von Buyout-Transaktionen ab, die seit der Heuschrecken-Debatte verstärkt zum Gegenstand politischer Diskussionen wurden. So soll insbesondere durch das Modell einer Zinsschranke der Abzug von Kapitalaufwand eingeschränkt werden, was die Private Equity-Industrie in diesem Bereich empfindlich treffen würde und für den Standort Deutschland sehr schädlich wäre.

Zum Gesprächspartner
Dr. Michael Inhester ([email protected]) ist Rechtsanwalt und Partner bei P+P Pöllath + Partners in München. Tätigkeitsschwerpunkt ist die rechtliche und steuerliche Beratung von Private Equity-Strukturen/-Transaktionen. Daneben ist er Lehrbeauftragter an der Universität Regensburg im Fachbereich Steuerrecht.

 

Alexander Endlweber