Im aktuellen Bankenumfeld benötigen Private Equity-Gesellschaften Alternativen

Drohende Insolvenzen einiger EU-Länder, Schuldenschnitt für Staatsanleihen, strengere Eigenmittelanforderungen gemäß Basel III und die damit einhergehende Unterkapitalisierung vieler Institute dürften dazu führen, dass Banken beim Neugeschäft auf die Bremse treten müssen. Angesichts der dramatischen Entwicklungen in der Bankenlandschaft stellt sich für die Private Equity-Industrie die Frage, inwieweit die im Segment Akquisitionsfinanzierungen bisher aktiven Kreditinstitute auch künftig als zuverlässige Partner zur Verfügung stehen. Schließlich ist für Finanzinvestoren der Zugang zu Leverage von großer Bedeutung, um bei M&A-Auktionen wettbewerbsfähige Preise anbieten zu können.

Unsere zahlreichen M&A-Prozesse sowie Gespräche mit Bankenvertretern zeigen, dass die Institute zunehmend vorsichtig agieren. Die Verfügbarkeit von Fremdkapital für Leveraged Buyouts hat sich seit Aufkommen der Euro-Krise spürbar verschlechtert. Allgemein lassen sich hierbei folgende Trends beobachten:

  • Stärkeres Augenmerk auf Qualitäts-Assets, d.h. Präferenz für überdurchschnittlich profitable Unternehmen und für konjunkturunabhängige Branchen
  • Deutlich größeres Interesse für kleinere Finanzierungspakete und somit für Mid Cap-Deals
  • Strukturierung als Club-Deals mit durchschnittlichen „Final Takes“ je Institut von bis zu 25 Mio. EUR
  • Anstieg des Eigenkapitalanteils von 40% im Frühsommer 2011 auf nunmehr bis zu 50%
  • Rückgang der Leverage-EBITDA-Multiplikatoren um einen Faktor von 1
  • Höhere Zinsen und Strukturierungsgebühren
  • Erhöhte Komplexität und längerer Zeitbedarf bei den Kreditvergabeprozessen der Banken

Als Alternative oder als Ergänzung zur herkömmlichen Bankenfinanzierung können Finanzinvestoren mittlerweile auch in Europa Fremdkapital von institutionellen Fonds ausleihen, um einen hinreichenden Leverage darzustellen. Neben M Cap Finance mischen mittlerweile auch Adressen wie Ares Capital, BlueBay oder Haymarket den deutschen Markt für Akquisitionsfinanzierungen auf. In einigen Prozessen entscheiden sich Finanzinvestoren, einen Deal zunächst ausschließlich mit Eigenkapital zu finanzieren, um sich in einem Auktionsprozess durch Schnelligkeit und Transaktionssicherheit zu differenzieren. Die eigentliche Fremdfinanzierung erfolgt dann erst nach dem Closing.

Trotz erschwerter Finanzierungsbedingungen sollten im deutschen Mid Cap-Segment Buyouts weiter an Bedeutung gewinnen. Bei zahlreichen Konzernen, Finanzinvestoren und Familiengesellschaften stehen Firmenverkäufe an, für die strategische Käufer nicht zwangsläufig in Frage kommen. Schließlich agieren viele dieser Unternehmen als Nischenplayer, für die es nicht den klar identifizierbaren Wettbewerber gibt, der zwingend an einer Akquisition interessiert sein müsste. In diesen Fällen können Buyouts zu vertretbaren Konditionen umgesetzt werden.

Zum Autor
Dr. Michael R. Drill ist Vorstandsvorsitzender der Lincoln International AG (www.lincolninternational.de), einer auf M&A-Beratung spezialisierten Investmentbank mit weltweit etwa 220 Beratern. In Deutschland beschäftigt Lincoln International knapp 50 Mitarbeiter. Im laufenden Jahr 2011 konnten bereits über 15 M&A-Deals erfolgreich abgeschlossen werden.