Leidenschaft und Verantwortung

Liebe Leserinnen und Leser,

von Ende April bis Anfang Juni fanden hierzulande einige Veranstaltungen statt, auf denen Investoren auf zahlreiche Entrepreneure gestoßen sind, die gestalten wollen, die Wege suchen und die leidenschaftlich für ihre jeweilige Vision kämpfen. Gemeint sind hier u.a. das Eigenkapitalforum, welches die KfW Bankengruppe mittlerweile seit 15 Jahren für junge Unternehmen organisiert (Bericht S. 47), sowie der Family Day des High-Tech Gründerfonds, der außerdem noch die High-Tech Partnering Conference zur Serie ausbauen möchte (siehe S. 30–31). Mit diesen Veranstaltungen unterstützen diese Institutionen, die (vorwiegend) öffentlich getragen sind, nachhaltig die Entwicklung der Gründerszene. KfW und High-Tech Gründerfonds zeigen damit, wie gelebte Verantwortung aussieht.

Teile der politischen Elite dieses Landes dagegen demonstrieren eindrucksvoll das Gegenteil. So ist zum Beispiel das Ringen um eine Regierungskoalition in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland Nordrhein-Westfalen ein Trauerspiel. Im Rahmen der Landtagswahl haben vor allem FDP und die Grünen, aber auch die SPD, von „staatsbürgerlicher Verantwortung“ gesprochen und doch Gespräche mit anderen Parteien ausgeschlossen. Die wochenlange Hängepartie ist beredter Ausdruck dafür, dass parteiliche Interessen und Eitelkeiten Vorrang vor dem Gemeinwohl haben.

Ähnliches gilt auch für die Suche nach einem neuen Bundespräsidenten: Selten trat so offen wie jetzt zutage, dass weniger die Eignung des Kandidaten als Fragen des Machterhalts bzw. -erwerbs das Nominierungsprozedere bestimmen. Vielen Bürgern fehlt aber das Verständnis für diese Prozesse, daher führt der Vorgang zu einem starken Kratzer im Lack des politischen Systems. Ebenfalls einen Anteil an diesem Schaden trägt Horst Köhler. Vorgänger im Amt wie Richard von Weizsäcker oder Roman Herzog haben eindrucksvoll Glanzlichter gesetzt – an Köhler wird man sich erinnern, weil er sich offiziell wegen „mangelnden Respekts“ aus der Verantwortung gestohlen hat.

Andere Signale sendet die heimische Venture Capital-Industrie: Nach vier Jahren als Vorstandsmitglied des europäischen Branchenverbandes EVCA stieg Uli Fricke zur Vorsitzenden auf (siehe Interview S. 8–9). Als Managing Partner bei Triangle Venture ist sie eigentlich gebührend ausgelastet – in ihr brennt allerdings eine Leidenschaft, sich ein Jahr lang noch stärker als bisher für die Branche einzusetzen. So sieht gelebte Verantwortung aus.

torsten.passmann (at) vc-magazin.de